Vettel rettet dramatischen Sieg ins Ziel

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel hat zum ersten Mal in seiner Karriere den Monaco-GP gewonnen
© Getty

Sebastian Vettel hat zum ersten Mal in seiner Karriere den Monaco-GP gewonnen und sein fahrerisches Meisterstück gemacht. In einem dramatischen und teilweise chaotischen Rennen hielt er Fernando Alonso und Jenson Button hinter sich.

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Was für ein Rennen in Monaco! Sebastian Vettel hat eines der spannendsten Rennen im Fürstentum der jüngeren Vergangenheit gewonnen und sich damit den Traum vom Monaco-Sieg zum ersten Mal erfüllt.

Zudem hat er durch den fünften Sieg im sechsten Rennen seine WM-Führung weiter ausgebaut. Mit nun 143 Punkten hat er 58 Zähler Vorsprung auf Lewis Hamilton.

Dramatischer Rennverlauf - auch für Vettel

Die Entstehung des Sieges bot jedoch eine dramatische Geschichte. Vettel sicherte sich den Sieg mit einer Einstopp-Strategie. Nachdem Red Bull darauf verzichtet hatte, ihn im Rahmen einer Safety-Car-Phase hereinzuholen, entschied er sich entgegen der Ansage seines Teams, auf einen späteren Stopp zu verzichten und seinen härteren Reifensatz über mehr als 50 Runden ins Ziel zu tragen.

Das hatte natürlich zur Folge, dass Alonso und Button im letzten Rennviertel mit viel frischeren Reifen an ihn heran flogen. Doch er behielt die Nerven und hatte zudem Glück, dass der Grand Prix sechs Runden vor Schluss wegen eines Massenunfalls, bei dem sich Witali Petrow leicht am linken Knöchel verletzt hatte, unterbrochen wurde.

Vettel: "Das war natürlich riskant"

Die letzten sechs Runden konnte er dann mit frischen Reifen nach Hause fahren, weil es erlaubt ist, während einer Rennunterbrechung die Pneus zu wechseln.

"Es war schon immer ein verrückter Grand Prix, bei dem viel passiert. Das hat man auch heute wieder gesehen", sagte Vettel. "Das Team wollte mich eigentlich zu einem zweiten Stopp reinholen, aber ich habe gesagt, dass ich draußen bleiben will. Das war natürlich riskant, aber ich denke, es hätte auch ohne die Rennunterbrechung reichen können."

Rabenschwarzer Tag für Mercedes und Hamilton

Einen rabenschwarzen Tag erlebte Mercedes. Sowohl Michael Schumacher als auch Nico Rosberg waren im Rennen chancenlos. Schumacher schied sogar mit einem technischen Defekt aus.

"In der Airbox hat es ein kleines Feuer gegeben. Ich weiß nicht, was da genau kaputt gegangen ist, aber das Auto wollte sich nicht mehr fortbewegen", sagte Schumacher und resümierte: "Wir haben nach dem Qualifying andere Erwartungen gehabt. Wir konnten nicht vorne mitmischen, so wie wir uns das vorgenommen hatten."

Hamilton rastet nach "schlimmstem Wochenende" aus

Auch Hamilton erlebte einen völlig verkorksten Tag. Erst kollidierte er mit Felipe Massa - ein Zweikampf, der die erste Safety-Car-Phase auslöste. Dafür bekam der eine Durchfahrtsstrafe. Nach dem Restart kurz vor Schluss nahm er zudem Pastor Maldonado auf die Hörner, wofür er noch einmal mit einer 20-Sekunden-Strafe belegt wurde, die ihn aber keinen Platz kostete.

Danach rastete Hamilton gegenüber der Presse aus. Unter anderem sagte er: "Diese Strafen sind ein Witz. Das war das schlimmste Wochenende, das ich in meiner Laufbahn jemals erlebt habe." Zudem beschimpfte er seine Kollegen Massa und Maldonado sowie die Rennkommissare.

Neben Vettel kamen mit Adrian Sutil und Nick Heidfeld auf den Plätzen sieben und acht zwei weitere Deutsche in die Punkte. Rosberg wurde am Ende Elfter, Glock schied aus.

Schlüsselszenen des Rennens:

Vor dem Start: Hamilton entscheidet sich nach der Aberkennung seiner Quali-Zeit, von Rang neun aus mit den härteren Reifen zu starten.

Start: Vettel bleibt vor Button. Alonso kommt sehr gut weg und schnappt sich Webber. Schumacher bleibt am Start fast stehen und verliert viele Plätze. Vor der ersten Kurve gerät er mit Hamilton aneinander. Beide können aber weiterfahren.

Runde 1: Schumacher kontert in der Loews-Kurve Hamilton aus und geht wieder vorbei. Ein freches Manöver, aber Hamilton spielt mit.

Runde 10: Hamilton nutzt den verstellbaren Heckflügel und greift auf der Zielgeraden Schumacher an. Ein ganz enges Manöver in Kurve eins, Schumacher will erst die Tür zumachen, vermeidet dann aber doch den Crash und öffnet die Lenkung. Hamilton ist vorbei. Kurz darauf überholt auch Barrichello den auf abbauenden Reifen wehrlosen Schumacher.

Runde 13: Schumacher kommt an die Box, weil die Reifen nicht mehr mitmachen, und fällt meilenweit zurück.

Runde 15: Massa presst sich nach rundenlangem Kampf im Hafen an Rosberg vorbei und ist Fünfter. Auch Maldonado schlüpft mit durch. Die Mercedes sind absolut wehrlos!

Runde 16: Jetzt muss auch Rosberg neue Reifen holen und fällt weit zurück - in die Regionen von Schumacher.

Runde 16: Boxenchaos bei Red Bull! Vettel kommt rein und vom rechten Vorderreifen geht die Heizdecke nicht ab. Das kostet einige Sekunden und wirft Vettel hinter Button zurück. Es wird aber noch schlimmer. Webber kommt in der gleichen Runde zum Stopp und überrumpelt damit offensichtlich die Red-Bull-Crew. Es sind keine Reifen da! Webber steht rund 20 Sekunden und fällt ins Mittelfeld zurück.

Runde 23: Nun kommt Hamilton zum Stopp, weil er nicht an Petrow vorbei kommt. Aber wie Red Bull vorhin pennen diesmal die McLaren-Mechaniker und brauchen zehn Sekunden, um ihn abzufertigen. Hamilton kommt direkt hinter Webber mitten im Pulk heraus.

Runde 33: Hamilton greift in der Loews-Kurve Massa an, der knallt aber die Tür zu. Es kracht, aber beide können vorerst weiterfahren. Doch das Duell geht weiter. Hamilton greift Massa im Tunnel an. Der Ferrari-Pilot kommt auf die dreckige Spur und es gibt kein Halten mehr. Massa rutscht in die Leitplanken und ist raus. Das Safety-Car kommt, Vettel geht aber nicht an die Box. Schumacher bleibt direkt vor der Boxeneinfahrt mit technischem Defekt stehen.

Runde 39: Vettel ist beim Restart deutlich vorne, aber hinter ihm haben Button und Alonso frische Reifen. Ein klarer Nachteil für den Weltmeister. Die großen Gewinner der Safety-Car-Phase heißen Sutil und Kobayashi. Sie hatten ein goldrichtiges Timing beim einzigen Boxenstopp und halten die Plätze vier und fünf.

Runde 43: Hamilton bekommt für den Crash mit Massa eine Durchfahrtsstrafe und fällt dadurch auf Rang neun zurück.

Runde 70: Massencrash! Was für eine Situation! Vettel versucht, mit einem Stopp Alonso und Button hinter sich zu halten. Der Dreierpack im Kampf um den Sieg läuft auf eine große Gruppe auf. Und just, als es an die Überrundungen geht, kracht es davor. Sutil, Petrow und Alguersuari knallen ineinander. Auch Hamilton wird in Mitleidenschaft gezogen. Alguersuari trifft seinen Heckflügel. Der hängt nun schief. Wie durch ein Wunder kommen Vettel, Alonso und Button durch den Trümmerhaufen durch.

Runde 72: Rote Flagge: Das Rennen ist abgebrochen! Petrow hat sich bei dem Massencrash verletzt, das Medical Car ist auf der Strecke. Das Feld hält nun auf der Zielgeraden an. Nachdem Petrow geborgen ist, wird das Rennen noch einmal freigegeben.

Runde 73: Vettel gewinnt auf frischen Reifen - er durfte während der Unterbrechung die Pneus wechseln - den Restart locker, aber im Mittelfeld räumt Hamilton Maldonado ab. Was für ein verkorkstes Rennen für ihn!

Ziel: Es ist vorbei. Vettel fährt seinen ersten Monaco-Sieg auf den frischen superweichen Reifen sicher nach Hause. Alonso und Button bleiben hinter ihm. Webber geht noch an Kobayashi vorbei und rettet Platz vier ins Ziel.

Mann des Rennens: Sebastian Vettel. 56 Runden mit einem Reifensatz - und dann das Rennen gewonnen. Ein Wort: Wahnsinn. Den Red Bull über so eine Distanz durch die Leitplanken von Monaco zu tragen und dann noch Alonso und Button über so lange Zeit hinter sich zu halten, ist ein Ritterschlag. Er hätte an die Box kommen und den sicheren dritten Platz mitnehmen können, aber er wollte unbedingt zum ersten Mal in Monaco gewinnen. Natürlich hat ihm die Unterbrechung kurz vor Schluss sehr geholfen, aber dieses Glück hat er sich vorher verdient.

Flop des Rennens: Mercedes. Was für ein Desaster! Es ging am Start los, als ausgerechnet der Blitzstarter Schumacher beim Losfahren patzte, weit zurückfiel und dann auch noch mit Hamilton aneinander geriet. Es folgte ein Reifen-Debakel sowohl bei Schumacher als auch bei Rosberg. Schumacher klagte über Funk über Graining an den Hinterreifen. Ein Problem, das es in Pirelli-Zeiten noch nie gab. Entsprechend wehrlos waren beide Fahrer sogar gegen eigentlich deutlich schwächere Autos. Der Ausfall von Schumacher wegen eines Defekts war noch die Krönung. Mercedes wollte eigentlich in Monaco im Rennen stärker sein als im Qualifying. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten.

Manöver des Rennens: Zweikampf zwischen Hamilton und Massa in Runde 33. Diesmal ist ein Manöver der Aufreger des Rennens, das nicht gut ausgegangen ist. Hamilton wird hinter Massa ungeduldig und hält in der Loews-Kurve gnadenlos rein. Massa spielt nicht mit und knallt ihm die Tür zu. Es kracht zwar, aber beide retten sich irgendwie durch die Kurve. Hamilton gibt sich nicht geschlagen und setzt sich im Tunnel neben den Ferrari. Ein irrwitziges Manöver. Massa gibt aber auch diesmal wieder nicht nach und bezahlt bitter dafür, weil er auf der dreckigen Linie nach außen in die Leitplanken rutscht. Gnadenlos, was die beiden sich da gegeben haben. Die Strafe gegen Hamilton geht in Ordnung.

Analyse: Die Pirelli-Reifen sind immer wieder für eine Überraschung gut. Nachdem sie in Istanbul und Barcelona für Vierstopp-Rennen gesorgt haben, waren sie in Monaco plötzlich sogar für Einstopp-Rennen gut.

Der Dramatik hat das aber keinen Abbruch getan - im Gegenteil! Der Monaco-GP 2011 war einer der spannendsten der jüngeren Vergangenheit. 2003 haben zuletzt drei Fahrer im direkten Duell um den Sieg gekämpft, damals gewann Juan Pablo Montoya vor Kimi Räikkönen und Michael Schumacher.

Über das Kräfteverhältnis der Teams untereinander lässt sich nach einem Rennen in Monaco nicht viel sagen, denn die Strecke ist nicht repräsentativ. Aber fahrerisch hat Vettel hier sein Meisterstück gemacht. Die großen Verlierer des Wochenendes sind Hamilton und Mercedes. Die Performance der Silberpfeile im Rennen war erschreckend.

Monaco hat durch die Unfälle von Nico Rosberg und Sergio Perez am Samstag und von Witali Petrow im Rennen am Sonntag aber leider auch gezeigt, dass das Stadtrennen trotz aller Sicherheitsvorkehrungen immer noch verdammt gefährlich ist.

LIVE-TICKER: Das Rennen in Monaco zum Nachlesen

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