Sebastian Vettel hat in Barcelona seinen schwersten und wohl wertvollsten Sieg der Saison gefeiert. In einem bis zur letzten Kurve spannenden Rennen entschied er ein rundenlanges Duell gegen Lewis Hamilton für sich und gewann mit 0,6 Sekunden Vorsprung.
"Ich habe die Zielflagge herbeigesehnt", sagte ein sichtlich erleichterter Vettel. "McLaren hat uns das Leben wirklich schwer gemacht. Deshalb bin ich umso glücklicher über den Sieg." Hamilton sagte: "Ich kann über das Ergebnis nicht enttäuscht sein. Am Ende war es sehr hart, Sebastian anzugreifen, weil der Red Bull in der schnellen letzten Kurve unglaublich stark war. Insgesamt haben wir aber einen tollen Job gemacht, wenn man bedenkt, dass unser Auto langsamer ist als der Red Bull."
Vettel hat in der Fahrer-WM nun stattliche 41 Punkte Vorsprung auf Hamilton, der Vettel als einziger Fahrer in Barcelona unter Druck setzen konnte. Dritter wurde nach einer grandiosen Aufholjagd Jenson Button im zweiten McLaren.
Webber und Alonso fallen zurück
Pole-Sitter Mark Webber fiel schon am Start auf Rang drei zurück und schaffte es am Ende als Vierter nicht einmal aufs Podium. Webber hing über weite Strecken des Rennens hinter Lokalheld Fernando Alonso fest.
Der Spanier hatte unter dem Jubel der Fans direkt nach dem Start sogar die Führung übernommen. Erst beim zweiten Boxenstopp konnte Vettel vorbeigehen. Am Ende war der Ferrari aber nicht schnell genug und Alonso wurde bis auf Rang fünf durchgereicht.
Kritik von Schumacher und Rosberg
Dahinter landete das deutsche Trio Michael Schumacher, Nico Rosberg und Nick Heidfeld. Schumacher gewann also das Mercedes-Duell und Heidfeld lieferte vom letzten Startplatz aus eine tolle Aufholjagd. Adrian Sutil wurde 13., Timo Glock landete auf Rang 19.
Trotz des Erfolgs gegen Rosberg war Schumacher im "Sky"-Interview nur bedingt zufrieden: "Es ist etwas besser gelaufen, als ich mir vorher gedacht habe. Damit kann man zufrieden sein. Es war das bestmögliche Resultat. Das beste Rennen kann ich nicht wirklich behaupten. Die Fahrerei und die Balance waren heute ein echter Krampf. Unsere Pace im Rennen war dürftig."
Rosberg wurde noch deutlicher: "Es hat nichts funktioniert heute. Der Heckflügel war defekt und ging nicht runter. Daher hatte ich Schwierigkeiten, jemanden zu überholen. Das Trinken hat nicht funktioniert, das Radio hat nicht funktioniert. Wir stehen insgesamt gut da, aber dieses Wochenende war für uns ein Rückschritt. Es fehlt insgesamt noch recht viel."
Heidfeld war dagegen mit seiner Aufholjagd sehr glücklich: "Wir hatten uns erhofft, in die Punkte zu fahren. Ein, zwei Runden mehr und es wäre Rang sechs geworden. Wenn man vom letzten Platz startet und als Achter ins Ziel kommt, kann man sehr zufrieden sein. Ich habe viele Autos überholt."
Schlüsselszenen des Rennens:
Vor dem Start: Heidfeld hat sich vom letzten Startplatz aus für die harten Reifen entschieden. Schumacher setzt auf weiche Pneus. Beide konnten frei wählen.
Start: Blitzstart von Alonso von Platz vier aus. Er saugt sich an Vettel heran und geht aus dem Windschatten innen an beiden Red Bull vorbei. Führung für den Spanier - die Fans toben! Vettel kommt auch gut weg und geht außen an Webber vorbei auf Platz zwei. Der Pole-Sitter ist nur noch Dritter. Schumacher kommt von Platz zehn aus sehr gut weg und ist schon Sechster vor Rosberg. Heidfeld kommt gut nach vorne und ist direkt 17.
Runde 10: Vettel kommt als erster Top-Pilot an die Box. Aber das Timing von Red Bull ist schlecht. Er kommt direkt hinter der Kampfgruppe Schumacher/Rosberg/Massa/Button raus. Er überholt zwar sehenswert und kompromisslos Button und Massa, aber er verliert zu viel Zeit, um Alonso zu schnappen. Der bleibt nach seinem Boxenstopp eine Runde später auf Platz eins.
Runde 11: Schumacher kommt mit Alonso an die Box und profitiert von einem mittelmäßigen Stopp von Petrow, Schumi macht einen Platz gut.
Runde 18: Wieder kommt Vettel als erster zum Stopp und diesmal passt es. Er hat freie Fahrt und nutzt die eine Runde, um an der Box an Alonso vorbeizugehen. Hamilton ist zwar noch vor ihm, aber der muss ja noch zum Stopp kommen.
Runde 24: Hamilton kommt einige Runden nach Vettel, Alonso und Webber zum zweiten Mal rein. Ein richtiger Schachzug, denn er schnappt sich Alonso und ist Zweiter. Dahinter hängt Webber hinter Alonso fest.
Runde 36: Buttons Reifen schonende Strategie zahlt sich aus. Er fährt innerhalb weniger Runden auf weichen Reifen an Webber und Alonso heran, die beide auf harten Gummis unterwegs sind. Mit zwei großartigen Manövern geht er erst an Webber und dann an Alonso vorbei. Er hat einfach viel mehr Grip.
Runde 53: Hamilton schließt auf Vettel auf und ist in Schlagdistanz. Vettel bekommt das Go von Red Bull, das zwischenzeitlich deaktivierte KERS wieder zu benutzen. Damit gelingt es ihm, sich auf der langen Zielgeraden gerade so gegen den McLaren zu verteidigen. Ein tolles Duell um den Sieg entwickelt sich.
Ziel: Hamiltons Kampf gegen Vettel ist vergebens. Der Weltmeister macht keinen Fehler und behauptet sich in einer harten Auseinandersetzung. Das war sein bisher schwerster und vielleicht auch wertvollster Sieg der Saison.
Mann des Rennens: Jenson Button. Ein Hammer-Rennen nach einem miserablen Start. Ohne KERS wurde Button von Startplatz fünf aus bis auf Rang zehn durchgereicht, nur um sich dann grandios durch das Feld zu kämpfen und trotzdem gleichzeitig die Reifen im Auge zu behalten. Er war der einzige aus der Spitzengruppe, der mit drei Stopps durchgekommen ist. Dazu hat er starke Überholmanöver gegen große Namen wie Schumacher, Webber und Alonso gezeigt. Im Rennen ist der Weltmeister von 2009 eine Macht.
Flop des Rennens: Mark Webber. Auch Felipe Massa ist ein unterirdisches Rennen gefahren, aber die Tragweite von Webbers Abschneiden ist größer. Endlich hatte er es im fünften Rennen geschafft, seine Nemesis Vettel im Qualifying einmal zu schlagen, doch dann hat er sich diesen Triumph gleich am Start zunichte gemacht. Danach war der Rest des Rennens verkorkst. Immer kam er gleichzeitig mit Alonso an die Box, nie konnte er ihn knacken. Folge: Webber hing fast das ganze Rennen über fest und konnte sein Potenzial nie abrufen. Erst beim letzten Stopp kam er endlich am Spanier vorbei. Bisher war er in den Rennen immer besser als im Qualifying, diesmal war es umgekehrt. In Punkto Momentum gegen Vettel ein verheerendes Ergebnis.
Manöver des Rennens: Runde 36, Button gegen Webber. Der beeindruckendste Beleg für das grandiose Rennen von Button. Er setzt sich mit weichen Reifen auf der Zielgeraden außen neben Webber und bleibt auf der Bremse gnadenlos auf seiner Linie. Webber hält in der schnellen ersten Kurve dagegen und beide kommen sich gefährlich nah. Zentimeter entscheiden über Crash oder nicht Crash, aber es geht gut und Button setzt sich durch. Ein typisches Button-Manöver - hart, aber fair.
Analyse: So überlegen Red Bull im Qualifying ist, im Rennen geht es deutlich enger zu. McLaren kann den Rennspeed der Bullen mitgehen. Das hat vor allem Hamilton gezeigt, aber auch Buttons Rennen hat bewiesen, dass der Abstand zwischen Red Bull und McLaren entgegen der Quali-Eindrücke doch nicht größer geworden ist. Das ist gut für die Spannung in der weiteren Saison.
Red-Bull-intern war der erneute Sieg von Vettel trotz der Pole-Position von Webber ein weiteres klares Zeichen, wer die Nummer eins im Team ist. Webber schwimmen langsam die Felle davon.
Es ist aber auch klar, dass Red Bull und McLaren mittlerweile in einer eigenen Liga fahren. Alonso konnte im Rennen den Speed der beiden anderen Teams nicht annähernd mitgehen. Auch sein Raketenstart konnte ihn nicht retten. Mit den harten Reifen geht beim Ferrari nichts. Bei Massa schon gar nicht. Seine Vorstellung war erschreckend, anders kann man das nicht nennen. Außer den beiden Red Bull und den beiden McLaren wurden alle Autos überrundet.
Mercedes hat im Rahmen seiner Möglichkeiten ein anständiges Rennen absolviert, aber der Rückstand auf Red Bull und McLaren ist frappierend. Beide Autos sind überrundet worden. Von Siegen und sogar Podestplätzen sind die Silberpfeile also noch weit weg. Immerhin hat Schumacher seine Kritiker mit dem Sieg im Teamduell etwas ruhig gestellt.
Ein Lob noch für Nick Heidfeld, der sich vom letzten Platz aus geduldig und mit einigen guten Manövern sicher in die Punkte gekämpft hat.