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NFL: Jacksonville Jaguars auf Shoppingtour - Teuer ist nicht gleich gut

Christian Kirk spielt künftig für die Jaguars.
© getty

Die Free Agency ist inoffiziell einen Tag alt und die Jacksonville Jaguars haben direkt mal für den größten Splash gesorgt. Doch zeigten sich dabei auch die Tücken des Marktes für ein Team, das schon länger auf Erfolg wartet.

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Die Jaguars verschwendeten am Montag keine Zeit und machten direkt mit zahlreichen Free Agents - anderer Teams wohl gemerkt - Nägel mit Köpfen. Sie schockten die Konkurrenz mit der Verpflichtung von Wide Receiver Christian Kirk für 4 Jahre und 72 Millionen Dollar. Sie holten sich den wohl besten Guard auf dem Markt in Brandon Scherff und anschließend folgten noch zwei weitere Receiver und Verteidiger.

Bis auf Scherff fällt allerdings auf, dass die Jaguars für ihre aggressiven Deals zwar ordentlich gezahlt haben, dafür aber nicht unbedingt die Elite auf den jeweiligen Positionen herangeholt haben. Und das geht schon bei Kirk los.

Kirk war ein Zweitrundenpick der Arizona Cardinals im Draft 2018 und hat seine Stärken vor allem im Slot mit Deep-Potenzial. Doch kann man von ihm eigentlich nicht behaupten, dass er in den vergangenen vier Jahren seinen Durchbruch geschafft hätte. Und erst im vierten Jahr gelang es ihm erstmals, die 800-Yard-Marke zu überqueren (982 Yards). Sein vorheriges Career-High waren 709 Yards in der Saison 2019.

In einer Offense, die sehr aufs Passspiel ausgerichtet ist, war er nie mehr als ein besserer Mitläufer. Und für ihn dann einen derart hochdotierten Vertrag, der maximal 84 Millionen Dollar wert sein kann, auszuhändigen, ist schon kurios.

Gleiches gilt auch für Linebacker Foyesade Oluokon, der zwar im Vorjahr die Liga mit 192 Tackles anführte, zuvor aber erst in seinem dritten Jahr bei den Falcons überhaupt zur Stammkraft wurde. Er bekam einen Vertrag über 3 Jahre und 45 Millionen Dollar.

Die Deals für Zay Jones und Evan Engram waren hingegen mehr oder minder marktgerecht, werfen aber die Frage auf, warum man so viele Ressourcen in ein und dieselbe Position gesteckt hat - Slot-Receiver, zumal mit Laviska Shenault oder Returner Jamal Agnew ohnehin schon Spieler mit insgesamt ähnlichen Skills vorhanden waren.

Jacksonville Jaguars: Free-Agent-Deals 2022

SpielerPositionVorheriges TeamsVertragsjahreGehalt (Dollar)
Christian KirkWide ReceiverCardinals472 Millionen
Brandon ScherffGuardCommanders349 Millionen
Foyesade OluokunLinebackerFalcons345 Millionen
Folorunso FatukasiDefensive TackleJets330 Millionen
Zay JonesWide ReceiverRaiders324 Millionen
Evan EngramTight End/Wide ReceiverGiants19 Millionen

Aus rein sportlicher Sicht stellt sich zunächst mal die Frage, was die Jaguars hier vorhaben. SIe haben mit Doug Pederson einen neuen Head Coach, der ganz andere Vorstellungen von Offense hat als zuletzt Urban Meyer. So viel ist klar. Und das Hauptaugenmerk bei diesen frühen Transfers liegt auf der Hand - das Potenzial von Quarterback Trevor Lawrence soll in dessen zweiter Saison maximiert werden.

Und das macht auch Sinn, denn die frühen Jahre eines Quarterbacks gilt es bekanntermaßen auszunutzen, denn spätestens ab dem sechsten Jahr wird ein solcher richtig teuer. Jetzt jedoch hat man noch genügend Ressourcen, um um ihn herum aufzubauen. Und da Meyer kein sonderlich stabiles Gerüst hinterlassen hat und General Manager Trent Baalke, der immer noch im Amt ist, keine sonderlich guten Offseasons hinter sich hat, ist Eile geboten.

Bereits vor einer Woche wurde Left Tackle Cam Robinson zum zweiten Mal in Serie per Franchise Tag gehalten, zudem wurde mit Scherff das Zentrum der Offensive Line stabilisiert. Protection für Lawrence ist die Grundlage für Erfolg und es ist nicht auszuschließen, dass sie mit dem ersten Pick im Draft erneut an die Offensive Line gehen.

Im zweiten Schritt wurde dann ein klares Defizit in Lawrences Spiel aus der Vorsaison identifiziert und attackiert - laut Next Gen Stats waren Lawrences Pässe über kurze und mittlere Distanzen (1-20 Air Yards) meist unterdurchschnittlich bis höchstens durchschnittlich produktiv. Gerade die Pässe innerhalb der Hash Marks und nach links waren sogar richtig schlecht. Die Lösung? Mehr Qualität über die Mitte.

Trevor Lawrence tat sich 2021 schwer mit Pässen über die Mitte und auf die linke Seite.
© Nect Gen Stats
Trevor Lawrence tat sich 2021 schwer mit Pässen über die Mitte und auf die linke Seite.

Jacksonville Jaguars: Fokus liegt auf der Mitte

Damit erklärt sich, warum so viel Wert auf Slot-Receiver gelegt wurde. Und gerade Kirk und Jones, die auch sehr schnell sein können, dürften Lawrence dabei helfen, konstanter über mittlere Distanzen und auch Deep Balls zu werden. Engram ist zudem einer, der zwar als Tight End gelistet wird, aber von Teams in dieser Offseason hauptsächlich als Slot-Guy betrachtet wurde. Und über die Mitte und in Space ist er durchaus ein fähiger Passempfänger.

Was natürlich fehlt in dieser Gruppe, ist der klare X-Receiver. Das wäre Free Agent D.J. Chark. Umso überraschender ist es, dass man mit Kirk und Jones zwei Spieler holte, die theoretisch als Outside Receiver fungieren können. Chark war bis zu seiner verletzungsbedingt stark verkürzten Saison 2021 ein Leistungsträger dieser Jaguars-Offense und eigentlich die Nummer 1 im Receiving Corps gegenüber von Nummer 2 Marvin Jones, der bei einem Abgang Charks womöglich für seine Qualitäten zu sehr in den Fokus rücken müsste.

Defensiv wiederum ist jedwede Hilfe ohnehin gern gesehen und bitter nötig. Die Jaguars rangierten auf Rang 31 in Defense DVOA laut Football Outsiders (11,8 Prozent) und hatten speziell gegen den Pass so ihre Probleme. Warum dann gerade Foyesade Oluokun verpflichtet wurde, lässt sich daraus ableiten, dass er zuletzt sehr aggressiv gegen den Pass agierte und es in den vergangen zwei Jahren auf 5 Interceptions und 10 Pass-Deflections gebracht hat. Seine Coverage Skills haben sich in den vergangenen vier Jahren verbessert, sind aber weiter nicht herausragend - auf 63 Targets ließ er in der vergangenen Saison ein Passer Rating von 89,9 zu.

Die Verpflichtung von Folorunso Fatukasi hingegen ist da schon nicht mehr ganz so leicht nachzuvollziehen. Er ist eher der Typ Nose Tackle und wird wohl höchstens die Hälfte der Defensiv-Snaps auf dem Platz sein. Dafür sind die 30 Millionen Dollar über drei Jahre ein stolzer Preis für einen Run-Stopper.

Generell bleibt damit die Erkenntnis, dass die Jaguars trotz der immensen Investitionen - schon an Tag 1 verteilten sie mindestens 124 Millionen Dollar an garantiertem Gehalt - nicht unbedingt erheblich besser geworden sind. Sie haben in die Breite investiert, dafür aber Spitzengehälter gezahlt.

Jacksonville Jaguars: Jüngere Geschichte macht Verhandlungen schwierig

Der Hauptgrund für dieses Vorgehen dürfte sein, dass die Jaguars eben sind, wer sie sind. Ein Team, das seit 2007 nur einmal in den Playoffs stand, nämlich 2017. Und nach jener Saison wurde das Team dann sukzessive wieder komplett auseinandergerissen.

Entsprechend dürfte sich der Wille, als Free Agent nach Nordflorida zu wechseln, in überschaubaren Grenzen halten. Das schließt die absoluten Top-Free-Agents aus, denn die bekommen auch anderswo Top-Gehälter. Um dann wenigstens an die zweite Riege heranzukommen, braucht es dann aber eben auch Top-Gehälter, was speziell den aggressiven Preis für Kirk erklärt.

Was dann noch hinzukommt, sind der Regime-Wechsel im Trainerstab sowie der Druck, unter dem GM Baalke mittlerweile stehen dürfte. Pedersons Konzept sieht andere Spielertypen vor als Meyer, wobei die Frage erlaubt sein muss, was genau Meyers Konzept eigentlich war - wenn es eins gab. Jedenfalls sollten die Neuzugänge Pederson dabei helfen, seinen Football spielen zu lassen.

Und Baalke kann nun immerhin behaupten, proaktiv gewesen zu sein. Durch diese Deals gab er dem neuen Trainerstab schon vom Start weg die nötige Hilfestellung, um nicht unter zu vielen Altlasten leiden zu müssen. Allerdings sitzt in Duval niemand auf einem heißeren Stuhl als der GM, dessen Verbleib nach der enttäuschenden Vorsaison ohnehin schon überraschend kam.

Die Jacksonville Jaguars gaben bislang das meiste Geld in der Free Agency 2022 aus.
© imago images
Die Jacksonville Jaguars gaben bislang das meiste Geld in der Free Agency 2022 aus.

Jacksonville Jaguars: General Manager unter Druck

Baalke ist seit 2020 im Front Office der Jaguars tätig, zunächst war er Director of Player Personnel und dann erst Interims-GM und schließlich vollwertiger GM seit 2021. Seine Drafts - der im Vorjahr zumindest ging eher auf die Kappe von Meyer - waren nicht unbedingt brillant.

Vielmehr verschwendete Jacksonville trotz zahlreicher Picks aufgrund der endlosen Abgänge durch Trades - wenn man einem Team Tanking vorwerfen kann, dann den Jaguars - in mehreren Jahren die Gelegenheiten, sich stark für die Zukunft aufzustellen mit diversen Fehlgriffen. Gerade die zahlreichen Erstrundenpicks seit 2019 dürfen schon jetzt fast ausnahmslos als Fehlgriffe bezeichnet werden.

Das systematische Abrüsten führte zwar zu den gewünschten Draftpicks,die nicht den gewünschten Ertrag erbrachten. Und jene Bringschuld, in der sich Baalke daher befindet, dürfte zum nun an den Tag gelegten Aktionismus geführt haben.

Der für die Organisation aber wohl frustrierendste Part ist, dass selbst mit den ganzen Neuzugängen weiterhin zahlreiche Baustellen bestehen. Von denen, die wir vor wenigen Wochen genannt haben, wurden mit O-Line, Wide Receiver und Defensive Line immerhin drei - wenn auch wohl nicht ausreichend - angegangen. Offen sind noch Cornerback und Safety. Doch ein wenig Cap Space (rund 27 Millionen Dollar) haben die Jaguars auch noch zur Verfügung. Und im Draft steht mit 12 Picks - 5 in den Top 105 - noch viel Munition für weitere Verstärkungen zur Verfügung. Diese Schüsse müssen nun jedoch allmählich sitzen.

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