Nach dem ersten WM-Gold für die deutschen Biathleten seit drei Jahren wusste Erik Lesser gar nicht wohin mit seiner Freude. Erst brüllte der Überraschungs-Champion seine ganze Erleichterung heraus, danach fiel er Bundestrainer Mark Kirchner in die Arme. Durch den ersten großen Triumph seiner Karriere sicherte sich der Thüringer den Titel in der Verfolgung und bescherte dem Deutschen Skiverband (DSV) in Kontiolahti die ersehnte erste Medaille.
Die zweite legte Laura Dahlmeier nach einem ebenso überragenden Auftritt mit Silber in der Verfolgung nur drei Stunden später nach. Die 21-Jährige aus Partenkirchen patzte in Finnland zweimal am Schießstand und musste sich lediglich der neuen Doppel-Weltmeisterin Marie Dorin Habert (Frankreich) geschlagen geben. Genau wie Lesser feierte auch die dreimalige Junioren-Weltmeisterin Dahlmeier den größten Erfolg ihrer noch jungen Laufbahn.
Erik Lessers Triumph im RE-LIVE
"Das war ein perfekter Tag. Man kann das nicht planen, deswegen war es einfach nur phänomenal und einzigartig. Einfach geil", sagte der 26-jährige Lesser. Nach einer wahrlich weltmeisterlichen Vorstellung mit einem Sturmlauf von Rang fünf zum Sieg ohne Schießfehler setzte sich der Frankenhainer deutlich vor dem Russen Anton Schipulin und dem Sprint-Dritten Tarjei Bö aus Norwegen durch. Dahlmeier sagte derweil: "Ich bin einfach nur happy. Das ist echt ein Traum."
Schon nach fünf von elf Rennen sind die DSV-Skijäger damit erfolgreicher als bei den beiden letzten Großereignissen. Bei der WM 2013 hatte er nur einmal Silber und Bronze, bei Olympia 2014 zweimal Silber gegeben. Auf Gold wartete die Mannschaft schon seit dem Staffelsieg der Frauen bei der Heim-WM 2012 in Ruhpolding.
WM-Gold ist wie Olympia-Silber
Lesser war im Vorjahr an beiden Silbermedaillen in Sotschi beteiligt und trat durch seinen neuerlichen Erfolg in die Fußstapfen von Ricco Groß: Der Ruhpoldinger hatte 2004 bei der Heim-WM in Oberhof zuletzt Verfolgungs-Gold für Deutschland gewonnen. "Das Gold ist auf einem Level mit Silber in Sotschi. Das holt man nicht mal eben so", sagte Lesser.
Als Belohnung für sein Meisterstück plante Lesser einen Besuch in einem Burger-Restaurant mit der gesamten Mannschaft. "Da werden wir mal so einen richtigen Fett-Load machen", sagte der neue Champion. Denn mit Alkohol sei das so eine Sache, bei einer harten WM, die noch eine Woche dauert: "So viel mit Feiern ist leider nicht drin, weil das ja alles so professionell ist, dass man sich nicht einfach wegschädeln kann."
Große Party
Grund für eine große Party hatte auch das junge Frauenteam, das nach dem medaillenlosen Debakel von Sotschi viel Kritik einstecken musste. Ausnahmetalent Dahlmeier erlöste die einst so erfolgsverwöhnte Mannschaft nun in ihrem erst zweiten WM-Rennen mit dem völlig verdienten ersten Edelmetall. Von Rang vier stürmte die Bayerin auf Platz zwei nach vorne. Das mögliche Gold gab sie mit einer "Niete" beim vorletzten Schuss aus der Hand.
"Ich habe die letzten Meter schon genießen können. Dass es jetzt Silber ist, ist einfach der Hammer", sagte Dahlmeier: "Es ist etwas ganz Besonderes, ich kann das noch gar nicht so richtig begreifen. Man träumt natürlich davon, das mal zu schaffen. Jetzt ist es wirklich real."
Dahlmeier trainierte in der Jugend bereits mit Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner zusammen - und hat in "Gold-Lena" heute einen ihrer größten Fans. "Sie ist eine richtig gute Biathletin, bei der das Gesamtkonzept passt. Außerdem ist die mental sehr stark, das bewundere ich an ihr", sagte Neuner dem SID: "Ich bin ein richtiger Fan."
Vergessen war zu diesem Zeitpunkt, dass die eigentliche Gold-Hoffnung der deutschen Skijäger im warmen Mannschaftshotel zum Zuschauen verdammt war. Simon Schempp, als Gesamtweltcup-Zweiter nach Nordkarelien gereist, verpasste nach Platz 77 im Sprint das Rennen am Sonntag. "Sieben Fehler bei zehn Schuss - das ist nicht mal Schüler-Niveau", sagte Schempp. Im Einzel am Donnerstag soll es auch für ihn wieder besser laufen, für die Frauen geht es nach zwei freien Tagen am Mittwoch mit dem Einzel weiter.