Das Personal:
Werder hat kaum Geld, um qualitativ hochwertig den Kader aufzurüsten. Der Klub wird im Herbst zum vierten Mal in Folge ein sattes Bilanzminus ausweisen müssen, der Lizenzspieleretat ist auf rund 30 Millionen Euro zusammengeschrumpft.
Das Drei-Säulen-Prinzip mit gesicherten Einnahmen aus der TV-Vermarktung, dem Ticketing und Sponsoring ist im Prinzip ausgereizt. Zusätzliche Einnahmen kann Werder nur über zusätzliche Spiele erzielen - in diesem Fall also nur über weitere Spiele im DFB-Pokal. Auf die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb kann man sich im Moment kaum ernsthafte Hoffnungen machen.
Es stimmt also durchaus, wenn Eichin immer wieder betont, dass die finanzielle Lage des Klubs keine großen Sprünge auf dem Transfermarkt zulässt. Also kümmert sich Werder verstärkt auch wieder darum, selbst Spieler zu entwickeln. Was unter Schaaf gelinde gesagt stiefmütterlich gehandhabt wurde, rückt aus der Not geboren wieder in den Fokus.
Nicht von ungefähr wurden in den letzten Monaten gleich fast einem halben Dutzend Nachwuchsspielern Profiverträge ausgestellt. Luca Zander, Oliver Hüsing, Julian von Haacke, Marnon Busch und Davie Selke konnte offenbar eine vernünftige Perspektive aufgezeigt werden. Dazu kommen Özkan Yildirim und Levent Aycicek und der von Bayern München verpflichtete Torhüter Raif Husic. Das Durchschnittsalter des Kaders liegt bei 24,8 Jahren.
Dass erstmals seit 42 Jahren bei einer WM-Endrunde kein einziger Bremer Spieler mehr dabei war, ist ein klares Zeichen. Die Kunst für Werder besteht nun darin, sich wieder auf das Kerngeschäft eines Fußballklubs zu besinnen und eigene Spieler für die Profimannschaft zu entwickeln. Das ist ein mühsamer Weg, mühsamer jedenfalls als auf dem Transfermarkt zuzuschlagen. Aber er ist auf Dauer preiswerter und nachhaltiger und verspricht die viel zitierte Wertsteigerung bei einem möglichen Weiterverkauf.
Momentan ist die Qualität des Spielerkaders sicherlich nicht in der oberen Hälfte der Bundesliga einzuordnen. Dennoch steckt in ihm aber genug Qualität, um besseren Fußball zu spielen, als es Werder derzeit tut. Beispiele, dass es auch anders geht, liefert die Bundesliga jedes Wochenende in anderen Stadien: In Paderborn, Köln oder Augsburg. Oder wie es die Bremer Fans letzte Saison mit einer Choreografie eindeutig formulierten: "Nicht die Mittel entscheiden über den Erfolg. Es ist die Einstellung!"
Die Transferpolitik:
"Wir haben einen Plan - und der sieht vor, neue Spieler so früh wie möglich hier zu haben. Damit wir ein echtes Kollektiv werden. Sonst machen die acht Wochen Vorbereitung doch keinen Sinn." Das sagte Eichin am Ende der abgelaufenen Transferperiode.
Die derzeitige Mannschaft ist auf jeden Fall auch seine Mannschaft. Aus der guten alten Champions-League-Zeit sind nur noch Sebastian Prödl und Clemens Fritz übrig geblieben, vom 20er-Stammkader wurde fast die Hälfte der Spieler von Eichin verpflichtet: Nils Petersen, Franco di Santo, Izet Hajrovic, Fin Bartels, Ludovic Obraniak, Cedric Makiadi, Santiago Garcia, Luca Caldirola und Alejandro Galvez.
"Wir können es uns nicht erlauben, dass ein Transfer komplett schief geht", sagt Eichin und bemüht einen Vergleich, um die Bremer Lage nicht ganz so dramatisch erscheinen zu lassen: "Wenn Sie mit 2000 Euro oder mit 150 Euro in die Stadt gehen und Klamotten kaufen wollen, dann müssen Sie mit 150 Euro hinterher nicht unbedingt schlechter aussehen. Aber dafür müssen Sie einen Pullover vielleicht fünfmal anprobieren und nach Schnäppchen suchen."
Galvez (von Rayo Vallecano), Hajrovic (von Galatasaray) und Fin Bartels (vom FC St. Pauli) kamen im Sommer ablösefrei. Garcia wurde nach seiner Ausleihe für 1,5 Millionen Euro fest verpflichtet, dazu kamen 100.000 Euro für Husic von den Bayern-Amateuren.
Auf der Einnahmenseite stehen die Verkäufe von Mehmet Ekici (1,5 Mio., Trabzonspor), Niclas Füllkrug (300.000, Nürnberg) und Johannes Wurtz (250.000, Greuther Fürth), sowie das Leihgeschäft von Martin Kobylanski zu Union Berlin (200.000 Euro Leihgebühr). Macht ein Transferplus von 650.000 Euro, im Jahr davor waren es über drei Millionen Euro - das ist die Bremer Realität. Ein großer Spielraum bleibt da nicht.
Umso ärgerlicher sind dann Transfers wie der von Obraniak im Winter, der als spielerisches Element der Mannschaft zugeführt werden sollte, dann aber zuerst oft auf der Bank und mittlerweile nur noch auf der Tribüne sitzt. 1,5 Millionen Euro war Obraniak teuer. Auch Petersen (drei Mio.), Makiadi (drei Mio.) und mittlerweile Caldirola (2,25 Mio.) helfen der Mannschaft kaum weiter.
In dieser Saison reihen sich dazu Galvez und Hajrovic ein, die beide Schlüsselpositionen bekleiden, bisher aber nicht die erwünschten Leistungen bringen. Zusammen sind das einige kostspielige Fehlgriffe zu viel, welche auf den Trainer und ganz besonders natürlich auf den Manager zurückfallen.
"Wir müssen uns alle an den Ergebnissen messen lassen", sagt Eichin. Bisher fällt diese eine Bilanz für ihn eher durchwachsen aus. Mit Rouven Schröder hat er sich womöglich auch deshalb im Sommer einen erfahrenen Partner mit guten Kontakten und einem gewissen Auge für talentierte Spieler zur Seite geholt. Das ist inhaltlich absolut nachvollziehbar, kostet aber auch. Mit Schröder als "Direktor Kaderplanung und Scouting", sowie Frank Baumann als "Direktor Profifußball und Scouting" arbeiten gleich zwei Mitarbeiter Eichin zu.