1. Die Cowboys brauchen einen Neustart - ohne McCarthy?
Dass die Cowboys-Saison nur aufgrund der eigenen desolaten Division noch eine Chance auf sportlichen Erfolg hatte, war spätestens nach dem Monday-Night-Desaster gegen Arizona klar. Die Cowboys, infolge der Verletzung von Dak Prescott, haben die aktuell vielleicht schlechteste Defense in der NFL, eine Offensive Line, in der neben weiteren Verletzungen beide Tackles für den Rest der Saison ausfallen und Andy Dalton wirkte gegen die Cardinals komplett verloren.
Der Auftritt gegen Washington verbietet auch all diese letzten Playoff-Gedankenspiele - und das unabhängig davon, ob Andy Dalton länger ausfällt. Dazu nur ein kurzer Punkt: Solche Hits sind genau der Grund dafür, dass die Flagge eher schneller mal fliegt, wenn ein Verteidiger denkt, einem Quarterback beim Slide noch einen mitgeben zu können. Der Hit von Bostic gegen Dalton war extrem gefährlich, dafür gibt es keinen Platz im Football und hoffentlich wird Bostic zusätzlich zu seiner Hinausstellung noch von der Liga bestraft.
Sportlich wird für Dallas immer offensichtlicher, wie wertvoll Dak Prescott war. Die Offensive Line war über Jahre das Rückgrat dieser Offense, jetzt ist sie ein Problem. Und Dallas hat keinen Quarterback, der dieses Defizit auch nur ansatzweise ausgleichen kann - und das scheint ihnen selbst überaus deutlich bewusst zu sein.
Das Play-Calling deutet ganz klar darauf hin, dass man Dalton verstecken will, statt zu versuchen, die Offense stärker über die Playmaker aufzubauen, die man nach wie vor hat. Während die Defense gleichzeitig weiter eine Katastrophe ist. Washington kreierte früh riesige Löcher im Run-Blocking, und einige der Tackling-Versuche verdienten den Namen nicht. Selbst falls Dalton - und es schien ihm nach der Partie den Umständen entsprechend besser zu gehen - kein Spiel verpasst: Dieses Cowboys-Team hat ein minimales Ceiling.
Dallas: McCarthy muss hinterfragt werden
Aber warum eigentlich? Das Talent ist immer noch ein gutes Stück besser als das, was aktuell in Big D auf dem Feld zu sehen ist. Nach der Niederlage gegen Arizona berichteten Team-nahe Reporter, dass die Spieler extrem unzufrieden mit dem Trainerstab sind, sich schlecht vorbereitet fühlen und Anpassungen innerhalb der Spiele vermissen. Die Cowboys haben mehrere klare Baustellen, ein zumindest softer Umbruch steht bevor - und nach sieben Spieltagen muss die Frage gestellt werden: Sollte dieser Umbruch mit Mike McCarthy erfolgen?
"Wir müssen viel besser spielen. Aber uns läuft die Zeit davon", hatte McCarthy nach dem abermals indiskutablen Auftritt in Washington erklärt. Mutmaßlich unter Bezug auf das "Rennen" innerhalb der Division, aber dieses Team wirkt tatsächlich schlecht vorbereitet, ohne offensive Idee. Mike Nolan als Defensive Coordinator fühlt sich immer stärker wie eine Verpflichtung aufgrund persönlicher Beziehungen an, das Spiel aber kann man auch erweitern: Dallas hatte kaum eine ernsthafte Trainersuche, nach Marvin Lewis wurde Mike McCarthy eingeladen, zwischen McCarthy und Jerry Jones funkte es schnell und dann war der Deal auch schon durch.
Aktuell sehen wir ein schlecht eingestelltes, unflexibles Team, das gegen Washington bei Fourth-and-One unglaublich behäbig aussah und das gerade im sechsten Spiel in Folge mindestens 20 Punkte in der ersten Hälfte zugelassen hat - das hat es in der Geschichte der NFL noch nie gegeben. Und vor allem ein Team, in dem es ganz offensichtlich intern brodelt.
Natürlich ist das Verletzungspech brutal für McCarthy. Aber er wirkt mehr und mehr wie ein komplett überforderter Head Coach. Und Situationen wie die aktuelle zu meistern, sollte eigentlich ein Grund dafür sein, warum man sich für einen erfahrenen Head Coach entscheidet.
2. Wie gut sind die Titans wirklich?
Am Ende war es zumindest in puncto Dramatik das erhoffte Topspiel: Die Steelers gewinnen am Ende in Tennessee und bleiben damit das einzige ungeschlagene AFC-Team, während die Titans ihre erste Niederlage schlucken müssen. Und es war aller Ehren wert, wie Tennessee in der zweiten Hälfte zurückkam und am Ende nur aufgrund eines Field-Goal-Fehlschusses die Overtime verpasste.
Die Offense kam mit einigen Big Plays zurück, vor allem aber steigerte sich die Defense signifikant und drehte der Steelers-Offense phasenweise komplett den Saft ab. So, wie Pittsburgh offensiv spielt, ist der Spielraum für Fehler nicht groß - und die Titans erzwangen schnelle Punts und garnierten das mit kritischen Turnovern.
Das zentrale Titans-Thema bleibt allerdings die Offense, und die Frage: Was will Tennessee hier sein - und was kann Tennessee hier sein? Beim ersten Touchdown-Drive hatten die Titans mehrfach enormes Glück, ansonsten lief in der ersten Hälfte nicht viel zusammen. Tennessee blieb trotzdem stur beim Early-Down-Run-Game, die Titans liefen in der ersten Hälfte neun Mal für 29 Yards, dazu kam eine Holding-Strafe mit sieben Yards Raumverlust.
Das war in fast jedem Spiel dieser Saison zu beobachten: Tennessee hat eine klare Vorstellung, wie die eigene Offense aussehen soll, und bleibt dann auch dabei. Vielleicht, weil man denkt, dass man Henry ins Rollen bringen muss, vielleicht, weil man Tannehill nach wie vor nicht in ein Down-to-Down Dropback Passing Game bringen will.
Die Grenzen der Titans-Offense
Das Outside Zone Blocking Scheme mit Play Action, mit Tannehill als tollem Deep-Play-Action-Passer, Brown als perfektem Receiver und Henry als idealem Back dafür - ist effizient und in der Liga von der generellen Idee her weit verbreitet (Niners, Packers, Rams, Browns, Vikings u.a.). Aber: Diese Offense hat klare Limitierungen, und auffällig häufig gehen die mit den Limitierungen des Quarterbacks einher. Das sieht man in San Francisco immer wieder, Cleveland ist - wenn auch nicht diese Woche - das Paradebeispiel dafür.
Das große Problem für die Titans: Tennessees Play-Calling unterstreicht diese Limitierungen gravierend, wenn Plan A eben nicht funktioniert. Weil man sich viel zu häufig weigert, das Spiel in Tannehills Hände zu geben. Gegen Pittsburgh gingen die Titans dann in der zweiten Hälfte bei Early Downs häufiger zu Play Action über, doch diese Plays brauchen Zeit, und Pittsburghs Front las und attackierte diese zu effizient.
Ohne Zweifel ist Pittsburghs Front aktuell das unangenehmste, was es für eine solche Offense aktuell in der NFL gibt. Doch ohne Taylor Lewan wird Tennessee noch häufiger Probleme mit dieser Vorgehensweise bekommen, und hat letztlich dann auch klare Einschränkungen was das eigene Potenzial in dieser Saison angeht.
3. Quo vadis, New England Patriots?
Manchmal gibt es einfach nichts zu beschönigen, und der Auftritt der Patriots gegen die 49ers fällt absolut in diese Kategorie. Belichick und die Defense bekamen nie Zugriff auf das schwer lesbare Run Game der Niners, in das auch die Receiver abermals ausführlich involviert waren. Garoppolo musste bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte gar nicht allzu viel zeigen, und dennoch standen am Ende über 30 Punkte auf dem Scoreboard.
Der wesentlich größere Wirkungstreffer war allerdings das, was auf der anderen Seite des Balls passierte. Obwohl San Francisco ohne zahlreiche Starter antreten musste - neben den Langzeitverletzten Bosa, Thomas und Sherman fehlten unter anderem auch beide Starting-Safeties - und New England seine Offensive Line mit den Comebacks von Andrews und Shaq Mason wieder intakt hatte, war das Matchup auf dieser Seite des Balls noch einseitiger.
Und natürlich muss diese Konversation mit Cam Newton beginnen. Newton war von Anfang an neben der Spur, warf eine üble Interception zu Warner, war regelmäßig zu spät mit seinen Reads, ungenau mit seinen Pässen und macht generell viel zu viele Fehler. Er wirkte weit weg von seiner Bestform und war selbst als Runner kaum ein Faktor. Trotz der verbesserten Line. Womöglich ist er nicht fit, der Eindruck drängt sich zumindest teilweise auf.
Was ist für die Patriots in dieser Saison noch zu holen?
Unter dem Strich fühlte sich die Niederlage gegen Denver in der Vorwoche weitaus ärgerlicher an, da die Patriots gegen ein mittelmäßiges Broncos-Team mit einer guten Defense letztlich über weite Strecken nicht einmal in der Partie waren, und dann spät nicht mehr die Kohlen aus dem Feuer holen konnten. Aber wohin geht die Reise für dieses Patriots-Team?
Klar wurde wieder einmal, wie desolat dieses Waffenarsenal ist. Edelman hat inzwischen Probleme damit, sich von Linebackern in Coverage zu lösen, die Niners spielten die Pässe zu den Backs aggressiv - und damit ist dann auch schon fast Feierabend für die Pats-Offense, sofern das eigene Run Game nicht komplett dominiert. Aber wie häufig wird das gegen gute Teams passieren?
Newton fing sich ein wenig zu Beginn der zweiten Hälfte, insgesamt aber war er erschreckend schwach. Der Quarterback-Tausch spät im Spiel war kein Fingerzeig auf die kommende Partie, Belichick erklärte nach der Partie direkt, dass Cam Newton auch weiterhin der Starter ist. Und Newton ist fraglos besser als das, was am Sonntag zu sehen war. Genauso klar ist aber, dass mit diesem Waffenarsenal letztlich kein Blumentopf zu gewinnen ist. Es könnte sehr gut das schlechteste Waffenarsenal der Liga sein.
Nur, und diese Erkenntnis ist zunehmend schwer von der Hand zu weisen: New England müsste mehr als nur einen neuen Outside-Receiver verpflichten, um die Offense konstant auf ein anderes Level zu heben. Ich denke weiterhin, dass ein solcher Receiver die Offense öffnen würde und einen Plan B bereiten könnte, auf eine Art, wie die Pats es aktuell nicht können. Aber die Probleme gehen tiefer.
Und gleichzeitig steht auch eine größere Frage im Raum: Wie gut können die Patriots Newton mit diesem Waffenarsenal in der zweiten Saisonhälfte wirklich bewerten? Stidham ist auch weiterhin nicht die Antwort.