Die Viper tritt Edges Erbe an

Von Maurice Kneisel
Bei SmackDown wird Randy Orton neben dem Undertaker das neue Aushängeschild
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Der WWE-Draft 2011 ist vorbei und viel hat sich getan. Gleich 28 Superstars haben den Kader gewechselt und werden den beiden Shows ein völlig neues Gesicht geben. SPOX wirft einen genaueren Blick auf das Event und analysiert, wer die großen Gewinner sind - und wer auf der Strecke bleiben könnte.

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In der vergangenen Nacht fand bei Raw aus Raleigh, North Carolina der WWE Draft statt. Ursprünglich erst im Juni geplant, wurde das alljährliche Roster-Tauschen infolge des überraschenden Karriereendes von SmackDown-Superstar Edge vorgezogen, um die Lücken in beiden Kadern zu schließen.

Sinn des Drafts ist es, die Roster von SmackDown und Raw aufzulockern, um so neue Fehden zu ermöglichen und WWE-Superstars, deren Entwicklung stagniert ist, in der anderen Show eine neue Chance zu ermöglichen. 28 Leute wechselten letzten Endes tatsächlich das Lager, dabei gingen zwölf Superstars und Diven zu Raw, 16 zu SmackDown.

Zweifachwechsler John Cena

Hat irgendjemand ernsthaft geglaubt, dass das Aushängeschild der WWE zur sogenannten B-Show wechselt? Vermutlich nicht, aber es wurde nicht schlecht verkauft. Cena wurde als erster Pick des Abends zu SmackDown gedraftet, nur um zum Ende der Show wieder bei Raw zu landen. Der intendierte Effekt hierbei ist klar: Man wollte - und das nicht ohne Erfolg - einen Schockmoment schaffen, der die Zuschauer von Anfang bis Ende mitfiebern lässt.

Letzten Endes bleibt der Doctor of Thuganomics bei Raw, und das ist auch gut so. Niemand in der WWE polarisiert so stark wie John Cena, und ob man ihn nun mag oder nicht: Er sorgt wie wohl kein Zweiter für Einschaltquoten und Zuschauerreaktionen. Zudem ist der Mann aus West Newbury, Massachusetts auch am Mikro ein absoluter Könner, was für die Live-Show am Montag Gold wert ist.

Zwar stand Cena mit den meisten Leuten bei Raw schon im Ring, aber das wäre bei SmackDown nicht sonderlich anders gewesen. Zudem könnte uns schon bald eine frische Fehde ins Haus stehen: John Cena vs. Alberto del Rio.

Raw

Neuzugänge: Rey Mysterio, Alberto del Rio, The Big Show, Jack Swagger, Kelly Kelly, JTG, Drew McIntyre, Curt Hawkins, Chris Masters, Kofi Kingston, Tyler Reks, Beth Phoenix

Zu Beginn der Sendung wirkte das WWE-Flagschiff wie der große Verlierer des Abends, aber rückblickend wird man den Eindruck nicht los, dass Raw wieder Mal das bessere Ende für sich hatte. Was die Meisten dabei übersehen: Es sind nicht nur letzte Nacht die insgesamt größeren Namen zum roten Brand gewechselt.

Bereits Anfang März erhielt Raw mit Dolph Ziggler ein echtes Juwel. Der Wechsel des ehemaligen Elf-Minuten-Welt-Schwergewichts-Champions geschah zwar unabhängig vom Draft, gibt der Show aber einen weiteren potentiellen Upper-Cardler. Ganz zu schweigen davon, dass man nicht den Verlust eines Mannes von Edges Kaliber kompensieren muss.

Der Wechsel gleich zweier südamerikanischer Superstars zu Raw kam etwas überraschend, da SmackDown seit vielen Jahren bei den Latein-Amerikanern deutlich populärer ist. Dies dürfte sich nun ändern, denn mit Rey Mysterio hat Raw einen der beliebtesten WWE-Superstars überhaupt geholt, der die dank Cena ohnehin schon starken Merchandise-Verkäufe weiter in die Höhe schnellen lassen dürfte.

Allerdings fühlt man sich automatisch an den Draft 2008 erinnert. Damals landete das 1,68 Meter große Technikwunder ebenfalls bei Raw, sein Aufenthalt dauerte aber nur ein Jahr. Wirklich in Erinnerung blieben dabei eigentlich nur sein Intercontinental-Champion-Titelgewinn bei WrestleMania XXV zehn Monate später sowie die anschließende Fehde mit Chris Jericho, im WWE-Champion-Titel-Rennen platzieren konnte er sich während dieser Zeit aber nicht.

Kein Draft ohne The Big Show. Der Hüne wechselte bereits 2009 und 2010 jeweils und wird sich auch dieses Mal wieder nahtlos in die erweiterte Upper Card einfügen. Wie sehr ihn der neuerliche Wechsel freut, ist allerdings fraglich, schließlich verriet Big Show kürzlich im SPOX-Interview, dass sein Herz für SmackDown schlägt. Weitere Tiefe auf der Face-Seite erhält Raw durch Kofi Kingston, der allerdings auch hier nicht den großen Sprung zum Haupttitel schaffen dürfte.

Ein Volltreffer sollte derweil Alberto del Rio werden. Der Mexikaner sprüht nur so vor Charisma und passt mit seinem spektakulären Ringeinzug inklusive der fetten Schlitten perfekt in die Live-Show. Von den Anlagen her hat er absolut das Zeug, sich dort als Topstar zu etablieren. Auch für Drew McIntyre könnte sich der Wechsel lohnen. Zwar wird er bei Raw reichlich Konkurrenz haben, aber bei SmackDown schien er bereits seit längerem zu stagnieren. Ein Neuanfang war hier dringend nötig.

Fazit: Letztlich war es ein durchwachsener Draft für Raw. Zwar stehen sie durch den letztlichen Verbleib von Cena kaum schlechter da als zuvor, haben dazu insgesamt die größeren Namen geholt. Aber mit Randy Orton ist das zweitgrößte Babyface der Liga gewechselt, eine Lücke, die Rey Mysterio nun ausfüllen muss. Ob dies - im Gegensatz zu 2008 - gelingt, bleibt abzuwarten.

Alberto del Rio ist hingegen ein klarer Gewinn für die A-Show. Einziges Fragezeichen bleibt die Tiefe auf der Heel-Seite: Mit The Miz, del Rio, CM Punk, Ziggler, Jack Swagger, McIntyre sowie dem frisch geturnten R-Truth hat Raw ein Überangebot an Bösewichtern. Del Rio hat allemal das Potential, sich auch gegen diese Konkurrenten durchzusetzen, aber ein Turn von einem oder mehreren der Genannten scheint auf lange Sicht unerlässlich.

SmackDown

Neuzugänge: Randy Orton, Mark Henry, Sin Cara, Daniel Bryan, The Great Khali, Jimmy & Jey Uso, Alicia Fox, William Regal, Yoshi Tatsu, Natalya, Ted DiBiase, Tyson Kidd, Tamina, Alex Riley, Sheamus

Nach dem Rücktritt von Edge musste jemand die Nachfolge als Vorzeige-Babyface ausfüllen, und die wahrscheinlichste Lösung schien Randy Orton zu sein. Umso überraschender kam der vermeintliche Doppelwechsel der Viper gemeinsam mit John Cena, durch den SmackDown fast schon überladen gewirkt hätte.

Orton ist das ideale neue Aushängeschild für SmackDown und kann sich nun weiterentwickeln, ohne im Schatten von Cena zu stehen. Auch hinter ihm hat sich auf der Face-Seite viel getan: Abgesehen vom angeschlagenen Undertaker, Christian und - falls man ihn überhaupt als Face sehen will - Kane finden sich dort ausschließlich Neuzugänge.

Der herausragende Mann hierbei ist natürlich Sin Cara, der die lateinamerikanischen Fans auch nach dem Abgang von Mysterio zum Einschalten bewegen wird. Der Mexikaner ist ein menschliches Highlight-Reel und passt ebenso perfekt in den action-lastigeren Kader wie der technisch brilliante Daniel Bryan. Letzterer war nach dem Verlust des United-States-Champion-Titels zuletzt meist im Team mit Santino Marella zu sehen und drohte, zum Comedy-Charakter zu verkommen.

Einen echten Knaller landete SmackDown mit dem letzten Pick: Sheamus wechselt zur blauen Show. Der Celtic Warrior, der zwar zweimal den WWE-Champion-Titel gewann, sich aber nicht konstant im Rennen festsetzen konnte, dürfte hier nochmal eine Schippe drauflegen. Durch die Abgänge von Ziggler, del Rio, Swagger und McIntyre hat die Show deutlich an Tiefe auf der Heel-Seite verloren, aber Sheamus dürfte diese Lücke füllen können.

Fazit: Der SmackDown-Kader ist tiefer geworden, zudem hat die Show mit Randy Orton wieder einen unumstrittenen Superstar, durch den die Sendung auch in Abwesenheit des Undertakers weiterhin attraktiv ist. Große Gewinner des Drafts dürften Sin Cara, Daniel Bryan und Yoshi Tatsu sein, die allesamt mehr durch ihre Fähigkeiten im Ring als durch ihre Arbeit am Mikrofon glänzen und dementsprechend die Match-Qualität bei den Blauen weiter hoch halten werden.

Ein Volltreffer dürfte der Draft auch für Ted DiBiase sein, der unlängst noch im SPOX-Interview erklärte: "Ich wäre glücklich, wenn ich zu SmackDown geschickt würde. Ich betrachte den Draft als ausgezeichnete Möglichkeit, und es wäre toll, dort noch einmal neu anfangen zu können." Eine Luftveränderung war für ihn noch nötiger als für McIntyre, zudem ist auch interessant, dass er nun mit seinem ehemaligen Tag-Team-Partner Cody Rhodes wiedervereint ist.

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