Der Spaß ist dem Frust gewichen

SID
Tommy Haas verliert mehr und mehr die Lust aufs Weitermachen
© getty

Hat Tommy Haas den Absprung verpasst? Nach seiner fünften Erstrunden-Niederlage in Folge wirkte der 39-Jährige in Kitzbühel müde und ausgebrannt. Fraglich ist, ob Haas erneut die Kraft für einen großen Abschied aufbringen kann.

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Kitzbühel gehört für Tommy Haas zu "den schönsten Orten der Welt". In den Tiroler Alpen besitzt der weitgereiste Tennisprofi ein Ferienhaus, hier fühlt sich der Wahl-Kalifornier wohl. Am Dienstagabend zogen jedoch dunkle Wolken über dem Urlaubsparadies auf, und Haas' Miene verfinsterte sich. Ohne jegliche Ankündigung platzte der aufgestaute Frust aus ihm heraus. Die zahlreichen Pleiten auf seiner Abschiedstour haben Haas offensichtlich stärker zugesetzt, als er lange zugeben wollte.

"Das ist ein Scheißgefühl. Ich spiele nicht mehr das, was ich kann", schimpfte Haas nach dem 3:6, 6:7 (4:7) gegen Jan-Lennard Struff (Warstein): "Es kann gut sein, dass es mein letztes Match war."

Sieht so also das Ende der langen Laufbahn des erfolgreichsten deutschen Spielers der Nach-Becker-Ära aus? Eine schnöde Erstrunden-Niederlage bei einem Sandplatzturnier in Österreich, um das Haas 18 Jahre lang einen großen Bogen gemacht hatte. Bei der anschließenden Presserunde waren Ernüchterung und Unzufriedenheit des Protagonisten auf dem Podium mit Händen zu greifen. Es ist kaum zu glauben.

Kraft geht zur Neige

"Ich werde eine Pause machen und dann überlegen, ob es Sinn macht, noch einmal zu spielen", sagte Haas. Körperlich und mental werde es nicht einfacher, zudem fehlen ihm die Ziele. Zeit seiner Karriere jagte er (vergeblich) den größten Titeln hinterher, seit einigen Jahren motiviert ihn die Aussicht auf einen glanzvollen Abschied, Tag für Tag zum Training oder - viel zu oft - ins Rehazentrum zu fahren. Mit 39 Jahren und auf der Zielgeraden in Richtung Ruhestand geht Haas anscheinend die Kraft aus.

Er selbst warf in Kitzbühel die Frage auf, ob er seinen Rücktritt zu lange hinausgezögert habe. Seit seinem Comeback im Januar ist Haas auf die Gnade der Turnierdirektoren angewiesen. Ohne eine Wildcard kommt der frühere Weltranglistenzweite in kein Hauptfeld. Mithalten kann er nur noch selten mit den Konkurrenten, die oftmals gerade erst geboren waren, als Haas seine beste Zeit auf der ATP-Tour erlebte. Immer wieder streikt der Körper, geschunden nach neun Operationen an der Schulter, der Hüfte und den Füßen.

Nach einigen Wochen in Europa mit zuletzt fünf Niederlagen in Folge, aber auch einem letzten großen Sieg über Roger Federer in Stuttgart verlässt Haas die Alte Welt, um im Kreise seiner Familie in Los Angeles aufzutanken. Hat sich der erste Frust gelegt, wird er seinen Blick auf die US Open in New York richten, das Turnier, bei dem er vor 21 Jahren sein Grand-Slam-Debüt gegeben hatte. Auch "ein Hallenturnier wie Wien", wo er 2013 seinen letzten von 15 Titeln geholt hatte, "würde wahrscheinlich Spaß machen", sagte Haas. Ein Abschied ohne Ärger oder Bedauern wäre ihm zu wünschen.

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