Vorhang auf für die Spiele der XXXIII. Olympiade! Nur drei Jahre mussten wir diesmal warten, und im Vergleich zu "Tokio 2020" im Jahr 2021 kann es eigentlich nur besser werden: Wir sind Corona zwar nicht losgeworden, aber die Auswirkungen des vermaledeiten Virus sind größtenteils erfolgreich eingedämmt. Und so werden die Olympischen Spiele diesmal in der Stadt der Liebe vor vollen Rängen und tausenden begeisterten Fans stattfinden. Das IOC präsentiert: Olympia - so wie es sein soll!
Also mehr oder weniger. Ein bisschen geht bekanntlich immer schief, das Chaos in der französischen Metropole war schon im Vorfeld enorm, die Tickets sind mal wieder viel zu teuer, und und und. Aber wir hoffen einfach mal auf friedliche, sichere und begeisternde 17 Tage beim größten Sportereignis des Planeten.
Erfolgreich sollen die Spiele aus deutscher Sicht natürlich auch werden. Im besten Fall sogar mit einer Trendwende, denn die Anzahl der Medaillen für den DOSB hat bei den vergangenen Sommerspielen ja nicht gerade zugenommen. 2008, 2012 und 2016 bewegte man sich jeweils zwischen 41 und 44 Medaillen, weit weg von den fetten Jahren davor, aber immerhin konstant. Tokio stellte in dieser Hinsicht mit nur 37-mal Edelmetall und zehnmal Gold leider einen neuen Tiefpunkt dar - gerade mal Platz neun im Medaillenspiegel. Lag es daran, dass der bis dahin vielzitierte "Medaillenkorridor" abgeschafft worden war? An den fehlenden Zuschauern und der miserablen Atmosphäre? An schlechter Tagesform? Oder daran, dass in Deutschland alles den Bach runtergeht, es keinen Leistungsgedanken mehr gibt und überhaupt und sowieso?
Die Antwort auf diese Frage liegt ehrlich gesagt über meiner Gehaltsstufe. Worauf ich mich aber mit ungebrochenem Optimismus festlege: Deutschland wird in Paris mehr Medaillen gewinnen als noch in Tokio. Garantiert!
Warum? Weil viele der deutschen Athletinnen und Athleten in richtig guter Form sind. Weil das Team D plötzlich in Disziplinen Goldchancen hat, in denen es in der Vergangenheit komplett abgemeldet war (Rhythmische Sportgymnastik! 400 Meter Freistil!! Sogar im Basketball!!!). Weil Russland die insgesamt 71 Medaillen von Tokio vollkommen zu Recht nicht verteidigen kann. Aber auch weil Dinge wie Jetlag und Zeitumstellung wegfallen und deutlich mehr Unterstützung aus der Heimat anreisen wird. Und ja, natürlich habe ich wie immer die schwarz-rot-goldene Brille auf.
Genau wie bei meinem Medaillencheck zu Rio de Janeiro oder dem zu Tokio besteht natürlich die Gefahr, dass ich ein bisschen zu euphorisch an die Sache herangehe. Andererseits soll die Sache auch Hand und Fuß haben: Medaillen beim Synchronspringen der Damen vom 10m-Turm, im Wasserball der Herren oder dem 100m-Lauf plane ich nicht mit ein. Und wo die eine oder andere Goldhoffnung scheitert, kann es umgekehrt auch eine Überraschung geben, die vorher niemand auf der Liste hatte.
Also gehen wir die einzelnen Sportarten durch, nehmen die schwarz-rot-goldenen Chancen unter die Lupe und stimmen uns so auf die Spiele ein. 427 Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland sind am Start, 329 Entscheidungen gibt es.
Wer ist dabei? Alle deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Überblick
Und was in Rio und Tokio galt, gilt auch diesmal: Natürlich verstehen wir, dass viele keinen Bock auf die Medaillenzählerei haben. Deshalb, sollte hier ein Olympionike aus Paris mitlesen: Seht es nicht als Druck, sondern als Zeichen unserer Begeisterung und Vorfreude auf das größte Sportevent der Welt. Und dann gebt euer Bestes!
Radsport, Schwimmen, Tennis ...: Teil 2 des großen Medaillenchecks findet Ihr hier!
Badminton (5 Entscheidungen)
Seit 1992 in Barcelona gehört Badminton fest zum olympischen Programm, eine Medaille für Deutschland gab es seitdem noch nie. Das wird auch diesmal schwer: Yvonne Li und Fabian Roth spielen die Einzel, dazu sind im Doppel die ehemaligen Europameister Marvin Seidel und Mark Lamsfuß dabei. Wenn es eine positive Überraschung geben sollte, dann von diesem Duo, welches in der Vorrunde zumindest die schwersten Brocken vermeiden konnte: "Wir können mit der Auslosung gut leben", sagte Chef-Bundestrainer Hannes Käsbauer.
Das Viertelfinale ist also in Reichweite - das wäre immerhin besser als in Tokio, als alle deutschen Starter in der Vorrunde scheiterten. Für Edelmetall muss dann aber schon ein kleines Wunder her. Sonst wird das wie immer größtenteils nach Asien gehen: Dort landeten bisher 106 der insgesamt 121 vergebenen Olympischen Medaillen.
- Fun Fact: Ein Federball bzw. "Shuttlecock" hat genau 16 Federn, die entweder künstlich hergestellt werden oder von Enten bzw. Gänsen stammen. Der Weltrekord für den schnellsten je gemessenen Smash liegt übrigens bei schlanken 493 Stundenkilometern.
Basketball (4 Entscheidungen): 1x Silber
- Basketball (2)
- 3x3 (2)
Die deutschen Basketballer sind in aller Munde, spätestens seit dem sensationellen WM-Titel im vergangenen Jahr auf den Philippinen. Dennis Schröder wird bei der Eröffnungsfeier am Freitagabend die deutsche Fahne tragen, auf der Jagd nach der ersten deutschen Olympia-Medaille hat er mit den Wagner-Brüdern Franz und Moritz sowie dem Bayern-Scharfschützen Andreas Obst prominente Mitstreiter. Dass man sogar dem bärenstark besetzten Team USA Paroli bieten kann, zeigte der jüngste Test, der ganz knapp mit 88:92 verloren wurde.
Die US-Boys auf dem Weg zum fünften Gold in Serie zu schlagen, so weit wollen wir uns dann doch nicht aus dem Fenster lehnen. Es kommt also alles auf die Auslosung an, und hier sind Prognosen für die K.o.-Runde nahezu unmöglich, weil acht der zwölf Teams ins Viertelfinale kommen. Geht man Team USA aus dem Weg, ist das Finale drin - und sollten LeBron James und Co. sensationell vorher tatsächlich scheitern, scheint sogar der Titel möglich. Umgekehrt kann aber auch schon im Viertelfinale Schluss sein, wenn es dumm läuft ... Die deutschen Frauen wollen wir hier keinesfalls unterschlagen, für Satou Sabally und Co. wäre aber schon das Viertelfinale ein Erfolg. Vielleicht in vier Jahren? In Tokio hätte den Aufschwung der Männer auch noch niemand für möglich gehalten.
Power Ranking zum Basketball-Turnier: Endlich die erste Medaille für Deutschland?
Zum zweiten Mal dabei ist die Streetball-Variante, bei der nur auf einen Korb gespielt wird. Ein paar bekannte Namen sind sogar dabei, wie etwa der frühere College-Superstar Jimmer Fredette bei den USA. Trotzdem tue ich mich ehrlich gesagt noch ein wenig schwer, den 3x3-Basketball im Vergleich zur herkömmlichen Variante wirklich ernst zu nehmen. Was aber nicht heißt, dass ich den deutschen Frauen Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Luana Rodefeld und Marie Reichert nicht die Daumen drücke!
- Fun Fact: Kevin Durant könnte mit dem Team USA sein viertes Gold gewinnen und damit einen Rekord bei einer Mannschaftssportart der Männer aufstellen. Darüber kann Landsfrau Diana Taurasi aber nur müde lächeln: Die 42-Jährige schielt in Paris auf ihr sechstes (!) Gold in Serie.
Beachvolleyball (2 Entscheidungen): 1x Bronze
Was war das doch geil, als Julius Brink und Jonas Reckermann 2012 in London Gold gewannen - und Laura Ludwig und Kira Walkenhorst das Kunststück vier Jahre später am Zuckerhut wiederholten. Beachvolleyball ist bei den Spielen seit Jahren ein absolutes Highlight und ein echter Stimmungsmacher. Diesmal wird praktisch unter dem Eiffelturm gespielt, das kann nur sensationell werden.
Dementsprechend hoffen wir, dass sich das Malheur von Tokio nicht wiederholt, als der DOSB komplett ohne Medaille blieb. Drei Teams sind am Start: die deutschen Meisterinnen Svenja Müller/Cinja Tillmann, Nils Ehlers/Clemens Wickler bei den Männern - und die ewige Laura Ludwig. Die tritt diesmal mit Louisa Lippmann an, zum insgesamt fünften Mal: "Da ist sehr viel Stolz. Stolz, das einfach nochmal geschafft zu haben als zweifache Mama, mit zwei Pausen und wieder einer neuen Partnerin." Ehrlers/Wickler gehören durchaus zum erweiterten Favoritenkreis, die ewige Laura wollen wir auf keinen Fall abschreiben. Deshalb: Ein Team kommt durch und schnappt die ersehnte Medaille.
- Fun Fact: Mit Chase Budinger ist bei den Amerikanern ein früherer NBA-Star am Start. Der 36-Jährige spielte in seiner Karriere für die Rockets, Wolves, Pacers und Suns, sattelte 2017 aber auf den sandigen Untergrund um.
Bogenschießen (5 Entscheidungen): 1x Gold, 1x Bronze
Der erste Paukenschlag meinerseits. Gold im Bogenschießen? Die Titel sind doch normalerweise so sicher an Südkorea vergeben wie Tischtennis-Gold an China. Schon klar, dort ist Bogenschießen Volkssport, hierzulande kennt man es man nur noch von Robin-Hood-Wiederholungen auf 3sat. Trotzdem kann es nach Silber 2016 und Bronze 2021 diesmal sogar ein Titel werden. Das deutsche Damenteam um Katharina Bauer gewann bei der Heim-WM 2023 schließlich Gold und gehört zu den Topteams: "Wir haben eine sehr gute Damenmannschaft, die jedes Team der Welt schlagen kann", betont Bundestrainer Oliver Haidn.
Bauer, deren Bogen am Flughafen in München erst einmal liegenblieb und schließlich mit Verspätung Paris erreichte, wird es im Einzel schwer haben, genau wie ihre Teamkolleginnen Michelle Kroppen, Charline Schwarz und der einzige Mann im Bunde, Florian Unruh. Aber der darf immerhin im Mixed berechtigt auf eine Medaille hoffen, an der Seite von Kroppen gab es WM-Silber. Vier deutsche Medaillen weist die historische Bilanz für den DOSB auf, je zweimal Silber und zweimal Bronze. Aber irgendwann müssen doch auch die Favoriten aus Südkorea mal schwächeln!
- Fun Fact: Bei den Spielen in Tokio kam es erstmals zu einem sogenannten "Robin Hood"-Schuss, als die Südkoreanerin An San im Mixed-Wettbewerb den Pfeil ihres Teamkollegen Kim Je Deok spalten konnte. Beide bekamen die Maximalpunktzahl zehn und gewannen schließlich Gold. Die beiden Pfeile wurden später im Olympischen Museum in Lausanne ausgestellt.
Boxen (13 Entscheidungen): 1x Bronze
Sieben Gewichtsklassen gibt es bei den Männern, sechs bei den Damen. Im Rückblick kaum zu glauben, aber Frauenboxen ist erst seit 2012 olympisch. Das deutsche Aufgebot ist diesmal schmal, aber wo der DOSB in Tokio ohne Medaille blieb, ist diesmal mindestens eine drin. Nelvie Tiafack (+92 kg) ist Europameister von 2022 und will trotz eines Kapselrisses im Daumen im Frühjahr einen durchschlagenden Erfolg feiern: "Ich fahre ganz sicher nicht nur nach Paris, um dort Fähnchen zu schwenken. Ich fahr da hin, um abzuräumen." Maxi Klötzer (bis 50 kg) will bei den Frauen ebenfalls Gold angreifen. Da es keinen Kampf um Platz drei und deshalb jeweils zwei Bronzemedaillen gibt, hoffen wir auf mindestens eine. Gut möglich aber auch, dass wir das deutsche Duo hier unter Wert verkaufen!
- Fun Fact: Bekannte Goldmedaillengewinner für Euren nächsten Trivia-Abend: Muhammad Ali (1960), George Foreman (1968), Lennox Lewis (1988), Oscar de la Hoya (1992), Anthony Joshua (2012). Die Chancen, im Ring einen späteren Weltmeister zu sehen, sind also ganz schön groß.
Breakdance (2 Entscheidungen)
Die einzige bisher noch nie dagewesene neue Disziplin in Paris - und ganz schön cool unterwegs. Wo sonst Medaillen bei "Herren" und "Damen" vergeben werden, weist selbst die offizielle Homepage im "Breaking" Entscheidungen bei "B-Boys" und "B-Girls" aus. Außerdem tragen die jeweils 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Künstlernamen, wäre sonst ja auch viel zu langweilig. Deutsche haben sich nicht für Paris qualifiziert, Ihr könnt Euch die Battles auf der Place de la Concorde am letzten Wochenende also ganz entspannt anschauen. Werde ich auch tun. "Wir sind eine Bereicherung. Olympia braucht uns, weil wir Leute erreichen, die die Spiele sonst nicht erreichen", sagt die deutsche Breakerin Jilou. Da dürfte etwas dran sein.
- Fun Fact: Bewertet wird bei den Olympischen Spielen nach sechs Kategorien, nämlich Kreativität, Persönlichkeit, Technik, Vielseitigkeit, Darstellungskraft und Musikalität. Wisst Ihr Bescheid!
Fechten (12 Entscheidungen)
Früher war irgendwie mehr Lametta beim DFeB. Wo man in der Vergangenheit Medaillen fast sicher einplanen konnte, herrschte 2016 in Rio und 2021 in Tokio gähnende Leere. Und es wird immer schlimmer: Zwölf Disziplinen gäbe es (sechsmal Einzel, sechsmal Team), doch aus Deutschland sind gerade mal Anne Sauer (Florett) und Matyas Szabo (Säbel) dabei. Eine Mannschaft konnte sich nicht qualifizieren. Damit ist das Team so klein wie zuletzt vor 68 Jahren. Eine Reform soll kommen, aber "wenn wir das konsequent durchführen, wird es dauern. Acht Jahre sind realistisch", sagt Sportdirektor Tobias Kirch. Also schreiben wir Los Angeles auch direkt mit ab. Auf dem Papier haben Sauer und Szabo zwar Medaillenchancen, aber so recht will ich nach den letzten mageren Jahren nicht daran glauben ...
- Fun Fact: Elektronisches Scoring gibt es im Fechten bereits seit 1933.
Fußball (2 Entscheidungen)
2021 waren die deutschen Frauen als Titelverteidigerinnen nicht qualifiziert, angesichts von nur zwölf Teams ist die Teilnahme für Teams aus Europa eine ganz harte Nuss. Diesmal schaffte die Truppe von Horst Hrubesch aber über die Nations League die Qualifikation - und der 73-Jährige freute sich wie Bolle: "Das Erlebnis Olympia ist großartig, sehr speziell und mit nichts zu vergleichen." Natürlich wollen Alexandra Popp und Co. auch etwas Zählbares mitnehmen, aber die Konkurrenz aus Spanien und den USA ist aktuell ein bisschen enteilt. Die schwere Kreuzbandverletzung von Lena Oberdorf hat ebenfalls nicht geholfen. In Bestform ist eine Medaille drin, aber die wurde zuletzt zu selten erreicht.
Kuriosum um zwei Top-Talente! Warum Spaniens Olympia-Auswahl viele Hoffnungen weckt
Bei den Männern hat die deutsche U21 die Qualifikation leider verpasst. Hier hat der Titel deutlich weniger Prestige, schließlich sind fast nur Jungstars spielberechtigt - und die ersehnten Superstars wie Lionel Messi oder Kylian Mbappé konnten bzw. durften nicht. Spaniens Lamine Yamal weilt nach dem EM-Titel im Urlaub. Bayerns Mathys Tel ist nicht am Start, immerhin können sich die Fans auf Eindrücke von Neuzugang Michael Olise freuen. Mal schauen, vielleicht sorgt Weltmeister Argentinien für Spektakel und schnürt nach dem Sieg in der Copa América sogar das "Triple".
- Fun Fact: Nachdem die FIFA 1930 die erste Fußball-WM austrug, flog die Sportart bei den Spielen 1932 in Los Angeles nach einem Streit über den Amateurstatus der Sportler aus dem Programm. Stattdessen wurde American Football als "Demonstrationssport" aufgenommen: Ein Team der West-Colleges Cal, Stanford und USC gewann gegen eine Mannschaft von Harvard, Yale und Princeton mit 7:6.
Gewichtheben (10 Entscheidungen)
Die Geschichte der deutschen Hoffnungen für Paris ist schnell erzählt: Weil sich aus Deutschland niemand qualifiziert hat, wird es auch keine Medaillen geben. "Wir haben ein sehr gutes Nachwuchsteam, motivierte Trainer und einen engagierten jungen Vorstand. Ich bin da absolut zuversichtlich. Aber natürlich ist es schade, dass wir nicht dabei sind, das brauchen wir nicht schönreden", musste Florian Sperl, Präsident des Bundesverbands Deutscher Gewichtheber, zugeben. Also schauen wir uns nochmal Matthias Steiners Heldentat von 2008 an und verdrücken heimlich ein paar Tränchen ...
- Fun Fact: Die Olympischen Rekorde hält allesamt der Georgier Lasha Talakhadze: 223kg im Reißen und 265kg im Stoßen schaffte er damals. Steiner musste in Peking 258 Kilo stoßen, um mit genau 1.000 Gramm Vorsprung Gold zu gewinnen.
Golf (2 Entscheidungen)
Matti Schmid und Stephan Jäger vertreten die deutschen Farben bei den Männern, Alexandra Försterling und Esther Henseleit bei den Frauen. Worauf darf man in Saint-Quentin-en-Yvelines vor den Toren von Paris hoffen? "Man will dieses Feeling schon mitnehmen, aber ich werde da nicht zum super Fanboy werden. Ich bin auch dort, um ein Turnier zu gewinnen. Das ist Priorität Nummer eins", gibt sich Jäger angriffslustig, und der hat heuer immerhin schon ein Turnier auf der PGA-Tour gewonnen. Doch was hilft das, wenn die Superstars wie Titelverteidiger Xander Schauffele oder der Weltranglistenerste Scottie Scheffler so gut in Form sind? Ähnlich sieht es bei den Frauen aus, wo die Medaillen nur über Nelly Korda (Gold in Tokio) und die übliche Armada aus Südkorea weggehen.
- Fun Fact: 1900 gab es Golf-Events bei Männern und Frauen, 1904 nur noch bei den Männern. Anschließend war 112 Jahre Pause, bevor der Golfsport 2016 in Rio wieder olympisch wurde.
Handball (2 Entscheidungen): 1x Silber, 1x Bronze
Die nächste Mannschaftssportart, in der aus deutscher Sicht ordentlich was zu holen ist - und zwar gleich doppelt: Die deutschen Frauen sind erstmals seit 2008 auch qualifiziert. Angesichts des Modus (zwei Sechsergruppen, die jeweils besten Vier erreichen die K.o.-Runde) ist das Viertelfinale sowohl für Herren wie für Damen eigentlich Pflicht. Danach wird in Lille um die Medaillen gespielt - und die sind nicht mehr weit weg. Es sei "klar, dass beide Teams nach dem Zwischenziel nach Lille zu kommen, auch ins Halbfinale kommen wollen", betonte DHB-Sportvorstand Axel Kromer.
Okay, Dänemark und Gastgeber Frankreich sind gegenüber der Truppe von Alfred Gislason etwas stärker einzuschätzen, aber warum soll es mit etwas Losglück und einer Überraschung nicht fürs Finale reichen? Die drei Tests im Juli wurden allesamt gewonnen, darunter das 35:30 gegen die Franzosen. Warum also Nikola Karabatic nicht den Abschied vermiesen? Wir sehen uns am Schlusstag im Endspiel! Auch die Frauen um Kapitänin Alina Grijseels reisen mit "einer Menge Selbstbewusstsein" an - wir tippen aufs Halbfinale.
- Fun Fact: Sollte Kevin Durant am vorletzten Tag der Spiele sein viertes Gold gewinnen und damit einen neuen Rekord aufstellen (s.o.), könnte Karabatic am finalen Sonntag gleichziehen. Da der 40-Jährige aber auch noch eine Silbermedaille in der Tasche hat, hätte er sogar die Nase vorn.
Hockey (2 Entscheidungen): 1x Gold
Noch so ein Teamsport, der alle vier Jahre bei Olympischen Spielen so richtig Laune macht! Man bekommt fast ein schlechtes Gewissen, dass Hockey abseits der Spiele ein Schattendasein fristet - wobei: Wie die deutschen Herren 2023 in Indien im Penalty-Shootout Gold holten, das war schon spektakulär!
Dementsprechend hoch sind die Hoffnungen für Paris: "Wir als Mannschaft wollen die Goldmedaille holen", sagt Kapitän Mats Grambusch. "Das sagen wir vor jedem Turnier. Das ist nach wie vor so und da sehen wir auch unsere Leistung." Dafür müssten acht Spiele in zwölf Tagen absolviert und fast alle davon auch gewonnen werden - ein echtes Mammutprogramm. In Tokio wurde es der undankbare vierte Platz, davor gab es vier Medaillen in Serie. Bei den Damen, die 2016 Bronze gewannen, sind die Ansprüche etwas niedriger, hier soll erst das Viertelfinale erreicht und dann, O-Ton Bundestrainer Valentin Altenburg, "die Weltspitze" angegriffen werden. Edelmetall für beide Teams wäre das höchste der Gefühle, aber wir sind guten Mutes, dass eins durchkommt.
- Fun Fact: Von den 30 Millionen Aktiven auf dem Erdball sind laut IOC 51 Prozent weiblich.
Judo (15 Entscheidungen): 1x Silber, 1x Bronze
2021 war der DJB mit insgesamt 13 Judoka vertreten, am Ende gab es dreimal Edelmetall (1x Silber, 2x Bronze). Diesmal sind es nur noch neun Aktive aus Deutschland, wobei bei den Männern für nur drei der sieben Gewichtsklassen gemeldet wurde - bei den Frauen immerhin für sechs. Dazu gibt es ein Mixed Team. Und: Wie im Boxen werden pro Gewichtsklasse jeweils zwei Bronzemedaillen vergeben.
Deutschlands heißestes Eisen im Feuer ist Fahnenträgerin Anna-Maria Wagner, die in der Klasse bis 78 kg bei der Weltmeisterschaft die Konkurrenz komplett aufs Kreuz legte und Gold gewann. Das will die 28-Jährige nach zweimal Bronze in Tokio natürlich auch in Paris schaffen: "Es ist einfach nur ein Turnier. Ich habe die gleichen Gegner, es sind die gleichen Kampfrichter. Es sind die gleichen Minuten." Mascha Ballhaus (bis 52 kg) gewann bei der WM Bronze, das Team ebenso. Zwei Medaillen sind also realistisch.
PS: Wie schon in Rio und Tokio weisen wir erneut auf die lebenden Legende Teddy Riner hin: Der Franzose (fünf Olympia-Medaillen, elf WM-Titel) ist mittlerweile 35, macht mit seinen bemitleidenswerten Gegnern aber immer noch kurzen Prozess. Paris soll die Krönung seiner Karriere werden.
- Fun Fact: Teddy Riner hat in seiner gesamten Karriere nur neun Kämpfe verloren - gerade mal fünf, wenn man die Junioren ausklammert. Die letzte Pleite war allerdings extrem bitter: In Tokio unterlag "Big Ted", der locker über 130 Kilo auf die Wage bringt, dem Russen Tamerlan Bashaev und gewann nur Bronze.
Kanu (16 Entscheidungen): 3x Gold, 2x Silber, 3x Bronze
- Rennsport (10)
- Slalom (6)
Die deutsche Spezialdisziplin! Sieben Medaillen gewannen die Kanuten in Tokio, waren damit der beste Verband im DOSB - und mit ihrer Bilanz nicht einmal wirklich zufrieden, schließlich war deutlich mehr drin. Kanu-König Sebastian Brendel etwa ging im Einzel völlig überraschend leer aus. In Paris sollen die Paddel wieder glühen: "Ziel des Deutschen Kanu-Verbandes ist es, immer 50 Prozent der Medaillen zu holen", tönte Sportdirektor Jens Kahl. Bei 16x3 Medaillen wären das ... 24? So war die Aussage wohl eher nicht gemeint, aber die Bilanz von Tokio soll mindestens beibehalten werden.
Dafür sind diesmal vor allem die Athletinnen und Athleten auf der geraden Strecke gefordert, zumal auf acht der zehn Strecken gleiche zwei deutsche Boote an den Start gehen. Die beiden Kajak-Vierer sind heiße Gold-Kandidaten, auch Brendel kann es mit seinen 36 Jahren noch ganz nach vorn schaffen - und damit muss noch lange nicht Schluss sein. Im Slalom muss man den Gürtel etwas enger schnallen, auch wenn sich das Debakel von der WM in London (keine Medaille) nicht wiederholen sollte. Dafür haben wir mit Olympiasiegerin Ricarda Funk und Dauerbrenner Sideris Tasiadis zu heiße Eisen im Feuer - äh, Wasser. Eine Wundertüte wird der erstmals ausgetragene Kajak-Cross, wo vier Starter gleichzeitig ins Wasser plumpsen und mit jeder Menge Ellbogeneinsatz auf Medaillenjagd gehen.
- Fun Fact: Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin waren die Kanuten erstmals fest dabei. Die längste Strecke damals betrug stolze 10.000 Meter, heute sind es maximal 1.000. Der Slalom wurde 1972 in München ins Programm aufgenommen.
Leichtathletik (48 Entscheidungen): 2x Gold, 1x Bronze
Die Sportart, die man am ehesten mit Olympischen Spielen verbindet, die schon in der Antike und seit 1896 konstant vertreten war und ist. Olympia, das ist auch Leichtathletik. Wie üblich sind in der ersten Woche die Schwimmer an der Reihe, in der zweiten Woche geht es dann ins 77.000 Zuschauer fassende Stade de France mit der schmucken lila Laufbahn. Ist sie so schnell wie das blaue Pendant in Berlin, könnte der eine oder andere Weltrekord fallen.
Die sollte man aus deutscher Sicht zwar nicht einplanen, aber dafür durchaus die eine oder andere Medaille. Ja, auch in der Leichtathletik sind die Deutschen nicht mehr so stark wie etwa in den goldenen 1990ern, vor allem die Wurf- und Stoßdisziplinen geben kaum noch etwas her. Aber dafür gibt es ja noch das deutsche Goldstück Malaika Mihambo, das im Weitsprung den Titel von Tokio verteidigen kann - und auch wird. "Ich bin auf dem Weg, so schnell wie noch nie zuvor zu sein. Das sind optimale Voraussetzungen für Sprünge jenseits der 7,30 Meter", kündigte sie vollmundig in der ARD an, und angesichts ihrer unglaublichen Nervenstärke nehmen wir das für bare Münze. Julian Weber macht beim Speerwurf Johannes Vetters Ausrutscher in Tokio wett und räumt auch ab.
Ganz besonders gespannt sind wir auf die "Könige der Athleten" im Zehnkampf. Erinnert Ihr Euch noch an Atlanta 1996, als der große Gold-Favorit Dan O'Brien nach dem ersten Tag herumgelaufen und "Who the fuck is Busemann?" gefragt haben soll? Da schnellte bekanntlich der verschmitzte Frank im Alter von 21 Jahren aus dem Nichts in die Weltspitze und holte Silber. Diesmal wäre es keine Überraschung, wenn es nach 28 Jahren wieder mindestens eine Medaille für Deutschland gibt, schließlich haben wir nicht nur den Weltjahresbesten Leo Neugebauer, sondern auch Ex-Weltmeister Niklas Kaul anzubieten. Einer kommt auf jeden Fall durch! Danach bräuchte es für weitere Medaillen aber schon massive Überraschungen.
Auch abseits von Schwarz-Rot-Gold wird es spannend in Paris: Krönt sich der US-Boy Noah Lyles zum schnellsten Mann der Welt und, fast noch wichtiger: Welche Yu-Gi-Oh!-Karte steckt dabei in seiner Unterbuchse? Überspringt Armand Duplantis den Eiffelturm? 36 Titelträger von Tokio wollen ihre Titel verteidigen, darunter Faith Kipyegon (1500m), Sydney McLaughlin-Levrone (400m Hürden) oder Ryan Crouser (Kugelstoßen). Es wird heiße Tänze geben!
- Fun Fact: Bei allen Einzeldisziplinen auf der Bahn, von den 200 bis zu den 1500 Metern (Hürden inklusive), wird es erstmals Hoffnungsläufe geben. Damit hängt die Qualifikation fürs Halbfinale nicht mehr nur von der Zeit im Vorlauf ab, die nicht direkt qualifizierten Athletinnen und Athleten bekommen eine zweite Chance.
Moderner Fünfkampf (2 Entscheidungen)
Es war der Aufreger in Tokio schlechthin, als Annika Schleu (heute Zillekens) beim Springreiten das ihr zugeloste Pferd nicht zum Laufen bekam, in Tränen ausbrach - und Bundestrainerin Kim Raisner "Hau mal richtig drauf" schrie. Ein fatales Bild, das der gesamte Sport damals abgab. Mit Folgen: In Paris wird zum letzten Mal geritten, ab Los Angeles gibt es einen neue Hindernis-Wettkampf. Ansonsten bleibt alles gleich: Laufen und Schießen in Kombination, dazu Schwimmen und Fechten.
2021 gab es keine Medaille für den DOSB, das wird sich diesmal wohl kaum ändern. Marvin Dogue und Fabian Liebig sind bei den Männern am Start, bei den Frauen Rebecca Langrehr und Zillekens. Wir drücken natürlich die Daumen, wären aber schon zufrieden, wenn diesmal keine Pferde gequält werden.
- Fun Fact: Pierre de Coubertin, Vater des modernen Fünfkampfs, soll sich der Überlieferung zufolge bei den Disziplinen Folgendes gedacht haben: "Einem Meldereiter wird im feindlichen Gelände sein Pferd getötet, er verteidigt sich zunächst mit dem Degen, bahnt sich dann den weiteren Weg mit der Pistole, muss durch einen Fluss schwimmen und legt die letzte Strecke bis zum Ziel querfeldein laufend zurück."
Radsport, Schwimmen, Tennis ...: Teil 2 des großen Medaillenchecks findet Ihr hier!
Die letzten zehn Olympischen Sommerspiele
Jahr | Austragungsort | Wettbewerbe |
2021 | Tokio | 339 |
2016 | Rio de Janeiro | 306 |
2012 | London | 302 |
2008 | Peking | 302 |
2004 | Athen | 301 |
2000 | Sydney | 300 |
1996 | Atlanta | 271 |
1992 | Barcelona | 257 |
1988 | Seoul | 237 |
1984 | Los Angeles | 221 |