Kristaps Porzingis hat es bereits erwischt, Jimmy Butler ebenso. In vielen Fällen wird die Rückkehr eines ehemaligen Franchise-Stars an alte Wirkungsstätte mit positiven Emotionen begleitet, es gibt ein Tribut-Video, warmen Applaus der Fans. Nicht so bei Porzingis in New York oder Butler in Philadelphia, die in den vergangenen Wochen pure Abneigung zu spüren bekamen. Nun ist Anthony Davis an der Reihe.
"Jedes Mal, wenn ich den Ball berühre, wird es wahrscheinlich Buh-Rufe geben", gab sich die Braue vor seiner Rückkehr nach New Orleans in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (ab 3.30 Uhr live auf DAZN) keinen Illusionen hin.
Schon vor Monaten haben sich die Pels-Fans dieses Datum rot in ihrem Kalender markiert, genau wie die Braue selbst. "Das ist das Spiel des Jahres für mich", erklärte Davis Anfang November gegenüber The Athletic. "Was wird passieren? Werde ich gut spielen? Ich bin nie nervös vor einem Spiel, aber ich werde wahrscheinlich vor diesem nervös sein."
Anthony Davis: Trade-Forderung bringt Pels-Fans gegen ihn auf
Sieben Jahre verbrachte der Big Man in New Orleans, nachdem er 2012 an Position 1 von den damaligen Hornets gedraftet und die Schlüssel für die Franchise in die Hand gedrückt bekam. Davis sollte das Team in eine erfolgreiche Zukunft nach der Ära Chris Paul führen, dieses Projekt scheiterte am Ende krachend.
Ende Januar 2019, wenige Wochen vor der Trade Deadline, forderte Davis' Agent Rich Paul öffentlich einen Trade seines Klienten. Ein Deal kam (zunächst) nicht zustande, AD musste bis zum Saisonende noch mehrmals im Pelicans-Trikot auflaufen. Das Tischtuch war da aber bereits zerrissen, mehrfach hagelte es Buh-Rufe von den eigenen Fans.
"AD ist ein großartiger Junge. Ihr werdet mich nicht dazu bringen, etwas Negatives über ihn zu sagen", nahm Pels-Coach Alvin Gentry seinen ehemaligen Schützling gegenüber USA Today jedoch in Schutz. "Er wollte getradet werden. Er hatte das Recht dazu, einen Trade zu fordern. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen."
Das dürften die Fans in New Orleans nicht ganz so locker sehen.
Anthony Davis: Sportlich enttäuschende Jahre in New Orleans
Beim bisher letzten Besuch von AD im Smoothie King Center - es war das letzte Heimspiel der Pelicans 2018/19, in dem der Big Man nicht zum Einsatz kam - betrat er die Arena in einem T-Shirt mit der für Pels-Fans provokanten Aufschrift "That's all folks" ("Das war alles, Leute"). Er sollte Recht behalten, gegen Ende Juni bekam Davis seinen Willen und wurde zu den Lakers getradet.
In der Stadt der Engel findet er nun endlich die Bedingungen vor, auf die er in New Orleans fast sieben Jahre lang erfolglos gewartet hatte. Die Pelicans schafften es nie, einen echten Titelanwärter um AD aufzubauen, erreichten mit ihm nur zweimal die Playoffs. Pech war sicherlich auch dabei, beispielsweise als sich DeMarcus Cousins 2017/18 die Achillessehne riss, gleichzeitig aber auch viel Unvermögen Seitens des Front Office um den ehemaligen General Manager Dell Demps.
Nun hat Davis im lila-goldenen Jersey beste Voraussetzungen, erstmals in seiner Karriere einen tiefen Playoff-Run hinzulegen. Mit 15 Siegen und zwei Niederlagen hat die Traditionsfranchise einen exzellenten Saisonstart hingelegt. Einerseits dank eines LeBron James in MVP-Form, andererseits dank Davis.
Die Karrierestatistiken von Anthony Davis
Team | Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Blocks | FG% |
Hornets/Pelicans | 466 | 34,6 | 23,7 | 10,5 | 2,1 | 2,4 | 51,7 |
Lakers | 16 | 34,8 | 25,1 | 9 | 3,8 | 2,9 | 47,4 |
Los Angeles Lakers: Anthony Davis soll Dreier werfen
Der 26-Jährige wirkt zum Saisonstart wie der ideale Superstar an der Seite des Königs. Seine Fähigkeiten, im Post zu scoren, die Offense auch mal in die Hand zu nehmen und LeBron Pausen zu verschaffen, haben die Lakers im vergangenen Jahr schmerzlich vermisst.
Zusätzlich arbeitet Davis an seinem Distanzwurf, um seinen Beitrag zum Spacing zu leisten. "Wir wollen, dass er mehr Dreier nimmt", bestätigte James. "Die Teams lassen ihm Platz und er ist ein zu guter Schütze, um nicht zu werfen." Vom Coaching Staff habe er laut eigener Aussage zuletzt die Vorgabe erhalten, mindestens fünfmal pro Spiel von Downtown abzudrücken und "aufzuhören, zu zögern".
Zu Pelicans-Zeiten kam AD auf 1,2 Triples pro Partie, auch wenn er das Volumen in den vergangenen Jahren immer mehr erhöhte. In den vergangenen fünf Partien waren es nun 5,2 Versuche aus der Distanz, die er in 42,3 Prozent der Fälle im Korb unterbrachte.
Davis hat sich seit seinem Umzug nach Hollywood nicht ausgeruht, stattdessen hat er sein Spiel auf ein neues Level gehoben. Selbst wenn er offensiv mal einen eher gebrauchten Abend erwischt, wie zuletzt beim Sieg gegen die Spurs (19 Punkte, 7/19 FG, 1/6 Dreier), Davis findet andere Wege, zu dominieren.
Anthony Davis: Wiederholungstäter als Blockmonster
"Großartige Spieler verlassen sich nicht nur auf ihr Shot-Making, um das Spiel zu beeinflussen", lobte Lakers-Coach Frank Vogel. "Genau das ist das Schöne an Anthony Davis." Mit soliden Verteidigern auf dem Flügel sowie Davis als Anker in der Mitte stellen die Lakers eine der besten Defenses der Liga.
Seine Dominanz unter dem eigenen Korb ist beeindruckend: Angreifer treffen gegen Davis in direkter Ringnähe gerade einmal 41,4 Prozent ihrer Würfe, der mit Abstand beste Wert unter allen Verteidigern mit mindestens zehn Spielen und 20 Minuten pro Partie. Dazu führt er die Association zum vierten Mal in den vergangenen sieben Jahren in Blocks an (2,9) und steht auch am Perimeter seinen Mann.
"Es gibt niemanden wie ihn in der NBA", zeigte sich Vogel beeindruckt. "Er ist einzigartig. So wie er das Spiel beeinflusst, sowohl am Ring als auch mit seinen Dreiern und elitärer Defense ... das ist etwas ganz Besonderes."
Anthony Davis und die Pelicans: "Hatte eine großartige Zeit"
Etwas, was die Pelicans-Fans nur allzu gern noch einige weitere Jahre in ihrer Stadt gesehen hätten. Stattdessen kehrt Davis nun in einem Lakers-Trikot ins Big Easy zurück, wo sich das Team mit Brandon Ingram, Lonzo Ball und (hoffentlich) bald auch Nr.1-Pick Zion Williamson eine neue Zukunft aufbaut.
"Ich hatte eine großartige Zeit. Ich glaube, eine Menge Leute dort wissen das", sagte Davis vor seiner Rückkehr. "Der Rest sind Fans von den Pelicans, ich verstehe, warum sie so fühlen. Aber von meiner Seite aus gibt es nur Liebe." Viele Jahre lang wurde die von Seiten der Fans erwidert. Damit ist es nun vorerst vorbei.