Kracht es in Washington?
Es ist eine der spannendsten Fragen der Saison: Wie kommt Washingtons neuer, defensiv-orientierter Coach Barry Trotz mit Superstar Alex Ovechkin zurecht? Zweifellos eine Beziehung mit Pulverfass-Potential: Trotz formte die Nashville Predators über die vergangenen 15 Jahre zu einem überraschend defensivstarken Team, während Ovechkin in der Vorsaison das Kunststück schaffte, die Liga mit 51 Treffern anzuführen und gleichzeitig ein Defensive Rating von - 35 zu verzeichnen.
Damit würde er seinen neuen Coach wohl zur Weißglut treiben. Immerhin trafen sich beide während der Offseason mehrfach, um die Zusammenarbeit positiv zu beginnen. "Er ist ein ehrlicher, offener Mann. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir gut miteinander auskommen werden - so wie es bei mir bisher immer mit Trainern war. Er ist der Chef. Er wird uns sagen, was wir machen müssen, um erfolgreich zu sein", gab sich Ovechkin - zumindest erst einmal - unterwürfig.
Trotz fügte hinzu: "Jeder denkt, dass ich aus ihm den kommenden Selke-Award-Gewinner mache. Das wäre aber kontraproduktiv. Ich will seine Gabe, Tore zu schießen, nicht missachten. Ich will einfach, dass er defensiv arbeitet und auch darauf stolz ist, den Puck zurückzuholen. Das habe ich mit ihm besprochen."
Eine 180-Grad-Drehung fordere er nicht von seinem Superstar, so Trotz weiter. Dennoch will er Ovechkin auf die linke Seite ziehen und so die Tür für mehr Einsatzzeiten von Troy Brouwer, Joel Ward, Tom Wilson und Eric Fehr öffnen: "Zu Beginn des Trainingslagers würde ich sagen, dass ich zur linken Seite tendiere. Er bewegt sich auf dieser Seite wesentlich besser, er kann dann besser in die Tiefe gehen. Ich will ihn mehr auf dem Flügel einsetzen."
Trotz gab zu, dass sich sein Bild von Ovechkin bereits gewandelt habe: "Wenn du die Spieler und die Situation nicht kennst, ist es leicht, Dinge zu verurteilen und von falschen Voraussetzungen auszugehen. Wenn man dann lernt, wie sie ticken und was ihnen wichtig ist, sieht man sie in einem anderen Licht." Wie stabil das Verhältnis tatsächlich ist, könnte im Laufe der Saison auf die Probe gestellt werden.
Wie geht die Johansen-Saga weiter?
"Es macht keinen Sinn. Wenn man sich die Zahlen anschaut, die uns an den Kopf geworfen werden, sollten wir nicht einmal darauf antworten. So schlimm ist es. Es ist peinlich. Und wenn der Junge streikt, dann streikt er eben. Ich frage mich, ob sein Berater ihm das Geld erstattet, das er durch einen Streik verliert."
Wenn ein Präsident, in diesem Fall Blue-Jackets-Boss John Davidson, eine solche Aussage drei Wochen vor dem Start der Regular Season über seinen Restricted-Free-Agent Star-Center tätigt, ist klar: Es liegt einiges im Argen. Die Ryan-Johansen-Seite und Columbus sind in ihren Vertragsgesprächen noch extrem weit auseinander, Medien berichten von einer Diskrepanz in Höhe von drei Millionen Dollar pro Jahr. Der Klub bietet demnach rund drei Millionen Dollar für zwei Jahre, Johansen will rund 6,5.
Derzeit scheint es nicht denkbar, dass eine Seite einknickt. Johansen (63 Scorerpunkte in 82 Spielen letztes Jahr) will angemessen - oder auch ein bisschen darüber hinaus - entlohnt werden und sprach angesichts des ersten Angebots von einem "Schlag ins Gesicht": "Ich hatte eine wirklich gute NHL-Saison. Ich bin ein typischer Franchise-Center mit herausragenden Fähigkeiten und erst 22 Jahre alt. Ich werde noch lange spielen. Das habe ich in der letzten Saison mit meinen 33 Toren bewiesen, also zahlt mir das, was ich auch wert bin."
Die Blue Jackets auf der anderen Seite sehen ihre große Stärke in der Ausgeglichenheit der Mannschaft sowie der Kadertiefe - die soll nicht mittelfristig aufs Spiel gesetzt werden. Gleichzeitig aber können sie auf den 22-Jährigen, der immerhin noch auf Jahre ein entscheidender Teil des Teams sein könnte, eigentlich nicht verzichten.
Schon jetzt haben die verhärteten Fronten genügend Schaden angerichtet, immerhin verpasst Johansen eine Menge Trainingseinheiten. Von einer Vertrauensbasis kann kaum noch die Rede sein. Der Ausgang des Streits ist nach wie vor komplett offen und selbst bei einer Einigung ist das Verhältnis mehr als belastet.
Wie läuft Draisaitls erste Preseason?
Der 19-jährige Deutsche, der als dritter Spieler im Entry Draft gewählt wurde und Mitte August einen Dreijahresvertrag in Edmonton unterschrieb, hat im Training sowie in den ersten Testspielen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Vor allem beim Four-Team-Rookie-Turnier gegen die Winnipeg Jets bot Draisaitl eine Show auf dem Eis. Derzeit weilt er im Trainingslager - und seine Aktien steigen.
"Er hat getan, was er tun musste. Er hat ein herausragendes Spielverständnis gezeigt, und das erwartet man von einem solchen Spieler auf diesem Level. Damit können wir hinter die erste Box seiner To-Do-Liste einen Haken setzen", freute sich Oilers-Geschäftsführer Craig MacTavish: "Er weiß, was er mit dem Puck anstellen will, noch bevor er ihn bekommt."
MacTavish erwartet Großes von dem gebürtigen Kölner: "Er ist über den Sommer hier geblieben und hat trainiert, aber wir müssen auch aufpassen, dass wir ihn in manchen Matchups beschützen. Jeder, der vor dem Training Camp zu wissen meint, ob Leon definitiv bereit ist oder nicht, ist naiv."
Doch klar ist schon jetzt: Der Sommer in den USA hat sich ausgezahlt. "Ich hatte etwa 97 Kilo vor dem Sommertraining drauf. Jetzt müssten es so 110 Kilo sein. Es war das Ziel, durch Krafttraining zuzulegen. Ich muss gut beieinander sein, denn es wird hart in der NHL", betonte Draisaitl zu Wochenbeginn.
Die Frage ist, ob das den Oilers reicht, um mit ihm als Nummer-2-Center in die Saison zu gehen. Glaubt man dem Teenager, so besteht daran kein Zweifel: "Ich denke, die Oilers rechnen mit mir als Stammspieler. Wenn ich mir treu bleibe, mein Spiel spiele und weiter hart und konsequent an mir arbeite, werde ich ins Team kommen."
Was wird aus der Captain-Situation in Montreal und San Jose?
Einen Achtjahresvertrag über 72 Millionen Dollar gaben die Montreal Canadiens P.K. Subban Anfang August, das Kapitänsamt dagegen wollten sie dem 25-Jährigen zum Start der neuen Saison nicht anvertrauen. Da Captain Brian Gionta den Klub verlassen hatte, stehen die Canadiens vorerst ohne Captain da - und werden das auch nicht ändern.
Wie das Team am Montag mitteilte, wird es ohne klaren Boss auf dem Eis in die neue Saison gehen. Stattdessen bestimmte man vier Ersatzkapitäne. die Verteidiger Subban und Andrei Markov sowie die Stürmer Max Pacioretty und Tomas Plekanec. Damit vermeiden die Sharks geschickt eine womöglich delikate Diskussion. Gleichzeitig werden auf diese Weise mehrere Leistungsträger in die Pflicht genommen, bis Subban auf in diese Rolle hineinwächst.
Dennoch wird es spannend sein zu sehen, wie und von wem das Team letztlich in schwierigen Spielen auf dem Eis geführt wird. Subban wäre auf den ersten Blick die logische Wahl gewesen, andererseits würde man so den Druck erhöhen und den ohnehin vorhandenen Kritikern zusätzlich potentielles Futter wegen möglicher Fragen nach seinem Führungsstil geben.
Die San Jose Sharks haben ihren bisherigen Captain zwar noch auf dem Eis - sein Amt ist Joe Thornton allerdings los. Head Coach Todd McLellan erklärte, man werde ohne Captain ins Training Camp gehen. Wer die Position übernehme, sei offen - es könne auch erneut Thornton sein.
"Wir werden dieses Jahr 23 Kapitäne haben. Es ist egal, wer das letztlich macht. Wir alle müssen Anführer sein", gibt der geschasste Thornton mannschaftsdienlich die Richtung vor: "Ich selbst werde einfach jeden Tag hart arbeiten, so wie ich es immer gemacht habe. Ich ändere absolut nichts." Ein Kandidat auf seine Nachfolge ist Forward Logan Couture, der in der letzten Saison auf 54 Scorerpunkte kam. "Ein Buchstabe auf deiner Brust ändert gar nichts", gibt sich der 25-Jährige betont gelassen. Im Gegensatz zu Montreal wird hier wohl in Kürze eine Entscheidung fallen.
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