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Die Dynastie der Boston Celtics in den 60er-Jahren ist beispiellos für alle großen US-amerikanischen Sportliegen. Elf Titel in 13 Jahren werden wir wohl nie wiedersehen. Die Umstände waren auch andere: Die Liga befand sich noch immer in den Kinderschuhen, erst nach und nach kamen mehr afro-amerikanische Spieler in die NBA.
Der erste schwarze Superstar war freilich Wilt Chamberlain, der, was individuelle Rekorde, die Geschichtsbücher umschrieb und sogar bis heute dominiert. Die Titel gewannen aber meist die Boston Celtics um Wilt-Kryptonite Bill Russell, Fan-Liebling Bob Cousy und Coaching-Legende Red Auerbach.
Einzig Russell war als Spieler bei allen elf Championships zwischen 1957 und 1969 dabei, nach ihm war Sam Jones mit zehn Ringen der fleißigste Titelhamster. Der Shooting Guard wird gerne vergessen, wenn es um die große Celtics-Dynastie geht, selbst in Boston ist keine Straße nach ihm benannt, von einer möglichen Statue ganz zu schweigen.
Sam Jones: Der Mann für die wichtigen Würfe
Auerbach, Cousy, Russell und später auch John Havlicek gelten als Aushängeschilder dieser Ära, dabei dürfen sich die Celtics auch bei Jones bedanken, dass Boston in dieser Zeit fast alles abräumte.
"Wir haben zwischenzeitlich acht Titel am Stück gewonnen und in sechs Jahren davon waren wir von Sam abhängig. Er hat die Würfe genommen, die über das Schicksal unserer Saison entschieden haben", erinnerte sich Russell später. "Wenn er die Dinger nicht getroffen hätte, wären wir leer ausgegangen, aber er hat nie verfehlt."
Jones war die Antwort auf Lakers-Legende Jerry West, der während seiner Karriere ebenfalls als Mr. Clutch geadelt wurde. Gegnerische Teams sprachen vom Celtics-Guard lediglich als The Shooter.
Red Auerbach bekam einen Tipp
Dass in Jones tatsächlich so ein Killer stecken würde, hatte sich Auerbach wohl in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Der Hall-of-Fame-Coach war damals neben seiner Funktion als Trainer auch Scout und steckte 1957 in einem Dilemma. Keiner der College-Spieler konnte den Mann mit der Zigarre überzeugen.
In Retrospektive behielt Auerbach auch recht, nur ein Spieler aus diesem Draft wurde später in die Hall of Fame aufgenommen, nur zwei weitere wurden überhaupt zum All-Star Game eingeladen. Auerbach zog mit dem achten Pick das große Los, auch wenn seine Entscheidung viele überraschte.
Normalerweise wollte der Coach einen Draft-Pick zumindest zweimal sehen, nun wählte er in Jones einen völlig unbekannten Guard von der winzigen Universität North Carolina Central. Ein College-Coach gab Auerbach den Tipp und die Celtics-Legende vertraute der Expertise. Er sollte es nicht bereuen.
Sam Jones: Lehrer oder Boston Celtics?
Für Jones brach dagegen zunächst eine Welt zusammen. "Ich habe mich so schlecht wie noch nie in meinem Leben gefühlt", erinnerte sich Jones an den Draft-Tag. "Ich dachte, dass dies das Ende meiner Basketball-Karriere ist. Natürlich habe ich mich geehrt gefühlt, aber ich hätte nie gedacht, dass ich es ins Team schaffe."
Eine Basketball-Karriere wollte Jones ohnehin eigentlich nicht anstreben. Als er von den Celtics gedraftet wurde, lag dem damals 23-Jährigen ein Angebot für einen Job als Lehrer vor. Jones war hin- und hergerissen und traf eine Entscheidung. Würde die Schule eine Gehaltserhöhung um 500 Dollar akzeptieren, würde er nicht bei den Celtics erscheinen und auf eine NBA-Karriere pfeifen.
Die Schule lehnte ab, also verließ Jones doch seine Heimat, um es in der Liga zu versuchen. Viel sprach nicht für Jones, dessen Konkurrenz im überladenen Backcourt der Celtics hieß Cousy oder Bill Sherman, die in der Vorsaison zusammen mit Russell die Celtics zum ersten Titel geführt hatten.
Der Bank Shot als Markenzeichen
Jones stach zu Beginn nicht heraus, doch der Junge aus North Carolina war ein harter Arbeiter, der sich stetig verbesserte. Das Markenzeichen von Jones war schon zu Beginn seiner Karriere der Bank Shot, also der präzise Sprungwurf mit Brett. In seiner Jugend war Jones oft frustriert, weil er zu viele Korbleger vergab, also überlegte er sich eine Alternative.
Stundenlang arbeitete Jones also an seinem Wurf und visierte immer wieder die Markierung am Brett an, um über jenes den Ball im Korb unterzubringen. Heutzutage sieht man diesen Wurf eher selten, mit Tim Duncan oder auch Dirk Nowitzki haben zwei der letzten Verfechter dieses Wurfs ihre Karrieren beendet.
Damals fand dieser Wurf häufiger Verwendung - nur war keiner darin besser als Jones. Der kam zwar in seinen ersten Jahren in Boston nur von der Bank, doch von Beginn an zählte der Guard zu den besten Werfern in seinem Team.