Überragend war dabei Trae Young, der auf 39 Punkte (10/23 FG, 17/19 FT, 7 Assists) kam und mitverantwortlich dafür war, dass die Gäste einen zwischenzeitlichen 26-Zähler-Rückstand noch in einen Sieg umbiegen konnten. Anführer des Comebacks war aber Lou Williams (15, 7/11 FG, 3 Assists), der zu Beginn des vierten Viertels heiß lief und den Hawks wieder Leben einhauchte.
Einen starken Auftritt legte auch John Collins (19, 11 Rebounds, 2 Blocks) hin, der neben Young vor allem in Halbzeit eins eine der wenigen verlässlichen Optionen war. Philadelphia hatte in Joel Embiid (37, 12/20 FG, 13 Rebounds, 4 Blocks) und Seth Curry (36, 7/12 Dreier) nur zwei Spieler, die eine zweistellige Punkteausbeute verbuchen konnten. Ben Simmons (8, 2/4 FG, 4/14 FT, 9 Assists) war wieder ein Problem mit seiner schwachen Vorstellung von der Freiwurflinie.
Embiid war vor der Partie mit seinen Knieproblemen fraglich, legte dann aber gut los. Nach fünf Minuten hatte der Center schon mehr erfolgreiche Field Goals als in Spiel 4 (5:4), attackierte den Korb und räumte auch Clint Capela auf der anderen Seite böse ab. Die Hawks bekamen keinen Zugriff, Young hielt zumindest offensiv dagegen. Atlanta gelangen einfach keine Stops, alles lief für die Gastgeber über Embiid, dessen 17 Zähler für eine 38:24-Führung nach zwölf Minuten sorgten.
Sixers führten mit bis zu 26 Punkten
Ohne Embiid blieben die Sixers jedoch knapp vier Minuten ohne Punkte, das Bank-Lineup mit Harris fabrizierte dabei fürchterliche Possessions. Die Gäste verpassten es jedoch, diese Schwächephase besser zu nutzen, und holten lediglich 3 Zähler auf. Mit den Startern wandelte sich wieder das Bild, durch einen Dreier von Curry wuchs der Vorsprung auf über 20 Zähler an.
Die Hawks foulten nun Simmons absichtlich, doch auch das fruchtete kaum, weil die Sixers die Offensiv-Rebounds einsammelten. Frust machte sich breit, Capela kassierte nach einem leichten Schlag (und einem massivem Embiid-Flop) ein technisches Foul, Huerter beging mit einem Trikotzupfer gegen Simmons ein völlig unnötiges Clear-Path-Foul. Embiid war weiter nicht zu stoppen, die Hawks waren mit einem 40:62-Rückstand zur Pause gefühlt noch gut bedient.
Besserung trat zunächst nicht ein, Huerter und Bogdanovic holten sich fix jeweils das vierte Foul ab. Die Sixers leisteten sich nun aber zu viele Ballverluste (8 im Abschnitt) und hatten weniger Bewegung im Spiel. Lediglich Curry (14 Punkte im Viertel) und Embiid konnten kreieren, der Rest der Sixers kam auf gerade einmal 4 Pünktchen. Und so schmolz der Vorsprung vor dem Schlussabschnitt leicht - entschieden war vor dem Schlussabschnitt noch nichts (87:69).
Lou Williams leitet Mega-Comeback der Hawks ein
Und die Hawks setzten ihren Lauf fort, nach einem Jumper von Williams hatten die Gäste 12 der letzten 14 Punkte erzielt und dabei vor allem Dwight Howard immer wieder bloßgestellt. Sixers-Coach Rivers reagierte und brachte Embiid schnell zurück, nachdem die Hawks die ersten 8 Zähler im vierten Viertel erzielt hatten.
Williams blieb für Atlanta heiß, doch für das Zusammenspiel zwischen Embiid und Curry fanden die Gäste bis Mitte des Abschnitts keine Antwort. Und doch wurde es noch spannend, Embiid versuchte zu sehr, Capela das sechste Foul anzuhängen, Simmons wurde absichtlich an die Linie geschickt. Zwei Minuten vor dem Ende waren es plötzlich nur noch 2 Zähler nach einem Young-Floater, wenig später zog der Hawks-Star das Dreipunktspiel gegen Matisse Thybulle und besorgte die erste Gäste-Führung des Spiels!
Gallinari erhöhte aus dem Post, Curry konnte nicht ausgleichen, doch Philadelphia erhielt nach einem Young-Fehlwurf noch eine Chance. Embiid zog 10 Sekunden vor Schluss ein Foul, vergab aber beide Freiwürfe. Im Anschluss brachte es Atlanta über die Zeit und kann nun in der Nacht auf Samstag in der heimischen State Farm Arena den Einzug in die Conference Finals perfekt machen.
Die wichtigsten Statistiken
Philadelphia 76ers (1) - Atlanta Hawks (5) 106:109 (BOXSCORE), Serie: 2-3
- 0/12 FG - das war Embiids Ausbeute in der fürchterlichen zweiten Halbzeit von Spiel 4 in Atlanta. Im ersten Viertel dieser Partie waren es dagegen bereits acht verwandelte Würfe - bei acht Versuchen. Entsprechend brummte die Sixers-Offense auf Hochtouren, die Gastgeber trafen 80 Prozent aus dem Feld und leisteten sich nur 3 Ballverluste. Das ergab ein Offensiv-Rating von 158,3.
- 3 Assists - das war die Ausbeute der Hawks in Halbzeit eins. Atlanta gelang fast überhaupt nichts, der Großteil der Offense bestand aus Einzelaktionen von Young, Collins und Gallinari. Die Schützen waren komplett kalt (3/12 Dreier), insbesondere Huerter und Bogdan Bogdanovic, die zu allem Überfluss auch bereits je 3 Fouls eingesammelt hatten.
- Hack-a-Ben bleibt ein Thema. Vor der Partie hatte Simmons in den Playoffs gerade einmal 36 Prozent von der Linie getroffen, durch dieses Spiel wurde die Quote sogar noch mieser. Es erinnerte schon ein wenig an die Zeiten von Markelle Fultz, als die Philly-Fans einen der wenigen Treffer frenetisch bejubelten. Die schlechteste Freiwurfquote in einer Postseason gehört übrigens Ben Wallace, der für die Pistons 2006 nur 27 Prozent traf. Es führte jedenfalls dazu, dass Rivers Simmons tatsächlich in der Schlussphase vom Feld nahm.
- Für Simmons lief es aber auch ansonsten nicht. Gerade einmal vier Field Goals versuchte der Australier, aber nicht nur er war komplett harmlos. Nach der Pause traf kein Sixer einen Wurf, der nicht Embiid oder Curry hieß (0/11 FG). Die Sixers blieben zudem die letzten 6:25 Minuten ohne einen einzigen Treffer aus dem Feld.
Sixers vs. Hawks: Die Stimmen zum Spiel
Doc Rivers (Head Coach Sixers): "Wir werden für ein Spiel 7 nach Philadelphia zurückkommen, ich glaube daran. Wir hatten schlechte Phasen und haben es uns selbst schwer gemacht. Nun liegt es an uns, dass wir uns zusammenreißen und für Spiel 6 bereit sind."
Ben Simmons (Sixers) über seine Freiwürfe: "Ich glaube, dass es ein mentales Problem ist."
Trae Young (Hawks): "Wir haben keinen All-Star, keinen All-Defense-Spieler und auch keinen All-NBA-Spieler, aber wir alle haben das Gefühl, dass wir uns beweisen müssen."
Der Star des Spiels: Lou Williams
Trae Young war natürlich über 48 Minuten die treibende Kraft der Gäste, aber das Comeback möglich machte erst Williams, der mit der Bank im vierten Viertel die Hawks überhaupt erst wieder in die Position brachte, noch an den Sieg zu glauben. 13 seiner 15 Zähler erzielte Sweet Lou im Schlussabschnitt und bewies einmal mehr, dass er auch im hohen Alter noch eine der besten Mikrowellen der NBA ist.
Der Flop des Spiels: Alle Sixers minus Embiid und Curry
38 von 44 Punkten nach der Pause erzielte dieses Duo, vom Rest kam nichts. Dwight Howard verdient sich hier auch eine Erwähnung, ihn attackierten die Hawks immer wieder, wenn er auf dem Feld stand. Weitere Totalausfälle: Tobias Harris (4, 2/11 FG) und Shake Milton (5, 1/5 FG).
Die Szene des Spiels
Es war lange Zeit kein überragendes Spiel von Trae Young, aber der Spielmacher der Hawks hatte immer wieder seine Momente. Unter anderem in Viertel Nummer zwei, als er unter hohem Druck diesen No-Look-Pass über seinen Kopf zum hinter ihm postierten Kevin Huerter schmiss. Bezeichnend für die erste Halbzeit aber: Der Shooting Guard der Hawks setzte den völlig freien Versuch auf den Ring.