WM

Wenn Stärke zur Schwäche wird

Von Stefan Rommel und Andreas Lehner
In Buenos Aires sind die Straßen wie leergefegt, wenn Messi - pardon - Argentinien spielt
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Die Schwächen

Die größte Hoffnung ist zugleich auch eine große Gefahr im Spiel der Argentinier: Messis Sonderrolle bürdet den restlichen neun Feldspielern noch mehr Aufgaben auf. Argentinien ist manchmal wie zweigeteilt: Es gibt die Mannschaft. Und es gibt zusätzlich noch Messi.

In der Defensive fehlt ein Spieler, weil Messi im Prinzip nur bis auf Höhe der Mittellinie anläuft und dann für einen möglichen Konter stehenbleibt. Das bindet zwar einen oder zwei Aufpasser, bedeutet aber eine Menge mehr Laufarbeit für den Rest.

Was sich auch im Halbfinale gegen die Niederlande bemerkbar gemacht hat. Nach etwa 70 Minuten offenbarte Argentinien körperliche Probleme, konnte in immer mehr Szenen nicht mehr höchstes Tempo gehen. Nun geht die Mannschaft mit 30 Minuten mehr Spielzeit aus dem Halbfinale in den Knochen in die Partie. Zudem konnte Deutschland wegen der vergleichsweise gemütlichen zweiten Hälfte gegen Brasilien zusätzliche Kräfte sparen.

Die Mannschaft hat Probleme, über einen längeren Zeitraum Druck auf den Gegner aufzubauen. Die Angriffe sind recht simpel gestrickt: Nach einigen Ballstafetten landet der Ball irgendwann bei Messi, der dann versucht, ins Tempo zu gehen. Wahlweise sind auch Di Maria oder Lavezzi die Zielspieler. Die grundlegende Struktur verliert der Angriff deshalb aber nicht. Wer Messi isoliert, wie es die Schweiz und die Niederlande geschafft haben, beraubt Argentinien bereits der größten Stärke.

Die Spielausrichtung führt irgendwann zwangsläufig zu vielen Einzelaktionen, die dann auch nicht selten in einem Ballverlust münden. Alleine Di Maria ließ sich in seinen fünf gespielten Partien bereits 63 Mal den Ball abnehmen. Außenverteidiger Rojo steht bei 58 Ballverlusten, Messi bei 56. In der Kategorie "Meiste Ballverluste" nehmen die drei Argentinier damit die Plätze eins, vier und sieben ein.

Was fehlt, ist ein klassischer Ballverteiler, wie ihn Deutschland in Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger hat. Mascherano ist nicht der Spieler für Risikopässe, die Offensiven dribbeln gerne. Über das klassische Pass- und Positionsspiel kann Argentinien den Gegner nur selten auseinanderziehen. Den Angriffen fehlt es an Tiefe, sobald der Gegner geordnet hinter dem Ball aufgereiht ist. Dann wird gerne in die Breite gespielt, es mit vielen Seitenverlagerungen versucht - zumeist ohne den nötigen Raumgewinn.

Anders als noch gegen die Außenbahnspieler der niederländischen Fünferkette wird sich Argentinien besonders für die rechte deutsche Seite mit Thomas Müller und dem offensiv aggressiven Lahm etwas überlegen müssen. Gegen die Niederlande ignorierte Sabella die gegnerischen Außenverteidiger bis zur Höhe der Mittellinie fast komplett, erst danach wurden Dirk Kuyt und Daley Blind gestellt. Mit dem Dreieck Lahm-Müller-Khedira tief in der eigenen Hälfte wird Argentinien Probleme bekommen.

Auffällig bei allen drei Gegentoren bisher: Der Gegner konnte sich am Boden bis in den Strafraum spielen - und jeweils über die Schnittstelle zwischen rechtem Außenverteidiger und rechtem Innenverteidiger. Sabella hat auch deshalb längst das Personal ausgewechselt und vertraut auf Demichelis an Stelle von Federico Fernandez.

Der ehemalige Münchener spielt seitdem solide, aber klängst nicht fehlerfrei. Demichelis vertraut eine Spur zu sehr seinem Timing im Zweikampf und wandelt latent an der Schwelle zum Foulspiel bei seinen Tacklings.

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