8 von 16 erfolgreiche Würfe aus dem Feld, 20 Punkte und ein 111:101-Sieg gegen die New York Knicks - was für einen Spieler eines Kalibers Klay Thompson nach einem guten, aber unspektakulären Abend klingt, war in de aktuellen Situation tatsächlich etwas besonderes. Erstmals in der laufenden Saison schaffte es der Warriors-Star, in einer Partie mindestens die Hälfte seiner Würfe im gegnerischen Korb zu versenken. Womöglich war es eine Art Initialzündung, zwei Tage später ließ der 32-Jährige zehn weitere Dreier in Houston folgen, so viele wie zuletzt vor knapp vier Jahren.
Zugegeben: Zwischen Spielen, in denen der Scharfschütze überhaupt kein Faktor war (2 Punkte, 1/8 FG gegen die Suns Ende Oktober oder 9, 3/13 FG gegen die Cavs am 11. November) mischten sich auch immer mal wieder Lichtblicke, so zum Beispiel bei einer Niederlage in Orlando, als Thompson 7 seiner 15 Dreier versenkte und auf 27 Punkte kam. Unverkennbar ist dennoch, dass er nur noch in Ansätzen etwas mit dem Spieler zu tun hat, der er vor seiner Verletzungsodyssee zwischen 2019 und 2022 war.
Die Geschichte seiner schier endlosen Leidenszeit aufgrund eines Kreuzband- und eines Achillessehnenrisses ist hinlänglich bekannt, im Januar konnte der nun vierfache Champion nach knapp 31 Monaten endlich sein viel umjubeltes Comeback geben. Die Warriors riefen den Klay Day aus, Draymond Green stand trotz Verletzung in der Starting Five an der Seite seines langjährigen Kollegen, um sich nach sieben Sekunden wieder aus dem Spiel zu verabschieden - so besonders war die Rückkehr, so wichtig ist Thompson für die einzige Franchise, für die er bisher auflief und wohl auch auflaufen wird.
Da sich Thompson nicht nur mit einigen Catch-and-Shoot-Dreiern, sondern sogar einem Poster-Dunk und mehreren starken Drives zurückmeldete (auch wenn es letztlich 18 Würfe für 17 Punkte brauchte), war die Hoffnung groß, dass er von seiner alten Form nichts verloren hat - ein unrealistischer Wunsch nach einer derart langen Zeit, wie alle Beteiligten davor und danach betonten. "Ich bin so glücklich, dass ich überhaupt auf den Statistikbogen schauen und dort meinen Namen lesen kann. Ich kann immer noch dunken, immer noch an meine Spots kommen und Würfe abfeuern, das weiß ich jetzt. Von nun an geht es nur noch bergauf", stellte Thompson klar und verglich den Tag mit dem Gewinn einer Championship.
Klay Thompson vs. Kritiker: "Höre da nicht drauf"
In der Tat durchlebte Thompson in der restlichen Saison Aufs und Abs, wurde bei Back-to-Backs geschont und hatte auch darüber hinaus immer wieder Partien, die an ihm vorbeiliefen und an denen auch der früher so verlässliche Wurf nicht fallen wollte. Die Quoten in der Regular Season waren die schlechtesten seiner Laufbahn (42,9 Prozent FG, 38,5 Prozent 3FG), wobei der Trend Richtung Playoffs mit viermal mehr als 30 Punkte in den letzten zehn Partien nach oben zeigte. An den Quoten sollte sich jedoch auch dort nichts ändern, der Punkteschnitt ging sogar auf 19 Zähler zurück, in der erfolgreichen Finalserie gegen die Celtics wollte ihm nur wenig gelingen.
Neben den aus dem Zahlenwerk abzulesenden Problemen in der Offensive wuchsen seit dem Comeback allerdings auch die Zweifel daran, wie groß der Einfluss des einstigen Edelverteidigers am anderen Ende des Feldes noch sein kann. Schnelligkeit, laterale Beweglichkeit, das Ziehen von Offensivfouls - alles Dinge, die nach einer solchen Verletzungspause nahezu unmöglich wiederherstellbar sind. "Es scheint so, als könnte er mit dem Tempo des Spiels nicht mehr mithalten", stellte Bill Simmons in seinem Podcast im Mai in Frage, ob mit den defensiven Minusspielern Thompson und Jordan Poole überhaupt ein Finals Run möglich sein werde. "Sie werden Klay und Poole die ganze Zeit jagen", sagte er in Bezug auf bevorstehende Duelle mit Ja Morant oder Luka Doncic.
Der Ausgang ist bekannt, Thompson sprach vor allem nach Spiel 1 gegen die Mavs Klartext: "Ich bin stolz auf meine Defense, egal ob die Leute sagen, dass ich es nicht mehr drauf habe. Ich denke, dass ich immer noch ein sehr guter Verteidiger bin. Ich höre da einfach nicht drauf." Am 16. Juni stand schließlich der vierte Titel der Splash-Brothers-Ära zu Buche, doch verstummt sind die Zweifel bis heute nicht.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Neben dem mit Abstand schlechtesten Defensivrating seiner Karriere (116,3; 21/22: 110,0) sind auch die Wurfquoten selbst im Vergleich zur schwachen Vorsaison nochmals massiv eingebrochen (38,8 Prozent FG, 37 Prozent 3FG). Nach dem Knicks-Spiel stand er bei 201 Würfen für 201 Punkte.
Dabei wäre es jedoch völliger Unsinn, die Leistungen von Thompson im Vakuum zu betrachten. Der Champion ist in die Saison gestolpert, verlor die ersten acht Auswärtsspiele und hat spürbar Mühe damit, eine Symbiose zwischen der alten und der jungen Generation auf dem Feld herzustellen. Der ehemalige Nummer-zwei-Pick James Wiseman ist nun sogar in der G-League gelandet, wertvolle Rollenspieler aus dem Vorjahr sind nicht mehr da. Diese Lücke zu schließen vermögen auch die weiteren Youngster neben Wiseman, namentlich Moses Moody und Jonathan Kuminga, bei weitem nicht.
Klay Thompson lobt Anführer Draymond Green
Hinzu kommen die atmosphärischen Störungen, die sich vor Saisonbeginn in dem Schlag von Draymond Green gegen Poole im Training entluden und in der Folge öffentlichkeitswirksam aus der Welt geräumt wurden. Doch dass intern wieder alles beim Alten ist, scheint unwahrscheinlich. Nicht von ungefähr kommt es, dass es vor der Partie gegen New York ein Teammeeting gab, in dem verschiedene Dinge angesprochen wurden, die den Spielern auf der Seele brannten. Laut JaMychal Green wurden "die Elefanten im Raum angesprochen", als "sehr konstruktiv", bezeichnete es Thompson, der Green in seiner Rolle als Motivator und Anführer hervorhob.
"Er hat mir gesagt, dass ich geduldig sein und dem Team vertrauen soll", sah Thompson umgehend einen positiven Effekt auf sein Spiel. 15 Punkte und 3 Dreier waren es im ersten Viertel, im dritten folgte außerdem der erste Dunk der Saison, bei dem er Cam Reddish aufs Poster nahm. Der Ball lief, 32 Assists waren es am Ende, "die Art von Basketball, die uns zum besten Team der vergangenen Dekade gemacht hat". Steve Kerr hob Thompson positiv hervor, da dieser häufig den Extra-Pass gefunden habe, der letztlich in einem offenen Wurf resultierte. "Er war großartig von Beginn an und wurde dafür belohnt."
Nur eine Woche zuvor war es wiederholt aus Thompson herausgeplatzt, als er mit der Kritik von Charles Barkley bei TNT konfrontiert wurde, der gar eine Bankrolle für ihn ins Spiel brachte ("Er ist nicht mehr der Alte"). Thompson zeigte sich von den Aussagen verletzt und erwiderte: "Ich finde, dass ich mehr Respekt verdiene, wie ich mich durch all die Verletzungen gekämpft habe. Ich habe dabei geholfen, dass diese Mannschaft eine weitere Meisterschaft gewinnen konnte, doch es gibt noch immer Leute, die das nicht anerkennen wollen."
Sein Ziel: seine Effizienz wiederzufinden und wieder der Two-Way-Spieler zu werden, der er einmal war. Dabei befinde er sich "auf einem guten Weg". Die vergangenen Partien deuten in die richtige Richtung, bei der PK nach dem Knicks-Spiel war Thompson auch mal wieder bei einer seiner großen Leidenschaft zu beobachten - dem Falten und Werfen von Papierfliegern. "Ich bastle die besten Papierflieger an der Westküste", stellte er schon 2016 klar und auch in Houston wurde wieder fleißig gefaltet. Letztmals zu beobachten war dies im April, als es sportlich noch deutlich besser lief - sowohl bei den Warriors wie auch bei Thompson. Vielleicht ist auch das ein Indiz dafür, dass es fortan aufwärts geht.
Golden State Warriors: Die kommenden Partien
Datum | Uhrzeit | Heim/Auswärts | Gegner |
22. November | 2 Uhr | Auswärts | Pelicans |
24. November | 4 Uhr | Heim | Clippers |
26. November | 4 Uhr | Heim | Jazz |
27. November | 21.30 Uhr | Auswärts | Timberwolves |
30. November | 1.30 Uhr | Auswärts | Mavericks |