Mit dabei: Die nächste Entwicklungsstufe von Kawhi Leonard, der perfekte Partner für Kristaps Porzingis, die Schwächen der Defense bei den Golden State Warriors und ein beförderter Sixth Man.
Brandon Ingram und der Saisonstart der Pelicans
Den Start in die Saison haben sich die Pelicans definitiv anders vorgestellt. Zion Williamson fällt wochenlang aus, die ersten vier Spiele gingen gleich alle verloren, die Defense ist bisher mehr als nur anfällig (116,6 zugelassene Punkte auf 100 Ballbesitze: Platz 29 beim Defensiv-Rating) und die Euphorie hat eine ordentliche Delle bekommen. Dennoch empfiehlt es sich schon jetzt, sich die Spiele dieses Teams anzusehen.
Es passt noch nicht alles zusammen, bei weitem nicht. Aber es gibt Momente, teilweise auch ganze Viertel, in denen das Potenzial durchblitzt: Wenn Lonzo Ball das Tempo forciert, in Jrue Holiday und Brandon Ingram zwei weitere starke Playmaker mitwirken, Derrick Favors zum Korb rollt oder Nicolo Melli Bomben von Downtown einstreut, kann es teilweise fast magisch werden.
Das erste Viertel bei der Niederlage gegen Dallas ging in diese Richtung. Die Mavs switchten alles, die Pelicans teilten den Ball wunderbar und nutzten das teilweise schwache Timing von Kristaps Porzingis (siehe unten) gnadenlos aus, sodass ihre Offense bisweilen einer Layup-Line gleichkam.
In solchen Momenten blitzt der kollektive Basketball-IQ des Teams durch; 14 Assists und 41 Punkte standen für New Orleans nach nur einem Viertel zu Buche. Stafetten wie diese hier waren keine Seltenheit.
Dallas adjustierte, in der Folge blieb es bei weitem nicht so flüssig. Den Pelicans fehlen dann teilweise die Mittel, zumal sie offensiv schon brillant sein müssten, um die katastrophale Defense zu kaschieren. Trotzdem: Ansätze für eine rosige Zukunft zeigen sich, auch ohne Zion. Nicht zuletzt hat das mit der Personalie Ingram zu tun.
In Abwesenheit vom Nr.1-Pick ist Ingram der Starter auf der Vier und auch der Spieler mit der größten Offensivlast. Die individuellen Resultate sind bisher vielversprechend. Über seine ersten vier Spiele für New Orleans hat Ingram 27,3 Punkte, 9,5 Rebounds und 4,8 Assists aufgelegt. Besonders auffällig sind die Quoten: 50 Prozent aus dem Feld, 50 Prozent von der Dreierlinie.
Nun ist die Prozentzahl selbst vorerst gar nicht so wichtig, die Stichprobe ist zu gering, auch wenn Ingram immerhin schon 28-mal in vier Spielen draufgehalten hat. Das Volumen ist wichtiger. Ingram nimmt Würfe ohne zu zögern, häufig aus der Ecke, sein Wurfprofil ist moderner geworden als in den letzten Jahren.
Generell wirkt er weniger hektisch, als würde sich das Spieltempo für ihn verlangsamen. Er lässt das Spiel mehr auf sich zukommen. Auch wenn er isoliert wird und aus der Mitteldistanz draufhält, macht er das bisher effizient. Am Ring muss er noch zulegen, Freiwürfe zieht er nicht viele, mehr denn je zeigt Ingram aktuell aber das Potenzial, ein kompletter Offensiv-Spieler werden zu können.
Angesichts seines Blutgerinnsels im Arm aus dem Frühling ist das keine Selbstverständlichkeit. Natürlich können und werden sich auch die Zahlen wieder etwas einpendeln und wie Ingrams Rolle neben Zion aussehen wird, ist nicht gewiss. Defensiv offenbart er bisweilen große Defizite, nach wie vor auch aufgrund seiner fehlenden Physis. Seine Auftritte zum Saisonstart sind dennoch ein sehr gutes Zeichen.
Und eins ist klar: Wenn er das auch nur annähernd beibehalten kann, wird er im kommenden Sommer als Restricted Free Agent teurer werden als die Spieler seines Draft-Jahrgangs, die vor Saisonstart auf den letzten Drücker noch ihre Verträge verlängert haben. Ob bei den Pelicans oder anderswo.
Große Jungs bei den Dallas Mavericks
Im angesprochenen Spiel zwischen den Pelicans und Dallas legte auch Kristaps Porzingis eine recht interessante Partie hin. Der Lette kam zwar auf gute 24 Punkte, in der Schlussphase setzte Rick Carlisle ihn jedoch auf die Bank, nachdem er mehrfach unkluge Isolation-Plays versucht hatte; den Sieg brachten die Mavs dann ohne ihn nach Hause.
Porzingis hat sein Timing noch nicht komplett zurück, was nach einer so langen Pause nicht verwundern sollte. Für viel mehr Platz sorgt er offensiv dennoch, auch wenn er nach wie vor kaum dribbeln kann und sein altes Faible für schwierige Mitteldistanzwürfe nicht verloren hat. Das ist für Dallas momentan aber halb so wild, zumal Luka Doncic sich zumeist in bestechender Form präsentiert und auch die Bank für Siege sorgen kann.
Die beiden zeigen schon jetzt einige gute Ansätze im Zusammenspiel und es dürfte nur noch besser werden. Interessanter ist vielleicht schon die Frage, wie man Porzingis' defensiven Einfluss am besten maximiert. Auch hier sorgte das Pelicans-Spiel für einige Anschauungsbeispiele in mehrere Richtungen.
Mit Porzingis als einzigem echten Big hatten die Mavs defensiv große Probleme, was sich bisher durch die Saison zieht. New Orleans verwickelte ihn in viele Pick'n'Rolls und zog ihn weg vom Korb; während KP auf den kleineren Guard switchte, rollte sein Gegenspieler Favors immer wieder ab und kam dann völlig offen an Korbleger. Porzingis war hier oft den einen Schritt zu langsam, großartige Hilfe gab es von den anderen Mavs allerdings auch nicht.
Das änderte sich vor allem durch zwei Personalien. Maxi Kleber und Delon Wright stopften schon im zweiten Viertel diverse Löcher und wurden in der zweiten Hälfte dann auch in die "Starting Five" befördert. Gerade Kleber wirkte dabei mit seiner Fähigkeit zu switchen wie ein idealer Komplementärspieler zu Porzingis.
Mit ihm auf dem Court schafften es die Mavs regelmäßig, dass einer von beiden Bigs in Korbnähe blieb, um den Ring zu beschützen, was vorher überhaupt nicht funktioniert hatte. Einige Male trieb Kleber gewissermaßen die Gegenspieler Richtung Korb, wo Porzingis dann wartete (insgesamt 5 Blocks im Spiel). Genauso gelang es ihm auch in der Schlussphase gegen Denver, in der das Lineup mit den beiden "Twin Towers" den Sieg herbeiführte.
Die Kombination der beiden ist offensiv nicht ohne Herausforderungen, solange es bei Kleber ein Auf und Ab bleibt. Offensiv kommen die Mavs mit beiden bisher nur auf ein schwaches 100er-Rating, da Dallas eben auch auf dem Flügel nicht ausschließlich gute Schützen aufbietet; das Spacing ist nicht ideal. Auch sind beide keine herausragenden Rebounder, wobei das zu vernachlässigen ist, solange die Mavs als Team genug Rebounds einsammeln.
Defensiv ist das Potenzial aber sehr groß, bisher verzeichnet Dallas mit beiden Bigs ein Rating von 103,7, was letzte Saison ligaweit Platz 1 bedeutet hätte. Kleine Stichprobe, natürlich - so gut muss es nicht bleiben.
Fakt ist aber, dass Kleber und Porzingis defensiv extrem gut zueinander passen. Übrigens auch deutlich besser als Porzingis und Dwight Powell, der bei seiner Rückkehr gegen Denver direkt wieder startete, dabei allerdings nur sechs Minuten neben KP auf dem Court verbrachte.
In entscheidenden Momenten könnte (und sollte) man Kleber häufiger auf dem Court sehen als ihn. Sobald der Deutsche seinen bisher schwachen Distanzwurf (25 Prozent) stabilisiert bekommt, haben die Mavs in ihm und Porzingis großes Two-Way-Potenzial auf den großen Positionen.