Auf der Kippe
Utah Jazz (9-12).
New Orleans Pelicans (10-11).
Memphis Grizzlies (12-8).
Denver Nuggets (14-7).
In der Breite liegt nach wie vor der größte Unterschied zwischen Western und Eastern Conference. Der Osten hat in der Spitze aufge- und teilweise überholt, aber auf den Plätzen sechs bis acht werden keine Top-Teams landen. Im Westen hingegen zählt man (mindestens) zehn Teams, die diesen Anspruch haben, die aber nicht alle ein Playoff-Ticket bekommen werden. Für mich weist viel darauf hin, dass zwei dieser Teams aus diesem Quartett kommen.
Momentan scheinen die Jazz eines davon zu sein. Die Leistungen zuletzt schreien sogar nach Lottery. Utah wird seinem Ruf als Top-Team in der Defense nicht gerecht, vorne erleben speziell Donovan Mitchell und Ricky Rubio bizarre Aufs und Abs. Es gibt zwar mildernde Umstände - die Jazz haben im November nur gegen .500-Teams (oder besser) gespielt, kein Team hatte bisher mehr Auswärtsspiele und eigentlich forcieren sie defensiv die richtigen Würfe, gegnerische Teams treffen diese jedoch besser als erwartet.
Man darf mit einer Regression zur Mitte rechnen, denn eigentlich hat Utah seine Qualität ja nicht verloren und der Spielplan wird auch wieder etwas entspannter. Allerdings: Die Jazz sollten das Aufwachen nicht mehr lange hinauszögern. Schon mehrfach haben sie sich einfach aufgegeben, was komplett konträr zu ihrer Arbeiter-Mentalität verläuft. Ohne dieses Selbstverständnis vor allem in der Defensive ist Utah kein Top-Team - und zu viel sollten sie nun nicht mehr an Boden verlieren.
Ähnliches lässt sich auch über die Pelicans sagen. NOLA hat einige klar definierte Stärken, allen voran die Offense, die zu den besten der Liga gehört. Die Pelicans sind aber nach wie vor auch extrem dünn besetzt und immer wieder von Verletzungen geplagt. Die Defense ist schlecht - und wenn Anthony Davis nicht auf dem Court steht, ist sie richtiggehend albern (114,9).
A.D. hatte offensichtlich recht, als er beklagte, dass er jede Nacht fast perfekt spielen müsse, damit die Pelicans eine Siegchance haben - es gibt wohl keinen Spieler, der eine größere individuelle Last tragen muss als er. Davis ist zwar gut genug, um damit klarzukommen und sein Team in die Playoffs zu führen. Wenn er aber länger ausfällt, ist dieses Team schnell auf verlorenem Posten. Und auch die Minuten, die Davis bisher ohne Jrue Holiday auf dem Court stand, verliefen übel (-10,7), was verdeutlicht, wie schlecht der Kader um die Stützen herum aufgebaut ist.
Auch die Grizzlies sind in einem extremen Maß abhängig von zwei Spielern, namentlich Marc Gasol und Mike Conley. Bisher geht ihre (alte) Rechnung gut auf, auch wenn Spiele wie die Heimniederlage gegen die Knicks zeigten, dass ihre Marge für Fehler nicht sehr üppig ist; die Grizzlies müssen für ihre Siege hart arbeiten. Und sie sind auf Gasol angewiesen - mit ihm auf dem Court ist ihr Net-Rating um fast 20 Punkte besser als ohne ihn.
So viel Spaß Rookie Jaren Jackson Jr. auch macht: Wenn er ohne Gasol auf dem Court steht, können die Grizzlies keine Punkte fabrizieren (Off-Rtg.: 91,1). Neben Gasol funktioniert er wunderbar, ein Ersatz als einziger Big Man ist Jackson aber (noch) nicht. Ein solcher fehlt den Grizzlies ohnehin, weshalb sie nun anscheinend ernsthaft Joakim Noah verpflichten wollen. Das Problem wird dieser natürlich auch nicht lösen.
Memphis kann herausragend verteidigen, die Offense ist aber nicht einmal mittelmäßig. Daher kann es gut passieren, dass Memphis die aktuelle Siegquote nicht lange halten kann, auch wenn die beiden Stars dieses Team immer kompetent halten werden - so lange sie fit bleiben.
Die Nuggets wiederum sind in diesem Cluster das am schwersten zu lesende Team. Der Drang ist angesichts der Bilanz eigentlich da, sie als sicheres Playoff-Team einzuordnen, aber ganz so sicher erscheint das nicht - seit dem elitären 9-1-Saisonstart ist Denver ein wenig eingebrochen (6-6). Erfreulich ist, dass sich die Defense nach einem Zwischentief zuletzt stabilisiert hat, offensiv war ohnehin von Anfang an mit einem guten Team zu rechnen.
Derzeit ist Denver sogar das einzige Team im Westen, das Top 10-Werte bei Offensiv- und Defensiv-Rating sein Eigen nennt. Es braucht nicht zwingend dominante Vorstellungen im Angriff, um Siege zu holen - das war in den vergangenen Jahren nicht so. Es gibt vorne sogar noch Steigerungspotenzial: Will Barton arbeitet an seiner Rückkehr und wird der Offense zusätzlichen Punch verleihen. Die Dreierquote entsprach bisher nicht dem Niveau der Shooter.
Es spricht recht viel dafür, dass Denver diesmal nicht wie letzte Saison am letzten Spieltag die Playoff-Teilnahme verpasst. Dieses Team hat Heimvorteil-Potenzial. Gewisse Zweifel an der Nachhaltigkeit der neuen Defensiv-Stärke sind an dieser Stelle aber immer noch vorhanden. Es gelingt bisher viel besser, die Zement-Füße von Nikola Jokic zu kaschieren, aber diese Art der Defense ist für das restliche Team unheimlich kräftezehrend. Der Überraschungseffekt wird auch hier nicht lange bleiben, gegnerische Teams könnten sich schon bald besser darauf einstellen. Daher bleibt Denver vorerst hier - unter Vorbehalt.
Die "sicheren" Playoff-Teams
L.A. Lakers (11-9).
L.A. Clippers (13-6).
Portland Trail Blazers (12-8).
Ein paar Dinge, die in der Regular Season Gold wert sind: Eine Identität, eine gewisse Eingespieltheit - und LeBron James. Die Teams in dieser Gruppe unterscheiden sich zwar teilweise gravierend voneinander, sie alle haken aber einige dieser Kriterien ab und sollten, wenn keine schwerwiegenden Verletzungen dazwischen kommen, alle die Playoffs erreichen.
Die Lakers dürfte man da am ehesten noch ausklammern - ein LeBron-Team als "auf der Kippe" zu bezeichnen, fühlt sich jedoch falsch an, und tatsächlich findet sich auch das Team um ihn herum in letzter Zeit besser. Die Lakers holen fast nie deutliche Siege, aber sie gewinnen seit dem 2-5-Start sehr regelmäßig, und die Defense sieht, nicht zuletzt dank Tyson Chandler, mittlerweile zumeist gut aus. Seit seiner Ankunft haben die Lakers (natürlich nicht nur dank ihm) sogar die sechstbeste Defense der Liga, so komisch das klingt.
Apropos komisch - von James abgesehen gibt es nur wenige Spieler, die offensiv konstant abliefern, speziell von Brandon Ingram hatte man sich einen größeren Sprung (oder überhaupt einen Sprung) erhofft. Aber es reicht im Normalfall: Irgendjemand läuft fast immer heiß, ob es Josh Hart ist, Lance Stephenson, Kyle Kuzma oder wer auch immer. Und LeBron ist offensiv nach wie vor eine Klasse für sich - auch im Westen kann man sich Playoffs ohne ihn kaum vorstellen.
Der Nachbar versucht es gezwungenermaßen mit einem anderen Ansatz - auch wenn die Clippers LeBron natürlich auch gerne verpflichtet hätten. Nicht zu Unrecht schielt beim Team von Steve Ballmer schon vieles auf den kommenden Sommer und dessen Free Agents. In der Zwischenzeit hat sich aber beinahe unbemerkt ein Team entwickelt, das schon in dieser Saison mehr als konkurrenzfähig ist.
Die Clippers spielen hart, physisch, giftig - und das 48 Minuten lang, weil sich Doc Rivers nicht scheut, Eishockey-Auswechslungen durchzuführen und die beeindruckende Tiefe seines Kaders bis aufs Letzte auszunutzen. Kein Gegner kann gegen die Clippers verschnaufen, kein Team hat eine auf so viele Schultern verteilte Qualität. L.A. ist nicht so stark von einzelnen Spielern abhängig wie andere Teams, was auch für die restliche Saison optimistisch machen sollte - in der Regular Season zumindest.
Wenn man das Gedankenspiel dann etwas weiter spinnt und auf die Playoffs bezieht, scheinen die Clippers in ihrer jetzigen Zusammensetzung indes eine Decke aus Glas über dem Kopf zu haben. Die Blazers kennen das seit Jahren: Der Star-Backcourt Damian Lillard und C.J. McCollum steckt in seinem vierten Jahr seit dem Abgang von LaMarcus Aldridge, auch um die beiden herum ist vieles gleich geblieben.
Die Blazers haben mehr Kontinuität als fast alle Teams im Westen, sie kennen ihre Stärken und Schwächen, Damian Lillard wird jedes Jahr ein kleines bisschen besser. Das ist ein sehr gutes Rezept für die Regular Season - Portland hatte bisher den zweitschwersten Schedule der Liga und steht trotzdem gut da. Es könnte erneut für den Heimvorteil in Runde eins reichen - auch wenn dann niemand überrascht wäre, wenn die Blazers diese je nach Matchup erneut nicht überstehen. Sie bleiben ein Team mit Limitierungen.