Play Action, First Down - und defensive Inkonstanz
Dazu gehört auch das Play Action Game. Hier markierte die 2018er Saison ebenfalls einen Spitzenwert: Zehn Quarterbacks hatten eine Play-Action-Quote von mindestens 25 Prozent (Minimum: 80 Play-Action-Dropbacks), 2017 waren es drei weniger - und 2016 knackte einzig und allein Matt Ryan in der Offense von Kyle Shanahan diese Marke. Seit 2012 kamen nur ein Mal (2013) ebenfalls zehn Quarterbacks auf diese Quote.
Teams merken zudem nach und nach, dass Passing bei First Down sinnvoller ist. Bei 53 Prozent der First Downs wurde in der vergangenen Regular Season im Schnitt geworfen (für 7,7 Yards pro Pass), ein deutlicher Anstieg zu 2017 (47 Prozent, 7,4 Yards pro Pass). Auch das Passing bei Second Down ist prozentual angestiegen und wurde effizienter.
Kombiniert man
- die gestiegene Aggressivität,
- die Teams, die aus den vorhandenen Analytics die richtigen Schlüsse für ihr Play-Calling ziehen,
- das schematische Produzieren von einfachen Yards mit auf den Liga-Schnitt gesehen relativ konstanter Pass-Protection,
- eine Öffnung der Offense durch Spread-Elemente und 3-Receiver-Sets,
dann bekommt man einen Fahrplan für vergleichsweise konstanten offensiven Wachstum.
Defensiv dagegen? Deutlich schwieriger.
Defensive Konstanz von Jahr zu Jahr ist um ein Vielfaches schwieriger zu erreichen, als auf der anderen Seite des Balls - zu viele einzelne Faktoren spielen je eine gleichgroße Rolle. Im Gegensatz zur Offense, wo insbesondere der Quarterback eine exponierte Stellung hat.
Das bedeutet nicht, dass Defenses unbedeutend werden. Ihre Rolle könnte sich aber weiter wandeln: Wer kann Big Plays kreieren? Wer kann den Quarterback auf die Art unter Druck setzen, die ihm am wenigsten liegt? Wer kann seine - im Idealfall - High-Scoring-Offense bestmöglich ergänzen?
Man könnte den eingangs zitierten Spruch für die unmittelbare Zukunft auch einfach umdrehen, wenn man sich die Lehren dieser Saison genau anschaut: Die Defensive kann sehr wohl einzelne Spiele gewinnen. Um eine Chance auf den Titel zu haben, braucht es aber die Offense.
Super Bowl: Gewinnt die Defense noch Titel?
Die Frage ist nicht, ob Offense oder Defense die entscheidende Kraft auf dem Weg zu einem Titel ist - es ist die Offense. Die Frage ist eher: Kann eine dominante Defense noch den Weg zum Titel ebnen? Gibt es in der näheren NFL-Zukunft überhaupt so etwas wie eine konstant dominante Defense?
"Ich habe keine Ahnung", gab 49ers-Cornerback Richard Sherman jüngst zu. "Ich glaube nicht, dass die Liga das wirklich noch haben will. Der Liga geht es eher um offensiven Football, und den bekommt sie auch. Eine besondere Defense zu haben, die konstant so stark spielt, wird sehr schwer."
Damit hat Sherman nicht Unrecht, und es ist kein Zufall, dass die Regular-Season-Duelle der Patriots gegen die Chiefs sowie der Chiefs gegen die Rams zwei der Top-Spiele in puncto Einschaltquote waren.
Für Cowboys-Defensive-Coordinator Rod Marinelli ist aber auch klar: "Man darf das nicht als Ausrede benutzen, denn noch erlauben sie es uns, den Gegner zu tackeln. Ich habe immer an defensive Geschwindigkeit geglaubt, und das hängt mit dem Tackeln und den Hits zusammen. Es gibt nach wie vor Lücken, die müssen wir ausnutzen. Wir müssen dafür sorgen, dass es ein physisches Spiel wird. Und dabei müssen wir schlau sein: (keine) Helmet-to-Helmet-Hits, wie attackieren wir den Quarterback, solche Dinge. Das versuchen wir auch, den Jungs beizubringen."
Es sei "definitiv noch möglich", auch mit der Defensive zu gewinnen, ist sich Broncos-Linebacker Todd Davis sicher. "Ich denke nicht, dass Spiele 54:51 ausgehen müssen, wirklich nicht. In meinen Augen kann man Teams immer noch stoppen, wenn man die Receiver eng deckt und stark in Man Coverage ist. Man kann Offenses wirklich noch stoppen."
Die Defenses der Patriots und der Rams werden im Super Bowl versuchen, genau das zu erreichen - um so den jüngsten Super-Bowl-Scoring-Trend zu unterbinden.