Am 1. Juli beginnt traditionell (wenn nicht gerade eine Pandemie vorherrscht) die große Pokerrunde der Liga, wenn die Free Agency startet und Teams vertragslose Spieler umgarnen, das Blaue vom Himmel versprechen, um die Gunst der Superstars oder Rollenspieler zu erlangen. Doch dies war nicht immer so. Erst in den vergangenen 30 Jahren verschob sich das Machtgefüge.
Eine NBA-Franchise besaß das Recht auf einen Spieler mit dem Moment, in dem ein College-Absolvent gedraftet wurde. Lief der Vertrag aus, hatte der bisherige Geldgeber immer das letzte Wort. "So etwas wie Free Agency gab es damals gar nicht. Alle waren Restricted. Wenn ein Klub die Rechte an dir hatte, musstest du dort auch wieder unterschreiben", beschrieb Tom Chambers die Verhältnisse bis in die späten 80er-Jahre.
Kevin Durant zu den Warriors? In der Ära von Kareem Abdul-Jabbar oder etwas später Larry Bird nicht vorstellbar. Erfüllte die Franchise nicht den Wunsch eines Trades, konnte ein Spieler auf Lebenszeit an ein Team gebunden sein. Dass damals viele Spieler nur für ein Team spielten, hatte nicht immer etwas mit Loyalität zu tun. Es war nahezu alternativlos.
Tom Chambers: Die Blaupause für Nowitzki und Co.
Entsprechend wenig Hoffnung auf Besserung hatte auch Chambers im Jahr 1988 bei den Seattle SuperSonics. Chambers war auch in einer Zeit, als die Liga mit Legenden wie Bird, Magic Johnson, Michael Jordan, Isiah Thomas oder Dominique Wilkins gespickt und so tief wie vielleicht nie wieder war, ein herausragender Spieler mit diversen Alleinstellungsmerkmalen.
Trotz 2,08 Meter war Chambers alles andere als ein Spielertyp wie Karl Malone, Kevin McHale oder der typische Power Forward seiner Zeit. "Ich habe mehr auf Finesse gebaut, mich auf meinen Wurf und meine Schnelligkeit verlassen", berichtet Chambers über seine frühere Spielweise, die das Spiel revolutionierte und auch die Tür für spätere Schützen auf der Vier wie Dirk Nowitzki öffnete.
Dass Chambers kein echter "Müllmann" wurde, wie Charles Oakley die Position des Power Forwards einmal definierte, ging zurück auf seine Zeit als Teenager. Der junge Chambers spielte mit knapp 1,90 Meter auf den Guardpositionen. Ähnlich wie später Anthony Davis bekam Chambers aber einen späten Wachstumsschub und fand sich plötzlich auf den großen Positionen wieder. Am College bei den Utah Utes spielte er gar auf Center.
Tom Chambers: Zu soft?
Doch während viele Menschen bei enormen Wachstum Probleme bei der Koordination haben, behielt Chambers seine Skills. Die zuvor schon starke Athletik war noch mehr ausgeprägt, das Ballhandling und die Sprungkraft waren außergewöhnlich für einen Big Man. Kurz gesagt: Tom Chambers wurde innerhalb kürzester Zeit von einem durchschnittlichen Guard zu einem spektakulären Big Man.
Dennoch bestanden Zweifel bei den Scouts der NBA. Hatte Chambers am College nur von seiner körperlichen Überlegenheit profitiert? Das Prädikat "soft" klebte an ihm wie ein zäher Kaugummi. Die Clippers waren aber überzeugt und schlugen 1981 mit dem achten Pick zu.
Die Clips waren zu dieser Zeit noch in San Diego beheimatet, hatten aber unter Eigentümer Donald Sterling die gleichen Probleme, die sie für die nächsten 30 Jahre hatten. Ein Umbruch folgte auf den nächsten und so wurde Chambers trotz vielversprechender Leistungen nach Seattle abgegeben.
Tom Chambers: All-Star-MVP dank Magic
Dort blühte Chambers endgültig auf und entwickelte sich zum Franchise Player. 1987 legte der schlaksige Forward über 23 Punkte pro Partie auf und wurde erstmals zum All-Star gewählt. Im wohl besten All-Star-Game (damals zählte dieses Spiel noch etwas) der Geschichte lief er mit Magic ein Pick-and-Roll nach dem anderen, scorte 34 Punkte und wurde mit dem MVP-Award ausgezeichnet.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war Chambers in der Riege der Stars angekommen. Mit den Sonics um Xavier McDaniel und Nate McMillan stießen die Mannen aus dem Bundesstaat Washington bis in die Conference Finals vor. Dort war Magic Johnson aber nicht mehr Mit-, sondern Gegenspieler und die wohl beste Ausgabe der Showtime-Lakers fegte über Seattle hinweg.