Pro Thiem - oder pro Nadal?

Wer wird am Sonntag auf dem Chatrier spielen?
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Von Jens Huiber

Pro: Dominic Thiem wird am Freitag Geschichte schreiben

Der Sieg gegen Novak Djokovic kann für Thiem wirklich eine Initialzündung gewesen sein: Erstaunlicherweise liegt ihm das Spiel des Weltranglisten-Zweiten wesentlich schlechter als das von Nadal. Die bisherige Saison von Thiem ist von einer steten Verbesserung geprägt: Australien durchschnittlich, Rotterdam aufgrund einer kleinen Verletzung ebenfalls, dann der Sieg in Rio (ohne dort einen vor ihm platzierten Spieler schlagen zu müssen), in Indian Wells gegen Wawrinka ganz knapp dran, dann der einzige wirkliche Aussetzer gegen Coric in Miami.

Seitdem aber: Ein sehr gewinnbares Match gegen Goffin in Monte Carlo, Finale Barcelona, Finale Madrid, Halbfinale Rom. Dreimal Nadal, nur ein Satz war dabei nicht umkämpft, der zweite in Barcelona. Thiem wird das gesamte Turnier in Rom nicht überbewerten, weder die Matchbälle, die er gegen Querrey abwehren musste, noch die Partien gegen Nadal und Djokovic. Aber: Wenn Thiem "normal" spielt, wie er es in Madrid im Finale eigenen Angaben nach gemacht hat, ist er mit Nadal auf Augenhöhe.

Der Maitre-Faktor

Die Verbesserungen, die Dominic Thiem seit dem letzten Jahr in seinem Spiel gemacht hat, sind signifikant: Vor allem beim Return. Thiem variiert seine Position, blockt mit Vorhand und Rückhand, kann aber auch zwei Meter hinter der Grundlinie das Spiel eröffnen. Thiem setzt den Slice nicht als Notschlag, sondern als taktisches Mittel ein. Sein Aufschlag ist noch variabler geworden.

All das darf man der Zusammenarbeit mit Günter Bresnik zuschreiben, den die L´Équipe am Dienstag zum "Maitre Günter" geadelt hat. Wer Coach und Spieler in diesen Tagen in Paris beobachtet, sieht eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, es werden Übungseinheiten unterbrochen, um einzelne Spielzüge zu besprechen. Thiem braucht keinen "Supercoach", solange es der Günter mit ihm aushält. Sagt er. Günter Bresnik hält es sehr gut mit seinem Spieler aus. Und wird ihm die richtigen Tipps mit auf den Weg geben. Das betrifft auch den Umgang mit dem Chatrier, auf dem Thiem erst ein einziges Match bestritten hat.

Der Faktor Physis

Wenn man Rafael Nadal aus der Nähe beim Training zusieht, wirkt der Tennisplatz um einiges kleiner als vom Regelbuch eigentlich vorgeschrieben. Der Spanier ist erstaunlich groß, der linke Oberarm braucht keinen Vergleich mit dem Oberschenkel eines Radlers bei der Tour de France zu scheuen. Tatsächlich hat sich aber Dominic Thiem gerade in dieser Hinsicht ebenfalls unheimlich verbessert, sein Physio Alex Stober spricht von einem perfekt ausbalancierten Körper.

Thiem hat bis jetzt zwar zwei Stunden länger gespielt als Nadal, bei einer Turnierdauer von mittlerweile knapp zwei Woche wird dies am Freitag nicht ins Gewicht fallen. Thiem ist in dieser Hinsicht in eine Liga mit etwa Andy Murray aufgestiegen, auch wenn der Schotte deutlich athletischer ist. Er lässt sich von Nadal nicht mehr überpowern. Wenn er sich so leichtfüßig bewegt wie, da ist es wieder, in Rom, stehen die Chancen ausgezeichnet, dass Dominic Thiem am Freitag als zweiter Österreicher nach Thomas Muster 1995 in das Finale eines Grand-Slam-Turniers einzieht.

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