"Das Triple blendete viele Mitglieder"

Weiter im Amt: Präsident Bartomeu erhielt 54 Prozent der Stimmen aller Barca-Mitglieder
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Josep Maria Bartomeu bleibt Präsident des FC Barcelona. Denis Gloger Sanchez stand auf Seiten von Herausforderer Agusti Benedito und spricht nach verlorenen Wahlen mit SPOX über die unsichere Zukunft Barcas, wacklige Finanzen und La Masia.

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SPOX: Herr Gloger Sanchez, Sie waren Teil des Wahlteams von Agusti Benedito, der Josep Maria Bartomeu um die Präsidentschaft des FC Barcelona herausforderte. Wie ist die Stimmung nach der doch recht deutlich verlorenen Wahl?

Denis Gloger Sanchez: Das Team ist natürlich enttäuscht. Benedito hat sich, seit er bei den Wahlen 2010 verloren hat, auf diese Chance vorbereitet. Er hat über 50.000 Kilometer in Katalonien zurückgelegt, um sich die Meinungen der Mitglieder einzuholen und diese dann in sein Programm eingearbeitet. Wir haben es allerdings nicht geschafft, in diese Phalanx der großen Zwei aus Bartomeu und Laporta vorzustoßen und uns als dritte Alternative außerhalb ihrer Streitereien zu positionieren. Die Enttäuschung ist dementsprechend groß, wir hatten viel vor.

SPOX: Für jemanden, der sich das schwer vorstellen kann: Wie läuft so eine Kampagne eigentlich ab? Wie vergehen die letzten Tage und Stunden?

Sanchez: Das Ganze läuft wie in einem Film. Man ist auf Hochspannung. Man wartet auf die neuesten Umfrageergebnisse, Artikel oder Kommentare über die Kandidaten. Man versucht das richtige Tempo mitzuhalten, seine Asse im richtigen Moment auszuspielen. In den letzten Tagen dreht sich in Barcelona alles um die Präsidentschaftswahl und die aberwitzigsten Gerüchte werden gestreut. Am letzten Tag dann laufen die Telefone heiß. In unserem Fall vor allem, weil das Team um Laporta eine Koalition mit uns eingehen wollte. Das ging bis spät in die Nacht. Aber Benedito war bis zum letzten Moment von einem eigenen Triumph überzeugt.

Kommentar zur Bartomeu-Wahl: Ein Klub schlimmer als jeder andere

SPOX: Gleich ganz frei heraus: Wieso hat Bartomeu gewonnen? Er hatte immerhin 54 Prozent der Stimmen auf seiner Seite, dabei war die Kritik doch eigentlich heftig...

Sanchez: Es gibt dafür zwei fundamentale Gründe. Zum einen hat natürlich der sportliche Erfolg Bartomeu enorm geholfen. Triple-Sieger und vorne das Tridente mit Lionel Messi, Neymar und Luis Suarez. Davon lassen sich viele Mitglieder blenden bzw. sehen ihr prioritäres Ziel - den sportlichen Erfolg - erreicht. Zum anderen besteht die Mitgliederschaft von Barca aus vielen älteren Mitgliedern, die grundsätzlich Kontinuität wählen. Die Kritik an Bartomeu kam aus den restlichen 46 Prozent. Barca ist in seiner Anhängerschaft im Moment leider ein zweigeteilter Verein.

SPOX: Harter Vorwurf vieler Bartomeu-Gegner war, dass er die Medien auf seiner Seite habe. In Deutschland ein schwer vorstellbares Szenario - wie viel ist da dran?

Sanchez: Damit sprechen Sie eigentlich den dritten Grund für den deutlichen Wahlsieg Bartomeus an. In Barcelona gibt es zwei große Sportzeitungen, die täglich erscheinen. Die SPORT (Grupo Zeta) und die MundoDeportivo (Grupo Godo). Es ist ein offenes Geheimnis, dass vor allem die Grupo Godo äußerst wohlwollend über die aktuelle Führung von Barça berichtet und über beste Verknüpfungen verfügt. Allerdings schien auch die SPORT etwas tendenziös über die Wahl zu berichten. Wie Sie sagen, in Deutschland ein schwer vorstellbares Szenario.

SPOX: Großer Trumpf in der Wahlkampagne des neuen Barca-Präsidenten waren die Abschlusszahlen, die er kurz vor den entscheidenden Tagen veröffentlichte. Also Finanzexperte in Beneditos Team - wie steht es denn wirtschaftlich um den Klub?

Sanchez: Ende Mai hat einer der größeren Sponsoren, Telefonica, 40 Mio. Euro auf das Konto des FC Barcelona überwiesen. Dieser Betrag, eine Vorauszahlung für die kommenden drei Jahre, zeigt, wie es in diesem Jahr um die Finanzen bei Barca steht. Durch den Triple-Gewinn hat Barca nicht nur einen Einnahmenrekord von 608 Mio. Euro diese Saison erreicht, sondern musste auch die Rekordprämie von 89,1 Mio. Euro an seine Spieler bezahlen. Dies hat zu einer Verringerung der Schuldentilgung geführt und den Gewinn von 41 Mio. Euro 2013/14 auf 15 Mio. Euro 2014/15 reduziert - damit der geringste Gewinn des Mandats von Rosell/Bartomeu.

SPOX: Aber doch immer noch ein Gewinn.

Sanchez: Die Nettoschulden sind um 14 Prozent auf 328 Mio. Euro gestiegen. Hinzu kommt, dass der Anteil der Gehälter über 70 Prozent der Gesamtausgaben des Vereins ausmachen - die FIFA empfiehlt etwa 60 Prozent - und die Tatsache, dass ein großer Teil der Einnahmen durch außerordentliche Erträge wie Prämienzahlungen der Sponsoren für die gewonnenen Titel oder Spielerverkäufe generiert wurden. Insgesamt kann Bartomeu aber auf einen Gesamtgewinn in seiner Amtszeit von 128 Mio. Euro und eine Reduzierung der Verbindlichkeiten um fast 100 Mio. blicken.

SPOX: Bartomeu warf Gegenkandidat Laporta vor, den Verein in seiner Amtszeit beinahe in den Ruin getrieben zu haben. Macht er das so viel besser?

Sanchez: Laporta hatte 2010 den Klub mit einem Gewinn von rund 11 Mio. Euro verlassen. Als dann Rosell an die Macht kam, wurde von Deloitte eine neue Bilanz-Prüfung vorgenommen, die einen Verlust von gut 80 Mio. Euro aufwies. Daraufhin wurde die Führungsetage um Laporta von der siegreichen Kandidatur 2010 um Roselll wegen Unregelmäßigkeiten auf eine Zahlung von 46,7 Mio. Euro verklagt. Diese Klage wurde allerdings im Oktober 2014, nach fast vier Jahren, abgelehnt.

SPOX: Das heißt aber doch, dass Bartomeu und Rosell zuvor viel Gutes in finanziellen Sachen getan haben.

Sanchez: Was den aktuellen Schuldenstand betrifft, steht Barca besser da als vor fünf Jahren. Diese Tendenz wurde leider im letzten Jahr nicht eingehalten und der Klub hat erstmals seit 2010 seinen Schuldenstand erhöht. Insgesamt sind die Schulden aber deutlich reduziert worden.

SPOX: Wie viel trägt eigentlich Qatar Airways dazu bei? Ihr Team präsentierte mit Flight Without Wings einen Trikotsponsor, der deutlich mehr Geld hätte fließen lassen.

Sanchez: Qatar Airways hat bisher über vier Jahre 32 Mio. Euro pro Jahr bezahlt und wird ab der kommenden Saison ca. 60 Mio. Euro pro Jahr bezahlen. Flight Without Wings war nur einer von vier Sponsoren, von denen wir eine verbindliche Zusage hatten und die das Angebot von Qatar Airways überboten. Wohlgemerkt haben wir die Vereinbarungen als Kandidat eingeholt, d.h. unsere Verhandlungsmacht war deutlich schwächer als die des Präsidenten. Alternativen für Qatar gibt es also zahlreiche.

Seite 1: Sanchez über Barcas Schulden und tendenziöse Berichterstattung

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