UC Santa Barbara ist weiß Gott keine Talentschmiede für die NBA. Lediglich siebenmal qualifizierten sich die Gauchos für March Madness, nur 1990 konnte mal eine Runde gewonnen werden. Der bekannteste Export, insgesamt sind es gerade einmal zehn NBA-Spieler, dürfte Brian Shaw sein, der an der Seite von Kobe Bryant und Shaquille O'Neal zwischen 2000 und 2002 drei Titel in Serie gewann.
Womöglich könnte für Santa Barbara nun ein weiterer Champion in Gabe Vincent hinzukommen. Der Guard der Miami Heat spielt bislang überzeugende Finals, sodass sogar dessen Finals-MVP-Quoten stetig sinken. Vincent ist ein weiteres Beispiel für die Fähigkeit, Spieler zu identifizieren, die von 29 anderen Teams verkannt oder ignoriert wurden.
Gabe Vincent: Nicht mehr nur ein Revolverheld
Auch Vincent wurde 2018 nicht gedraftet (wie sechs andere Heat-Akteure), für zwei Jahre hielt er sich im G-League-Team der Sacramento Kings über Wasser, bevor die Heat ihn im Januar 2020 mit einem Two-Way-Vertrag banden. "Er war ein Revolverheld", erinnerte sich Heat-Coach Erik Spoelstra über seinen Starting Point Guard, der inzwischen Kyle Lowry, einen möglichen Hall of Famer, aus der ersten Fünf verdrängt hat.
21 Punkte markiert Vincent in diesen Finals im Schnitt, insgesamt neun Dreier flutschten für den bald 27-Jährigen durch die Reuse. Der Guard verkörpert genau das, was Miami in diesen Playoffs so stark macht. Unangenehm in der Defense, treffsicher von Downtown und schlichtweg solide mit einer geringen Fehlerquote.
Durchschnittlich 1,5 Ballverluste leistet sich Vincent in diesen Playoffs, demgegenüber stehen immerhin 4 Assists. Für einen "Revolverhelden" ist das eine gute Ausbeute. "Wir wollten ihn zu einem Combo Guard umfunktionieren. Ein Spieler, der das Spiel ordnen kann und in der Verteidigung für Verwirrung sorgen kann", erklärte Spoelstra weiter. "Einen Shooter zu einem Einser umzufunktionieren, das ist die schwerste Aufgabe in der NBA."
Gabe Vincent: Miami hat ihn umgebogen
Miami ist es gelungen, ähnlich wie mit Bam Adebayo, der auf dem College ein reiner Rim Runner war und in der Summer League plötzlich als Spielmacher fungierte. Auch das brauchte Zeit, bei Vincent war es nicht anders. "So etwas geht nicht über Nacht. Die Leute überschätzen dies und unterschätzen gleichzeitig, was man über Monate oder Jahre erreichen kann. Vincent ist der Inbegriff dafür."
Auch das ist die viel zitierte "Heat Culture". Ob Duncan Robinson, Max Strus, Gabe Vincent oder auch Haywood Highsmith - Miami schafft es seit vielen Jahren, Spieler zu finden, welche oft nicht sofort, aber mit den Jahren Rollen lernen, die für das System der Heat nützlich sind.
Und dies meist zu einem absoluten Schnäppchenpreis. In der Free Agency 2021 bekam Vincent schließlich seinen NBA-Vertrag für zwei Jahre und rund 3,5 Millionen Dollar, wobei die abgelaufene Saison nicht einmal garantiert war. Nun wartet im Sommer der erste Zahltag auf den kommenden Free Agent. Ein Scout schätzte gegenüber Barry Jackson (Miami Herald) zuletzt, dass bis zu 10 Millionen Dollar jährlich kein Wunschtraum sein müssen.
Gabe Vincent: Einer der besten Guard-Pick'n'Roll-Verteidiger
"Er ist clutch, das bedeutet etwas. Er hat Eier und keine Angst vor großen Momenten, reibt sich defensiv auf und ist ein solider Playmaker", wird der anonyme Scout zitiert. Vincent ist dabei sehr flexibel. In Spiel 1 versuchte der Guard sich meist gegen Jamal Murray (zugegeben eher erfolglos), beim zweiten Aufeinandertreffen spielte er eher als Help Defender, weil Jimmy Butler sich um den Kanadier kümmerte.
Vincent hat schnelle Hände und ist vor allem ein exzellenter Verteidiger gegen das Pick'n'Roll. Hier hilft ihm seine Größe von "nur" 1,88 Meter. Vincent kann sich sehr klein machen und gegnerische Blöcke umgehen, sodass der Ballhandler kaum einen Vorteil aus dem Play gewinnt.
Die Celtics, welche keinen elitären Spielmacher oder Ballhandler in ihren Reihen wussten, hatten so zeitweise große Probleme, aber auch in den Finals ist Vincents Einfluss spürbar. In diesen Playoffs hat der 26-Jährige nun schon 47 Deflections gesammelt, nur fünf Spieler haben mehr (einsamer Spitzenreiter ist Butler mit 63). Bei gezogenen Offensiv-Fouls belegt Vincent Platz drei.
Gabe Vincent: Er ärgerte einst Team USA
Dazu fällt in diesen Playoffs auch wieder der Wurf. Gerade einmal 33,3 Prozent waren es in der Regular Season, in den Playoffs sind es dagegen 41,3 Prozent. Steht Vincent frei, trifft er meist auch (43 Prozent), dazu zählt er in dieser Postseason zu den besten Catch-and-Shoot-Optionen der Liga. Nur Rui Hachimura, Teamkollege Caleb Martin und Derrick White scorten aus Spot Ups besser als Vincent, der 1,36 Punkte pro Play daraus generiert.
Der Revolverheld in ihm lebt also immer noch. Teamkollege Adebayo wundert das schon lange nicht mehr, wie er zuletzt mit einer Anekdote unterstrich. "Vor Olympia hat er uns mit Nigeria zerstört. Er spielte mit einer solchen Gier und einer solchen Wut. Da wusste ich, dass er einer von uns ist."
Der Sohn eines nigerianischen Vaters scorte in jenem Spiel 21 Zähler, verwandelte sechs Dreier und fügte Team USA in der Vorbereitung eine überraschende Niederlage zu. Auf seinem Rücken stand aber nicht "Vincent", sondern "Nnamdi", sein mittlerer Name, welchen auch Coach Spoelstra auf PKs hin und wieder verwendet.
"Wir lieben Nnamdi", sagte Spo nach Spiel 2. "Wenn ihr nationalen Medien seinen Spitznamen nicht kennt, dann liegt es daran, dass ihr uns nicht verfolgt habt. Recherchiert das. Nnamdi ist etwas Besonderes, das meine ich ernst."
Spielt Vincent und das komplette Miami-Team so weiter, wird dies zwangsläufig passieren. Die Heat sind auch mit Heimvorteil weiter der Underdog, doch diese Rolle kennt das Team und auch Vincent selbst zu gut. Wie hoch waren die Chancen, dass ein ungedrafteter Spieler aus Santa Barbara 35 Minuten pro Spiel in den Finals auf dem Feld stehen würde und sich sogar Chancen auf den Finals-MVP-Titel ausrechnen kann? Die eines Heat-Titels waren deutlich größer.
NBA Finals - Nuggets vs. Heat: Die Serie in der Übersicht
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 2. Juni | 2.30 Uhr | Denver Nuggets | Miami Heat | 104:93 |
2 | 5. Juni | 2 Uhr | Denver Nuggets | Miami Heat | 108:111 |
3 | 8. Juni | 2.30 Uhr | Miami Heat | Denver Nuggets | |
4 | 10. Juni | 2.30 Uhr | Miami Heat | Denver Nuggets | |
5 | 13. Juni | 2.30 Uhr | Denver Nuggets | Miami Heat | |
6* | 16. Juni | 2.30 Uhr | Miami Heat | Denver Nuggets | |
7* | 19. Juni | 2 Uhr | Denver Nuggets | Miami Heat |
*falls benötigt