Joe Tryon (Washington): Viele Muckis, wenig Erfahrung
"Er sieht aus wie eine Actionfigur, mit seinem muskulären und athletischen Frame." So umschrieb The Athletic Tryon. Und es klingt angemessen für den 1,96 Meter großen und 118 Kilogramm schweren Modellathleten aus dem US-Bundesstaat Washington.
Tryon glänzte schon auf der High School in Baseball, Basketball, Leichtathletik und Football. In Letzterem war er sowohl als Defensive End als auch als Tight End eine verlässliche Größe, wobei er am Ende mit drei Sternen als Verteidiger bessere Chancen auf ein Stipendium hatte.
In der variablen Front der Huskies spielte er in der Defensive Line alles von 3- bis 5-Technique und wurde mitunter auch als Off-Ball-Linebacker eingesetzt. Mit seiner physischen Stärke gelingt es ihm, sich gegen seine Blocker durchzusetzen und geht mit Wucht auf den Ballführenden. Er setzt darüber hinaus seine Hände gut beim Tackling ein und beherrscht auch Richtungswechsel.
Allerdings ist er kein klarer Power-Rusher und es fehlt ihm ein wenig an Beweglichkeit. Ist mehr der physische Typ, die Finesse geht ihm ab. Das führt dazu, dass er oft in Offensive Tackle reinläuft, wenn er sie nicht direkt umkurvt. Zudem zeigte er Defizite bei der Erkennung der jeweiligen Plays. In Space wirkte er zudem häufig verloren und wusste nicht so recht, wie er bewegliche Spieler stoppen sollte.
Joe Tryon: Die Spielpraxis fehlt
All das lässt sich vor allem mit überschaubarer Spielpraxis erklären. Nach einem Redshirt-Jahr war Tryon 2018 als Backup unterwegs und somit nur ein Jahr Starter. 2019 war zugleich seine mit Abstand beste Saison mit 12,5 Tackles for Loss und 8 Sacks, was ihn ins All-Pac 12 Second Team beförderte. Auf die Saison 2020 verzichtete er dann aufgrund von Covid-Bedenken komplett.
Er wird mit Marcus Davenport (Saints) verglichen. Tryon ist ein Projekt, das mit dem richtigen Training durchaus in naher Zukunft zum zuverlässigen Starter in der NFL aufsteigen kann.
Gregory Rousseau (Miami): Es fehlt am Finetuning
Rousseau ist ein gelernter Wide Receiver und Defensive Back. Mit seiner Größe (1.98 m) war er auf der High School vor allem ein sicheres Red-Zone-Target und erzielte als Junior 9 Touchdowns in der Saison. Zudem verfügt er über ordentlichen Speed.
Nachdem er mehr Muskelmasse drauflegte - heute steht er bei 117 Kilogramm -, wechselte Rousseau in die Defensive Line und etablierte sich dort als guter Playmaker.
Für Miami spielte er letztlich nur eine volle Saison im Jahr 2019, dominierte aber nach Belieben. Er wurde zum ACC Defensive Player of the Year gewählt und hatte die zweitmeisten Sacks im Land - nach einem gewissen Chase Young (15,5). Zudem führte er die ACC auch mit 19,5 Tackles for Loss an.
Dass er nur ein Jahr als Starter absolvierte, lag in erster Linie an einem Knöchelbruch in seinem Freshman-Jahr 2018, weswegen er nach nur zwei Spielen passen musste. Auf die Saison 2020 verzichtete er dann freiwillig.
Greogry Rousseau kann mit Tight Ends und Running Backs mithalten
Rousseau steht vor allem für einen imposanten Frame und guten Speed, mit dem er sich vor allem physisch durchsetzt. Er versteht es auch, seine Hände zum Abschütteln seiner Blocker einzusetzen und zeigt sich auch fähig, in Space zu verteidigen.
Rousseau ist sehr flexibel einsetzbar: Er spielte zumeist 5-Technique, wechselte für Miami aber auch häufig auf 3-Technique oder gar Nose Tackle in offensichtlichen Passing Downs. Darüber hinaus bringt er den Speed und die Athletik mit, um auch Tight Ends der Seam entlang oder Running Backs auf Wheel Routes zu verfolgen.
Was ihm neben der Spielpraxis fehlt, ist wohl noch ein besseres Körpergefühl. Seine Größe bürgt die Gefahr, dass ihn Blocker an der Basis aushebeln können, ihm fehlt zum Teil die Balance im direkten Duell an der Line. Zudem muss er seine Hand-Technik verbessern und verlässt sich noch zu sehr auf seine schieren körperlichen Vorteile; er muss letztlich klüger und mit klarerem Plan spielen.
Sein Potenzial ist offensichtlich, doch besteht bei ihm auch die Gefahr, ein klarer Fehlgriff zu werden, wenn er seine Defizite nicht ausmerzt. Zudem war trotz seiner starken Produktion deutlich, dass ihm die Konstanz von Snap zu Snap fehlte. Gelingt es ihm jedoch, diese Defizite zu beseitigen, könnte er vom Typ her einer wie Mario Williams oder Chandler Jones werden.