Die Transaktionen der New Orleans Pelicans
Die Offseason verlief in New Orleans auf den ersten Blick mehr als unspektakulär. Nachdem bereits einen Tag zuvor Backup-Spielmacher Tim Frazier für eine Trade Exception zu den Washington Wizards abgegeben worden war, verstärkte man sich im Draft mit Guard Frank Jackson (31. Pick).
Quinn Cook und Axel Toupane wurden dagegen trotz solider Auftritte im Anschluss an die Summer League entlassen. Der eigene Erstrundenpick (#10) war bereits im Rahmen des Trades für DeMarcus Cousins nach Sacramento und anschließend zu den Portland Trail Blazers gewandert. Ohne frisches Lottery-Talent lag der Fokus also zwangsläufig darauf, die eigenen Leistungsträger in Louisiana zu halten.
Folglich einigte man sich mit Point Guard Jrue Holiday frühzeitig auf einen neuen Vertrag, der dem 27-Jährigen in den kommenden fünf Jahren 126 Millionen Dollar einbringen wird - ein mehr als stolzer Preis.
Aufgrund der finanziellen und sportlichen Lage der Pelicans war der Druck jedoch groß, Holiday unter allen Umständen zu halten - und die Verhandlungsposition von General Manager Dell Demps entsprechend schlecht. Hätte man den Unrestricted Free Agent ohne Gegenwert ziehen lassen, hätten dennoch nicht einmal 15 Millionen für Neuverpflichtungen zur Verfügung gestanden. Dieser Spielraum hätte auf keinen Fall gereicht, um Holiday annähernd gleichwertig zu ersetzen.
Der einzige große Name, den man nach New Orleans locken konnte, war Rajon Rondo (1 Jahr/3,3 Millionen). Außerdem verpflichtete man den Ex-Bamberger Darius Miller für zwei Jahre zum Minimum-Gehalt (Team-Option im zweiten Jahr).
Die Strategie der New Orleans Pelicans
Nach dem Trade für DeMarcus Cousins kann es nur eine Strategie geben: New Orleans will in die Playoffs, und das so schnell wie möglich. Cousins wird nach der kommenden Saison Free Agent und kann sich, sollte ihn die Perspektive im "Big Easy" nicht überzeugen, 2018 einen neuen Arbeitgeber suchen. In diesem Fall hätten die Pelicans ein Team ohne jegliche Playoff-Chancen und kümmerliche neun Millionen Dollar verfügbaren Capspace.
Damit würde auch der absolute Super-GAU ein beängstigend realistisches Szenario: Nach dann sechs erfolglosen Jahren und ohne Hoffnung auf Besserung könnte Anthony Davis genug haben und auf einen Abschied aus New Orleans drängen. Mit noch zwei Jahren Vertragslaufzeit (für die Saison 2020/21 besitzt Davis eine Spieleroption) stünde das Team dann bereits unter Druck, tatsächlich über einen Trade nachzudenken.
Der Tradewert des Big Man wäre natürlich enorm, gerade Celtics-GM Danny Ainge würde seine geliebten Assets für einen Spieler wie Davis wohl ohne großes Zögern aus dem Panzerschrank holen. Dennoch: Davis und Cousins gehen zu lassen, wäre für einen unattraktiven Markt wie New Orleans eine Katastrophe, der teure Holiday-Vertrag nur noch ein Klotz am Bein.
Die Schwachstellen der New Orleans Pelicans
Die "Twin Tower" müssen also durch sportlichen Erfolg überzeugt werden und sind dafür natürlich auch selbst von zentraler Bedeutung. Denn um sie herum weist der Kader noch erhebliche Schwächen auf. Vor allem das fehlende Spacing sorgte bereits in der vergangenen Saison dafür, dass die Offensive nach Counsins' Ankunft nicht in Schwung kam.
Mit einer Dreierquote von 33,5 Prozent belegten die Pelicans nach dem All-Star-Break ligaweit nur Platz 24. Und selbst diese Platzierung drückt noch nicht vollständig aus, wie sehr es dem Team an zuverlässigen Schützen fehlt. Nicht zuletzt die Anziehungskraft von Davis und Cousins sorgte nämlich durchaus für zahlreiche einfache Würfe, nur sieben Teams hatten einen höheren Anteil "weit offener" Distanzwürfe (ohne Verteidiger im Umkreis von 6 Fuß).
Diesen Platz konnten die Flügelspieler jedoch nicht effektiv nutzen, lediglich Jordan Crawford traf bei ordentlichem Volumen mehr als 33 Prozent seiner Dreier. Gleichzeitig machte das fehlende Spacing den Big Men und Ballhandlern das Leben schwer. Vor allem Jrue Holidays Effizienz brach an der Seite des Big-Man-Duos deutlich ein, der fehlende Platz beim Zug zum Korb ließ seine Wurfquote sinken und die Turnover-Quote ansteigen.
Diese Schwachstelle konnte das Front Office in der Offseason jedoch nicht beheben. Backup-PG Tim Frazier (31,3 Prozent 3FG) wurde in Rajon Rondo durch einen größeren Namen, aber ebenso schlechten Schützen ersetzt - über seine Karriere trifft Rondo nur 30,4 Prozent seiner Dreier. Zweitrundenpick Jackson (39,5 Prozent) und EuroLeague-Star Miller (41,1 Prozent) waren in der vergangenen Spielzeit zwar treffsicher aus der (in Europa und am College kürzeren) Distanz, sind aber in der NBA wohl eher Spieler für das Ende der Bank.
Der Hoffnungsträger der New Orleans Pelicans
Für die sportliche Entwicklung müssen also vor allem die etablierten Spieler sorgen. Das Zusammenspiel rund um die beiden Superstars im Frontcourt schien im Laufe der Zeit bereits immer besser zu funktionieren. Waren die Pelicans in den ersten elf Spielen der Twin-Tower-Ära noch die zweitschlechteste Offensive der Liga (99,7 Punkte pro 100 Ballbesitzen), überzeugte das Team anschließend mit einem starken Endspurt und der achtbesten Offense (110 Punkte pro 100 Ballbesitzen). Auch die Verteidigung gehörte nach dem Trade für Cousins zu den besseren der Liga.
Um allerdings in der unglaublich starken Western Conference tatsächlich die Playoffs zu erreichen, ist vor allem der neue Top-Verdiener Holiday gefragt. Er hatte die größten Anpassungsprobleme an das neue Teamgefüge und wird sich wohl auch in der kommenden Saison mit dem eher unterdurchschnittlichen Spacing der Pelicans arrangieren müssen. So seltsam das klingt: Die Verpflichtung eines weiteren balldominanten Point Guards wie Rondo könnte Holiday sogar gut tun.
Bereits 2016/17 war Holiday an der Seite von Tim Frazier deutlich effizienter als ohne ihn. Aufgrund seiner Größe und seiner Fähigkeiten als Spotup-Schütze ist er durchaus in der Lage, an beiden Enden des Feldes als nomineller Shooting Guard zu agieren. Viel wird für die Pelicans davon abhängen, dass der 27-Jährige zu einer effizienten Scoring-Option abseits des Balles wird. Auch defensiv müssen Holiday und E'Twaun Moore aufgrund der fehlenden Tiefe auf dem Flügel versuchen, in möglichen Drei-Guard-Lineups auch größeren Gegenspielern Paroli zu bieten.
Das Fazit
Nur wenige Teams in der NBA können zwei Superstars in ihrer absoluten Prime ihr Eigen nennen. Dennoch werden es die Pelicans schwer haben, im Westen die Playoffs zu erreichen. Konkurrenten wie Denver, Oklahoma City und Minnesota konnten in der Offseason deutlich aufrüsten, während New Orleans auf der Stelle tritt. Die größte Schwachstelle - das fehlende Spacing - konnte nicht behoben werden, die Verpflichtung von Rondo bringt auf und neben dem Platz ein gewisses Risiko mit sich. Allerdings kennt Rondo seinen neuen alten Kollegen Cousins noch aus alten Kings-Zeiten.
Aufgrund der mangelnden finanziellen Flexibilität ist sie jedoch ebenso nachvollziehbar wie die kostspielige Vertragsverlängerung mit Jrue Holiday. Nun muss der Coaching-Stab um Head Coach Alvin Gentry das vorhandene Talent zu einem funktionierenden Team Formen - keine leichte Aufgabe mit diesem unausgewogenen Kader, in dem es vor allem an den in der heutigen NBA so wichtigen Schützen und Flügelspielern fehlt. Dennoch deutete sich zum Ende der vergangenen Saison an, dass das etwas aus der Zeit gefallene Twin-Tower-Experiment dank des enormen Talents von Davis und Cousins vielleicht doch eine Zukunft hat.
Die Note: 4