Jupp Heynckes und die Trainerfrage beim FC Bayern München: Umgekehrte Vorzeichen

Jupp Heynckes ist zum vierten Mal Trainer des FC Bayern München
© getty

Der FC Bayern München konzentriert sich in der Trainerfrage für die Saison 2018/19 auf Jupp Heynckes. Das kommt weder dem Aushilfscoach noch den Verantwortlichen zugute.

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Über komische Trainingsübungen haben sie sich beim FC Bayern München im vergangenen Jahr immer mal wieder gewundert. Das lag damals aber eher am italienischen Fitnessguru Giovanni Mauri, dem Carlo Ancelotti sein Vertrauen schenkte und der vor allem als bekanntester Raucher seit Mario Basler in die Geschichte des Klubs eingehen wird.

Mit Jupp Heynckes ist wieder mehr Seriosität und mehr Zug eingekehrt in die Einheiten an der Säbener Straße. Das haben Spieler und Trainer unisono nicht nur einmal betont. Aber auch Heynckes könnte mit einer Aussage vor dem Auftaktspiel zur Rückrunde in Leverkusen für kuriose Verrenkungen sorgen.

Von "Kopfständen" und sonstigen "Gymanstikübungen" sprach Heynckes im Presseraum. Er bezog sich dabei aber nicht auf die Aufgaben seiner Spieler, sondern auf die Reporter. Diese könnten nämlich in Zukunft machen, was sie wollten, eine Auskunft zu seiner Zukunft werde er, Heynckes, nicht mehr abgeben. "Dazu ist alles gesagt", meinte der 72-Jährige.

Rummenigge macht Bayerns Werben um Heynckes offiziell

Nur noch nicht von jedem, könnte man frei nach Karl Valentin ergänzen. Und so war die Halbwertszeit dieser Heynckes-Zitate ziemlich kurz - wie schon bei den diversen Malen davor, als Heynckes sagte, er wolle über eine mögliche Vertragsverlängerung nicht mehr sprechen. Zum einen veröffentlichte der Kicker am Montag ein Interview mit Heynckes, in dem natürlich die Zukunftsfrage nicht fehlen durfte.

Zum anderen - und das ist noch viel bemerkenswerter - setzte sich am Sonntag Karl-Heinz Rummenigge in die Sky-Talkshow von Jörg Wontorra und warb in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern ganz offiziell um Heynckes.

"Wir wären ja schlecht beraten, diesen Mann, der nicht nur ein guter Trainer ist, sondern auch ein wunderbarer Mensch, wenn wir den so ohne Weiteres kampflos aufgeben würden. Und das werden wir auch nicht tun", sagte Rummenigge. Er unterstütze die Charmeoffensive von Uli Hoeneß total.

Und weiter: "Man muss den Jupp, ohne ihn zu drängen, mit der notwendigen Eleganz begleiten."

Tut sich Heynckes noch ein Jahr in München an?

Wie elegant es war, das Thema nach Heynckes erneutem Abwinken am Donnerstag, sofort wieder auf die Agenda zu heben, darüber lässt sich streiten. Im Sinne Heynckes' kann der Auftritt Rummenigges aber nicht gewesen sein. Der Trainer wird sich, Kopfstände hin oder her, weiter zu diesem Thema äußern müssen.

Es ist natürlich das gute Recht von Rummenigge und Hoeneß, auf Heynckes als Trainer für die kommende Saison zu hoffen. Sie arbeiten eng mit ihm zusammen und haben womöglich Signale empfangen bzw. so interpretiert, die sie an eine Weiterbeschäftigung glauben lassen.

Es ist ja tatsächlich so, dass Heynckes motiviert, engagiert und fokussiert wirkt. Er arbeitet akribisch und korrekt wie eh und je. Die Trainingsarbeit und die Gespräche mit den jungen Spielern scheinen ihm Spaß zu machen.

Aber es gibt auch noch die private Komponente. Heynckes hatte sich auf seinem Bauernhof im Ruhestand wohlgefühlt, jetzt wohnt er in München im Hotel ohne seine Frau und ohne seinen Hund. Mehrmals hat er schon betont, dass man nie wisse, wie viel Zeit einem überhaupt noch im Leben bleibe.

Will er sich tatsächlich noch einmal eine ganze Saison antun? Zum Saisonende 2019 wäre Heynckes 74 Jahre alt. Und was wäre, wenn auf einmal der Erfolg ausbliebe oder die Bayern sang- und klanglos aus der Champions League ausscheiden würden? Eine Diskussion um seine Person und eine mögliche Entlassung will er sich ganz sicher nicht mehr anhören.

Heynckes hat sein Versprechen erfüllt, die Bayern-Bosse sind gefordert

Vieles spricht dafür, dass Heynckes seinen Aushilfsjob bis Saisonende erfüllt und dann seinen Freundschaftsdienst als verrichtet ansieht. So wie es der ursprünglichen Abmachung auch entsprechen würde.

Bei Heynckes' Präsentation in der Arena sagte Hoeneß, die Entscheidung verschaffe dem Verein "die Zeit, alle Probleme, alle Baustellen zu befrieden und bis zum ersten Juli einen neuen Trainer zu finden. Wir können das Team dann besenrein übergeben."

Der erste Teil ist gelungen, für den zweiten Teil sind die Verantwortlichen selbst zuständig. Mit Plan B wollen die Bayern aber nichts überstürzen, zumal bis auf Thomas Tuchel alle weiteren Kandidaten noch vertraglich gebunden sind und bereits von ihren Vorgesetzten als unabkömmlich bezeichnet wurden (Nagelsmann, Kovac) oder sich selbst als ungeeignet einstuften (Hasenhüttl).

Vor fünf Jahren musste Heynckes gehen

Es ist eine pikante Situation, weil an der Personalie des Trainers auch noch andere Vertragsfragen wie beispielsweise die von Arjen Robben oder Franck Ribery hängen. Es könnten also ein paar arbeitsintensive und turbulente letzte Monate in dieser Saison auf die Bosse des FC Bayern zukommen.

Zumal die Personalsuche aktuell nicht gerade zu den Stärken des Klubs gehört. Schon bei der Suche nach einem Sportvorstand/Sportdirektor haben sich Rummenigge und Hoeneß schwer getan. Auf der Suche nach ihren eigenen Nachfolgern sind sie seit 2009 kaum vorangekommen.

Bei der Trainersuche sollten sich die Bosse nicht zu sehr auf Heynckes fokussieren, sonst kommen ungewollte Erinnerungen an die Triple-Saison hoch. Am 16. Januar 2013 verkündete der FC Bayern die Verpflichtung von Pep Guardiola und Heynckes' Karriereende. Der Trainer reagierte ziemlich pikiert, er hätte gerne weitergemacht. Heute sind die Vorzeichen umgekehrt.

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