Es war damals ein echter Coup, als die Miami Heat im Sommer 2004 für Shaquille O'Neal tradeten. Der "Diesel" war der erste, richtige Superstar, der für die Franchise aus Florida spielte, die erst seit 1988 Teil der NBA war. Zusammen mit Dwyane Wade und Head Coach Pat Riley wurden die Heat zu einem Contender, 2006 folgte in den Finals gegen die Dallas Mavericks (4-2) die Krönung zum Champion.
Für Shaq schickten die Heat Lamar Odom, Caron Butler, Brian Grant sowie einen zukünftigen Erstrundenpick nach Los Angeles. Wade stand nach seiner starken Rookie-Saison nicht zur Debatte, stattdessen war Odom der "Preis" für die Lakers. Der Forward war damals erst 24 Jahre alt und hatte im Trikot der Heat eine starke Saison (17 Punkte, knapp 10 Rebounds im Schnitt) absolviert.
Nach vier Jahren bei den L.A. Clippers hatten die Heat dem Restricted Free Agent ein Offer Sheet über sechs Jahre und 65 Millionen Dollar vorgelegt, der knausrige Clippers-Besitzer Donald Sterling ging nicht mit. Ganz zur Freude von Odom, der sogar öffentlich sagte, dass er nicht mehr für die Clippers spielen wolle.
Ohne die Verpflichtung von Odom hätten die Heat ein Jahr später den Shaq-Trade wohl nicht stemmen können und es war eines Zufalls geschuldet, dass Miami überhaupt das Geld für das Odom-Signing zur Verfügung hatte. Besser gesagt: Ein Agent hatte sich einen folgenschweren Fehler geleistet.
Anthony Carter: Dank #HeatCulture in der NBA
Bill Duffy ist einer der mächtigsten Spielerberater der NBA, er hat Stars wie Luka Doncic, Deandre Ayton oder Rajon Rondo unter seinen Klienten. Auch 2003 war Duffy bereits eine große Nummer, unter anderem vertrat er den Top-Pick von 2002, Yao Ming. Ein weiterer Schützling war Anthony Carter, damals 28 Jahre alt.
Carter wurde 1998 nicht gedraftet und entwickelte sich über das berühmte Player Development Program der Miami Heat zu einem soliden NBA-Spieler. Sein Buzzerbeater in Spiel 3 der Eastern Conference Semifinals 2000 wird für immer Teil der Heat-Geschichte bleiben.
2001 belohnten die Heat das mit einem Vertrag über 3 Jahre und 12 Millionen Dollar, wobei das letzte Jahr eine Spieleroption enthielt. Der Point Guard stagnierte aber etwas, 2002/03 legte Carter nur 4 Punkte und 4 Assists im Schnitt auf.
Anthony Carter: Die Option einfach vergessen
So war es eigentlich eine sichere Sache, dass Carter zur Deadline am 30. Juni 2003 seine Option über 4,1 Millionen Dollar ziehen würde. Nur: Es passierte nicht. Weil Duffy die Heat nicht über die Entscheidung seines Klienten informierte. Und plötzlich stand Carter auf der Liste der Free Agents.
Gegenüber ESPN sprach Duffy wenige Tage später von menschlichem Versagen. "Ich habe wirklich Mitleid mit der Person in unserem Büro, die dafür verantwortlich ist und ich kann sagen, dass es dieser Person genauso geht", sagte Duffy zu ESPN. "Es ist richtig blöd gelaufen, aber das Unternehmen trägt meinen Namen, also trage ich auch die Verantwortung."
Für Miami war dieser Fehler dagegen ein Glücksfall. Aus rund 7 Millionen Dollar Cap Space wurden plötzlich 11 Millionen und das gab Miami die Chance, Odom an den South Beach zu locken und diesen ein Jahr später für Shaq einzutauschen.
Und Carter? Der schaute in die Röhre. Statt der vier Millionen musste er sich mit einem Minimum-Deal bei den San Antonio Spurs (rund 750.000 Dollar) zufrieden geben, nach nur fünf Spielen wurde er wieder entlassen. Dennoch hielt Carter Duffy die Treue, auch weil der Berater für seinen Fehler einstand.
Anthony Carter: Kein Groll - und wieder bei den Miami Heat
Bis 2020 zahlte Duffy aus eigener Tasche die Differenz, die der folgenschwere Fehler eines Mitarbeiters Carter kostete. "Ich war eigentlich gar nicht sauer", gestand Carter später der New York Times. "Ich habe mir nichts daraus gemacht, aber plötzlich riefen mich verschiedene Anwälte an. [...] Ich kenne Bill zu gut, solche Dinge können passieren."
4 Millionen Dollar jährlich sollte Carter nie wieder verdienen, stattdessen hielt er sich mit Minimum-Deals bis 2012 in der NBA, vor allem wegen seiner tadellosen Einstellung. Rund 17 Millionen sind es über seine komplette Karriere geworden (ohne die verlorenen Millionen), inzwischen ist Carter wieder bei den Heat angestellt, nun als Assistant Coach unter Erik Spoelstra.
So oder so wird Carter Heat-Fans für immer in Erinnerung bleiben. Einerseits für seinen wilden Gamewinner gegen New York von hinter der Korbanlage im Madison Square Garden, andererseits als der Spieler, der es überhaupt ermöglichte, dass Shaquille O'Neal nach Miami kam.
Anthony Carter: Seine Stationen in der NBA
Jahre | Team |
1999-2003 | Miami Heat |
2003-2004 | San Antonio Spurs |
2004-2006 | Minnesota Timberwolves |
2006-2011 | Denver Nuggets |
2011 | New York Knicks |
2011-2012 | Toronto Raptors |