Schauplatz Ajinomoto-Stadion in Japan. Es läuft die 68. Minute und jedes Augenpaar der 49.970 Zuschauer legt den Fokus auf einen Mann: Yoshinori Muto. Er tritt zum Elfmeter an und erzielt das 2:1 für den FC Tokio gegen Kashiwa Reysol - gleichbedeutend mit dem Endstand.
Nach dem Abpfiff spielen sich dann kuriose Szenen ab. An der Anzeigetafel flimmert diese Nachricht auf, wie die AZ überliefert: "Yoshinori Muto wechselt zum FSV Mainz 05." Obwohl die Saison in der J-League noch im vollen Gange ist - Muto hat eben einen sehr speziellen Stellenwert im Land der aufgehenden Sonne.
Elite-Schüler aus gutem Hause
In Japan hat er "an der Elite-Uni Keio Wirtschaftswissenschaften studiert und abgeschlossen, er kommt aus einer sehr guten Gegend von Tokio und aus einer höher stehenden Familie", so Takeka Maruga, eine japanische Journalistin. Des Weiteren sei er "ein Frauenschwarm. Er ist hübsch, er hat sehr viele weibliche Anhänger in Japan. Das wird dann sicher auch in Deutschland so sein, da werden bestimmt einige weibliche Fans zum Training kommen."
Wie berühmt der 13-malige Nationalspieler ist, wird auch deutlich, wenn man folgende Twitter-Zahlen als Indikator zurate zieht: Während sich Mainz 05 an 81.500 Followern erfreuen kann, steht bei Muto in dieser Kategorie die Zahl 105.000.
Sicher, solch Spielerei verdient kein Siegel der Seriosität, ist aber dennoch ein Indiz bezüglich der Popularität. Nicht nur sportlich, sondern auch in puncto Merchandising dürfte der Japaner eine interessante Personalie sein.
Anhand japanischer Berichte ist zu vernehmen, aus welchem Grund es Muto nach Deutschland zog. Er sei daran interessiert gewesen, in Europa einen Klub zu finden, welcher ihm die nötige Ruhe und Zeit für seine Entwicklung zusagen konnte. Ein Teilaspekt, der dazu beigetragen hat, sich gegen das finanziell lukrativere Angebot aus England - vom FC Chelsea - zu entscheiden.Denn er weiß: Chelsea ist "einer der größten Vereine der Welt. Es ist schwer, sich dort durchzusetzen." Mainz-Manager Christian Heidel punktete bei seinem Besuch in Tokio stattdessen mit der aufgezeigten Perspektive und transportierte dem Umworbenen, "dass ich in Mainz sportlich wirklich gebraucht werde". Auch die aufgenommene Reise nach Fernost hat beim Spieler bleibenden Eindruck hinterlassen: "Das hat mich sehr berührt."
"Luis Suarez ist mein Vorbild"
Die Entscheidung fiel demnach gegen die Stamford Bridge und für den Bruchweg im "aurea Moguntia" ("goldenes Mainz", wie die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz genannt wird) aus. Am Tag seiner Vorstellung lenkte er die Blicke nicht nur wegen seines feinen Zwirns auf sich, er machte auch deutlich, mit seiner bescheidenen Art perfekt nach Mainz zu passen: "Guten Tag, bitte nennen Sie mich Yoshi. Ich freue mich sehr, dass ich in so einem großartigen Verein spielen darf. Ich werde für 05 alles geben. Deutsch ist eine schwierige Sprache, aber ich werde das lernen."
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Muto erklärte zudem, wie seine Ziele in Deutschland aussehen: "Ich möchte ein guter Bundesligaspieler werden, dafür werde ich hart trainieren." Außerdem gewährt der 23-Jährige einen kleinen Einblick in sein Leitbild: "Die letzten zwei Jahre habe ich als Mittelstürmer gespielt. Da ist mein Vorbild Luis Suarez, vor allem sein Instinkt, wie er seine Tore macht."
Wer nun denkt, der selbstbewusste Offensivspieler wäre abgehoben, wird ob seiner nächsten Äußerung augenblicklich eines Besseren belehrt: "Ich habe mit Trainer Martin Schmidt noch nicht über Details gesprochen, aber ich denke, dass ich auf der Außenbahn spiele, wenn ich überhaupt spiele."
Frohnatur mit fehlender Textsicherheit
Seine prophetische Ader enttäuschte ihn nicht. Beim DFB-Pokal-Spiel lief er im Stadion der Freundschaft lediglich 20 und zum Bundesligaauftakt gegen den FC Ingolstadt 12 Minuten auf. Ein Umstand, der den Japaner nicht abschreckte, wie Teamkollege Niko Bungert zu Protokoll gab: "Er ist eine Frohnatur und hat sich davon nicht runterziehen lassen."
Dafür hatte der 2,8-Millionen-Einkauf nach dem 96-Spiel andere Probleme zu bewerkstelligen. Auch wenn nicht gänzlich freiwillig, stimmte er nach dem Abpfiff die traditionelle Mainzer-Humba an.
"Ich weiß zwar nicht genau, was ich da gesungen habe, aber ich habe mich sehr darüber gefreut", äußerte er sich später gegenüber der Welt. Außerdem gab er das Versprechen, beim nächsten Mal den Text auswendig gelernt zu haben. Der bodenständige Wirbelwind weiß zudem, dass er sich auch auf körperlicher und spielerischer Ebene verbessern muss, wie er via Bild anmerkte: "Da arbeite ich dran. Ich will der Mannschaft helfen und mich einbringen, am besten mit Toren."
Mit Jhon Cordoba verpflichtete Mainz kurz vor Transferschluss einen weiteren Angreifer. Durchaus ein Konkurrent für den schnellen und beweglichen Muto. Allerdings ist auch eine Koexistenz der beiden in einem Doppelsturm denkbar oder der Japaner findet sich auf der Außenbahn wieder.
Nach der Leistungsexplosion gegen 96 dürfte er zumindest seine Visitenkarte bei Schmidt hinterlegt haben. Auch wenn 05-Manager Heidel nach dem Spiel - ganz in Hoenessscher Manier - auf die Bremse trat: "Ich mache den Hype um den Jungen nicht mit. Wir wissen um Mutos Potenzial, aber er steckt noch in der Entwicklung."
In die Loblieder muss er auch nicht mit einstimmen, denn Yoshinori Muto weiß selbst genau: Er steht erst am Anfang seins Weges.
Yoshinori Muto im Steckbrief