Es war erst der zweite Rückkampf, den Mayweather einem seiner Kontrahenten einräumte. Zuvor war dieses zweifelhafte Vergnügen nur Jose Luis Castillo vergönnt. Das Ergebnis war jedoch in beiden Fällen identisch, der beste Pound-for-Pound-Boxer ließ weder dem einen noch dem anderen eine Chance und unterstrich seine Ausnahmestellung.
Ergab das zweite Duell mit Marcos Maidana nach dessen starker Leistung im ersten Anlauf durchaus Sinn, so veranschaulicht die Wahl im Gegenzug allerdings auch, dass Floyd schlichtweg die Gegner auszugehen scheinen. Noch hat der ungeschlagene 37-Jährige im Rahmen seines Deals mit "Showtime" allerdings zwei weitere Kämpfe offen. Bewerber gibt es genug - doch wem gebührt die Ehre?
Manny Pacquiao (35, 56-5-2): Der Wunschgegner
Wenn es einen Schatten über Mayweathers Karriere gibt, dann ist es definitiv ein ausstehender Kampf gegen Manny Pacquiao. Der 35-jährige Rechtsausleger von den Philippinen dürfte unter Fans und Experten mit Abstand die größten Erwartungen schüren, auch wenn der Kampf eigentlich gleich mehrere Jahre zu spät kommen würde. Nach Siegen gegen Oscar De La Hoya, Ricky Hatton und Miguel Cotto war der Pac Man im Jahr 2010 auf dem Höhepunkt und mehr als bereit, zum Kampf mit seinem Erzfeind kam es allerdings nicht. Es folgte ein ständiges Auf und Ab.
Auch Jahre später ist das Interesse dennoch ungebrochen. Ein mögliches Duell, welches immer wieder für Spekulationen sorgte, wäre für beide Seiten noch immer äußerst lukrativ - nicht nur auf finanzieller Ebene. Neben Top-Rank-Promoter Bob Arum, Vertreter Pacquiaos, der erneut die Gerüchteküche anheizt, beteiligt sich auch Mayweather selbst daran. Sei es nach dem Sieg im Rückkampf gegen Maidana oder via Social Media, Floyd lässt aktuell kaum eine Gelegenheit aus, um auf "Miss Pac Man" zu sprechen zu kommen. Positive Worte findet er dabei keine.
Trotz aller Erwartungen überwiegen die Probleme zwischen beiden Seiten. So machte Floyd unlängst klar, dass er einem Fight gegen Pacquiao zwar nicht abgeneigt sei, dieser allerdings bei "Showtime" stattfinden müsse, sein Gegenüber ist bei "HBO" unter Vertrag. Hinzu kommt, dass der Kampf komplett unter dem Banner von Mayweather Promotions ausgetragen werden soll. Von den geforderten Dopingkontrollen und der Aufteilung der Kampfbörse ganz zu schweigen. Kurzum: Die Posse geht wohl schlichtweg in die nächste Runde.
SPOX-Prognose: Konzentriert sich Pacquiao auf seine sportlichen Leistungen und lässt für einen überschaubaren Zeitraum das politische Engagement in seiner Heimat ruhen, hat er alle Chancen auf einen Sieg gegen Mayweather. Er ist schwer zu treffen, hat die nötige Geschwindigkeit sowie Kraft und eine immense Erfahrung. Speziell sein aggressiver Kampfstil könnte für Probleme sorgen. Plus: Er ist Rechtsausleger - Floyd hasst Rechtsausleger.
Zunächst muss Pacquiao gegen Chris Algieri unter Beweis stellen, dass er zu Recht an erster Stelle der Fan-Wunschliste steht. Ob es allerdings im Anschluss zum ersehnten Aufeinandertreffen kommt, bleibt ungeachtet des Ausgangs und trotz des riesigen Vermarktungspotentials mehr als fraglich.
Amir Khan (27, 29-3-0): Der Europäer
Durch die Pacquiao-Problematik und die Geschehnisse des letzten Jahres avanciert Amir Khan zu einem der aussichtsreichsten Kandidaten, wenn nicht gar zur logischsten Option. So war der Brite bereits vor Floyds Duellen mit Maidana in dessen Fokus und gewann sogar ein Fan-Voting auf Mayweathers Internetseite. Lediglich Maidanas beeindruckender Vorstellung gegen Adrian Broner war es zu verdanken, dass der Argentinier den Vorzug erhielt. Auch an der Entstehung des Rückkampfes der beiden Kontrahenten war der Mann aus Lancashire beteiligt.
Da die Vorbereitungsphase eines möglichen Aufeinandertreffens mit Floyd im September des Jahres in den Ramadan gefallen wäre, war jenes für den streng gläubigen Khan keine Option und so der Weg für Maidana frei. Im kommenden Jahr soll er nun endlich selbst an der Reihe sein. "Ich will nicht wegen des Geldes gegen ihn kämpfen, sondern weil ich ihn schlagen will. Ich glaube, dass meine Fähigkeiten dafür ausreichen", zeigt sich Khan zuversichtlich.
Der Linksausleger hat zudem ein Ass im Ärmel: Das Wembley Stadion. So soll Floyd von den rund 80.000 Zuschauern beim britischen Duell zwischen Carl Froch und George Groves mehr als beeindruckt gewesen sein. Eine Zahl, die er gerne toppen würde und wohl auch könnte. "Es ist mein Ziel nach Großbritannien zu kommen und ein spektakuläres Event auf die Beine zu stellen", sagte der beste Pound-for-Pound-Boxer in diesem Zusammenhang gegenüber "The Sun". Selbst bei einem Kampf in Vegas wäre die Stimmung ähnlich grandios wie bei Floyds Kampf gegen Hatton.
SPOX-Prognose: Das Vermarktungspotential vor Ort stimmt, bezüglich möglicher PPV-Verkäufe könnte das Interesse jedoch schwächer ausfallen. Doch wie sieht es eigentlich boxerisch aus? Die Stärken des 27-Jährigen sind zweifelsohne seine Geschwindigkeit, seine Erfahrung und sein Kämpfer-Herz. Ähnlich sieht es auch sein ehemaliger Trainer Freddie Roach, der zudem den Altersvorteil ins Spiel bringt.
Dass Geschwindigkeit und Glaube alleine gegen einen intelligenten, erfahrenen und technisch versierten Boxer wie Mayweather kaum reichen werden, dürfte allerdings auch dem Briten klar sein. Da hilft auch keine Silbermedaille bei Olympia (2004) oder eine beeindruckende Vergangenheit als Amateur. Sollte es zum Duell der beiden kommen, wäre Khan, der nicht unbedingt für seine Defensive oder Schlagkraft bekannt ist, maximal ein weiterer Name auf der langen Liste Mayweathers.
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