Vier Titel in vier Jahren bei Red Bull - mit nur 26 Jahren ist Sebastian Vettel endgültig im Kreis der Formel-1-Legenden angekommen. Schon jetzt liegt Vettel auf Platz drei der ewigen Bestenliste. Nur Juan Manuel Fangio (fünf) und Rekordweltmeister Michael Schumacher (sieben) gewannen öfter den Titel. Die Siegesserie des Heppenheimers treibt seine Vorgänger zu Lobeshymnen.
"Er geht die Dinge absolut methodisch an, hat ein starkes Team um sich herum aufgebaut, das zu 100 Prozent seinen Erfolgswillen teilt, und er ist total fokussiert auf das Endergebnis", lobte Vierfachweltmeister Alain Prost, der mit 26 Jahren noch nicht mal einen Grand Prix gewonnen hatte, den Triumphator aus Deutschland: "Sebastian Vettel ist ein großer Champion. Und ich glaube, dieser vierte Titel wird längst nicht sein letzter bleiben."
Lauda: Sebastian packt den Michael
"Die Chance ist groß, dass Sebastian den Michael packt", orakelte auch Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda: "Wir brauchen nicht lange darum herum reden: Das musst du erst einmal zustande bringen." Schumi hatte 2001 seinen vierten Titel in der Königsklasse gefeiert. Damals war der Ferrari-Pilot aus Kerpen schon 32 Jahre alt.
Voting: Ist Vettel schon besser als Schumacher?
Die früheren Weltmeister gönnen Vettel seinen Erfolg: "Erst vor ein paar Tagen habe ich noch mit Sebastian telefoniert und ihm viel Glück gewünscht", erklärte Schumacher bei "RTL" in einer Videobotschaft: "Vier WM-Titel in Folge - eine ganz tolle Sache. Er ist ja doch noch recht jung für einen solchen Erfolg."
Sogar die Konkurrenz akzeptiert Vettel mittlerweile als Toppiloten. Dauerrivale Fernando Alonso nach dem zehnten Sieg in dieser Saison gratulierte artig. Lewis Hamilton schwärmte in höheren Tönen: "Ich bewundere seine Hingabe und die Fähigkeit, konsequent ohne Fehler zu fahren."
Ein Fehler in der ganzen Saison
Der einzige Fehler, den Vettel sich in dieser Saison während eines Rennens leistete, geschah beim Kanada-GP, als er kurzzeitig deutlich neben der Strecke fuhr. Der Sieg war ihm trotzdem nicht zu nehmen. Im Gegensatz zu Mark Webber blieb der 26-Jährige zudem fast vollständig vom Pech verschont. Nur in Silverstone fiel er mit einem Defekt aus. Sonst sah er immer die Zielflagge.
Das Rennen: Vettel ist D-D-D-Doppelweltmeister
Pures Glück ist das aber nicht, sondern ein Verdienst der Ingenieure, die Vettels Auto betreuen. Selbst in Indien zitterte das Team bis zur letzten Runde. "Wir hatten ein paar Probleme mit dem Auto. Wir hatten Angst, dass das, was Mark passiert ist, auch Sebastian passieren würde", erklärte Renningenieur Guillaume Rocquelin bei "Sky".
Den Australier bremste in Runde 43 seine Lichtmaschine aus. Er stellte seinen RB9 ab und flüchtete danach, um die anstehende WM-Party zu verpassen. Vettel umkurvte den Buddh International Circuit dagegen weiter, während sein Team immer mehr elektrische Systeme abschaltete. In den letzten Runden durfte er nicht mal mehr den Knopf zur Versorgung mit Trinkwasser betätigen.
"Ich werde Sebastian umbringen"
Vettel griff trotzdem noch nach der schnellsten Rennrunde, die ihm schließlich sein Freund Kimi Räikkönen verwehrte, weil er im Lotus kurz vor Schluss noch auf weiche Reifen wechselte. "Ich werde ihn später noch dafür umbringen, dass er es erneut versucht hat", scherzte Rocquelin.
Die gute Laune bei Red Bull konnte auch die Geldstrafe in Höhe von 25.000 Euro nicht verderben, die Vettel wegen seiner Siegesfeier mit Burnouts und Donuts auf der Zielgeraden kassierte. "Das wollen die Leute doch sehen und die FIA sollte keine Probleme machen", kritisierte Christian Horner.
Das Rennergebnis in der Übersicht
Die Komplimente für seinen Erfolgspiloten sprudelten aus dem Teamchef des viermaligen Konstrukteursweltmeisters am Sonntag hervor. "Das war sein bestes Jahr. Er ist erst 26 und hat schon vier Titel gewonnen. Das hat er nicht zufällig erreicht. Ohne Sebastian hätten wir sicher nicht vier Mal gewonnen. Du kannst den besten Fahrer und Designer haben, aber du musst auch als Team arbeiten."
Teamplayer ohne Eigensinn
Vettel hat das seit Beginn seiner F1-Karriere verinnerlicht. Als er bei der Scuderia Toro Rosso debütierte, lernte er Italienisch, um einfach kommunizieren zu können. Bis heute redet er nur in höchsten Tönen von seinen Mechanikern, die ihm seine Erfolge ermöglichen: "Wenn man daran denkt, wie viele Stunden die Jungs schuften, ist es besser bei McDonalds zu arbeiten." Als Zeichen der Wertschätzung half er in Indien sogar beim Abbau der Boxeneinrichtung.
Selbst Webber hat die Überlegenheit des Heppenheimers mittlerweile anerkannt. "Er hat Rennen mit einem dominanten Auto gewonnen, aber auch welche, in denen das Auto nicht so gut war", so der künftige Porsche-Werkspilot: "In diesen letzten vier Jahren waren einige Siege dabei, die eigentlich unmöglich waren. Das ist eine seiner großen Qualitäten."
Helmut Marko fürchtet sich vor WM-Party
Während der Australier nach seinem Lichtmaschinendefekt direkt aus Indien flüchtete, um nicht an der Weltmeisterparty teilnehmen zu müssen, freuten sich einige andere Teammitglieder auch nicht gerade. "Es gibt das Lieblingsgetränk von Sebastian, das wir alle notgedrungen mitschlucken müssen", erklärte Motorsportberater Helmut Marko über die Mischung aus Kräuterschnaps und Energydrink: "Mit Eis ist es halbwegs erträglich, aber hier kann man das ja nicht riskieren."
Die große Party findet sowieso nicht statt. Vettel hat beide Titel eine Woche zu früh herausgefahren. Nach einer Party im Hotel hebt um 2 Uhr nachts das Flugzeug nach Abu Dhabi für die Mechaniker ab. "Ich nehme an, einige werden direkt von der Party in den Flieger steigen", meint Marko: "Wir können ja hart arbeiten. Und dann kann man auch hart feiern."
Der WM-Stand im Überblick