Russell Westbrook bei den Los Angeles Lakers, das ist bisher noch keine Erfolgsgeschichte. Ausgerechnet gegen seine alte Liebe Oklahoma City leistete der 33-Jährige sich in den Schlusssekunden erst einen kuriosen Turnover und ließ dann seinen Gegenspieler direkt unter dem Korb unerklärlich frei. Solche Fehler konnte Westbrook in der Vergangenheit mit Heldentaten anderswo kaschieren, aber auch das Gesamtbild passt bisher nicht.
18,8 Punkte pro Spiel bei Shootingsplits von 41,1 Prozent aus dem Feld, 25,6 Prozent von der Dreier- und 64,2 Prozent von der Freiwurflinie sind genauso problematisch wie 5,1 Turnovers pro Spiel, auch wenn 8,8 Rebounds und 8,5 Assists pro Partie ordentlich sind. Im Umfeld der Lakers fragt man sich bereits, ob man sich wirklich einen Gefallen damit getan hat, den Ex-MVP nach L.A. zu holen.
Ganz anders sieht es beim wichtigsten Tauschpartner des Trades aus, nämlich Westbrooks Team der Vorsaison. Die Washington Wizards stehen bei einer Bilanz von 7-3, unter dem neuen Head Coach Wes Unseld Jr. funktioniert aktuell sehr viel. Ganz vorne zu nennen bei den Erfolgsfaktoren sind ausgerechnet drei ehemalige Lakers, die im Sommer für Westbrook in die Hauptstadt kamen.
Washington Wizards: Montrezl Harrell und Kyle Kuzma glänzen
Montrezl Harrell überzeugt schon seit mehreren Jahren mit effizientem Scoring und jeder Menge Energie von der Bank, 17,7 Punkte und 9,1 Rebounds bei 63,6 Prozent aus dem Feld hat er in dieser Kombination bisher jedoch noch nicht über eine ganze Saison aufgelegt.
Besonders erfreulich aus Wizards-Sicht ist seine Freiwurfquote von 82 Prozent sowie die Tatsache, dass Harrell sich besser in der Defense in Washington einfügt als bei seinen meisten vorherigen Stationen. Der Sixth Man of the Year von 2020 ist nach zehn Spielen wieder einer der Favoriten für den Preis, gemeinsam mit Tyler Herro (Miami Heat).
Kyle Kuzmas Wurf aus dem Zweierbereich fällt noch nicht so gut, dafür hat der Forward sich in den letzten Jahren zu einem vielfältig einsetzbaren Verteidiger entwickelt. Gerade im defensiven Verhalten in Korbnähe hat er sich in dieser Saison nochmal verbessert und würde aktuell sein Career-High bei Rebounds mit 9,5 pro Spiel (vorher 6,3) pulverisieren.
Auch der dritte Ex-Laker in D.C. fällt positiv mit seiner Defense auf, außerdem trifft Kentavious Caldwell-Pope 40,4 Prozent von Downtown bei fast 5 Versuchen pro Spiel. Dass viele der Spieler in Washington sich gerade defensiv von ihrer besten Seite zeigen, ist derweil kein Zufall.
Vereinfacht gesagt wurde das starke Duo der Wizards mit Bradley Beal und seinem neuen Backcourt-Partner Spencer Dinwiddie mit Rollenspielern im Frontcourt umgeben, die stark verteidigen können. Mit Harrell und Davis Bertans kommen die offensiveren Alternativen unter den Bigs von der Bank. Doch für eine gute Defense braucht es zu jedem Zeitpunkt fünf willige Verteidiger.
Washington Wizards: Wie lange bleibt die Defense?
Die Wizards haben mit 103,1 zugelassenen Punkten bei 100 Possessions das fünftbeste Defensivrating der Liga und stellen die beste Defense gegen Fastbreaks, bei nur 8,2 zugelassenen Punkten im Umschaltspiel. Gerade Letzteres ist ein klares Anzeichen für ein Team, das motiviert und diszipliniert verteidigt.
Ein neuer Head Coach und einige neue Gesichter in einem Locker Room können zu so einem Motivationsschub führen, der bei den Wizards sogar bis zu ihrem offensiven Superstar durchgedrungen ist. Denn beim jüngsten Sieg der Wizards gegen die Milwaukee Bucks (101:94) machten nicht nur Kuzma, Center Daniel Gafford, Harrell und Sophomore Deni Avdija einen guten Job als Mauer gegen Giannis Antetokounmpo, der für 29 Punkte immerhin 26 Würfe brauchte.
Auch Beal hatte neben seinen 30 Punkten (14/22 FG) und 8 Assists einige hervorragende Momente in der Defense. Mit einer Sequenz gegen Grayson Allen verdiente er sich sogar ein Sonderlob von Unseld Jr. "Das war wirklich großartig, weil er Verantwortung in der Defense übernommen hat. Es war bisher vermutlich ein Punkt gegen ihn in seiner Karriere, dass er nicht verteidigt", sagte der Coach nach dem Spiel.
Unseld Jr. führte aus: "Er hat auf jeden Fall die Voraussetzungen dafür mit seiner Größe und seiner Stärke, und wir sehen es jetzt auch konstanter. Ich liebe seine Entschlossenheit und dass er nun stolz auf seine Defense ist. Es bringt uns auf ein anderes Level und es ist auch großartig für ihn." Beal legt zwar aktuell nur 24,2 Punkte pro Spiel anstatt 31,3 im Vorjahr auf, die Wizards müssen allerdings auch nicht mehr 130 Punkte pro Spiel machen, um eine Chance auf den Sieg zu haben.
Die Wizards gewinnen derzeit Spiele mit Defense und einer tiefen Rotation, was so schon lange nicht mehr in D.C. zu sehen war. Und es könnte noch besser werden, schließlich scheint Rui Hachimura in den nächsten Wochen aufs Parkett zurückzukommen, Thomas Bryant wird wohl noch in diesem Jahr zurückerwartet.
Washington Wizards: Einmal keine Beal-Gerüchte zur Deadline?
General Manager Tommy Sheppard scheint nach mehreren Jahren voller Frust in Washington einen passenden Kader um Superstar Bradley Beal zusammengestellt zu haben und kann sich auf die Schulter klopfen lassen, dass er bisher bei beiden Megatrades um Westbrook als Gewinner angesehen werden kann.
Dass der halbe Kader der Wizards in einem einzigen Sommertrade geholt wurde, ist kaum eine Übertreibung. Neben dem Trio der ehemaligen Lakers kamen auch Dinwiddie, Aaron Holiday und Isaiah Todd am 6. August nach Washington. Zur Erinnerung: Erst im Dezember 2020 hatten die Wizards John Wall nach seiner schweren Verletzung gemeinsam mit einem Erstrundenpick (lottery protected) für Westbrook nach Houston geschickt, dieser verhalf den Wizards immerhin bis in die erste Playoff-Runde, nun verschaffte er ihnen ein "neues Team".
Dennoch wird es für die Wizards schwierig bis unmöglich werden, eine elitäre Defense über 82 Spiele und die anschließenden Playoffs aufrechtzuhalten und gegen Teams wie die Sixers, Nets, Bucks und Heat einen Platz mit Heimvorteil im Osten zu behaupten.
Angesichts der vergangenen Jahre werden Wizards-Fans es jedoch schon schätzen können, falls die recht jungen Wizards auch im Februar weiter klaren Kurs auf die Playoffs nehmen und sich zur Abwechslung mal nicht wochen- oder monatelang sorgen müssen, ob Beal nach mittlerweile fast zehn Jahren in Washington nicht doch getradet wird. Mit diesen Nebengeräuschen können sich jetzt andere Teams beschäftigen.
Der Westbrook-Trade im Überblick
Teams | Spieler |
Lakers erhalten | Russell Westbrook, 2 Zweitrundenpicks (2023, 2029) |
Wizards erhalten | Kyle Kuzma, Montrezl Harrell, Kentavious Caldwell-Pope, Aaron Holiday, Spencer Dinwiddie, Isaiah Todd |
Pacers erhalten | 22. Pick (Isaiah Jackson) |
Nets erhalten | Nikola Milutinov, 2 Zweitrundenpicks (Beide 2024) |
Spurs erhalten | Chandler Hutchinson, Zweitrundenpick (2022) |