SPOX: Jordan, ist es eigentlich richtig, dass während Ihrer Kindheit Fußball Ihr absoluter Lieblingssport war?
Clarkson: (lacht) Ja, das stimmt! Meinen Eltern war es wichtig, dass ich mich schon als kleines Kind sportlich betätige. Mein Vater hat mich dann einfach mal zu einem Fußball-Team gebracht und mir hat es gleich riesig Spaß gemacht. Auch mit meinen Freunden habe ich mich direkt nach der Schule oft zum Zocken getroffen. Etwas später kam dann auch noch Leichtathletik hinzu. Vor allem die Sprintdistanzen über 100, 200 und 400 Meter waren meine Parade-Disziplinen.
SPOX: Interessieren Sie sich auch heute noch für Fußball?
Clarkson: Oh ja, definitiv! Wir haben bei den Lakers mit Jose Calderon, Marcelo Huertas oder Luol Deng einige Jungs, bei denen Fußball ebenfalls ein sehr großes Thema ist. Wir sprechen viel darüber und schauen uns nach Möglichkeit sogar gemeinsam Spiele an. Mein Lieblingsspieler ist Cristiano Ronaldo von Real Madrid. Es ist schon krass, was er alles mit dem Ball anstellen kann. Zudem haben wir in Los Angeles mit LA Galaxy ja auch ein MLS-Team. In der Vergangenheit haben wir uns dort auch schon mal die eine oder andere Partie angesehen. Von der Stimmung her war das schon ziemlich cool.
SPOX: Sie haben Ihren sportlichen Ausflug zur Leichtathletik beziehungsweise zu den Sprint-Disziplinen bereits angesprochen. Hat Ihnen diese Erfahrung und das spezifische Training im Hinblick auf Ihre später eingeschlagene Basketball-Karriere geholfen?
Clarkson: Auf jeden Fall! Ich habe während dieser Zeit zum ersten Mal gezieltes Krafttraining gemacht, um im Schnellkraft-Bereich und der Geschwindigkeit entsprechend zuzulegen. Auch an der Beweglichkeit haben wir sehr viel gearbeitet. Das sind alles Dinge, die mir nun beim Basketball extrem zugutekommen. Von dem her bin ich auf alle Fälle froh, dass ich zwischenzeitlich diesen Weg eingeschlagen habe.
SPOX: Was sehr ungewöhnlich ist: Erst im Alter von 14 Jahren haben Sie damit begonnen, organisiert Basketball zu spielen. Gab es einen ganz bestimmten Punkt oder Moment, an dem Sie sich letztlich für den Basketball und gegen die Leichtathletik und den Fußball entschieden haben?
Clarkson: Ich habe tatsächlich zunächst nur mehr oder weniger hobbymäßig beziehungsweise in meiner Schule gezockt - wobei ich da auch schon immer einer der Besten war. Nun, mit der Leichtathletik haben wir vor allem im Sommer trainiert. Nachdem wir damals in Texas gelebt haben und es um diese Jahreszeit dort immer extrem heiß war, wurde mir das irgendwann alles zu heftig. Somit ist meine Wahl dann auf eine Sportart - eben Basketball - gefallen, bei der man in einer kühlen Halle trainieren und spielen kann. (lacht)
SPOX: Wie lange hat es gedauert, bis Sie zum ersten Mal das Gefühl hatten, im Basketball richtig Karriere machen zu können?
Clarkson: Das ging eigentlich ziemlich schnell. Als ich in die High School beziehungsweise ins dortige Basketball-Team gekommen bin, hat sich das alles rasant entwickelt. Ich hatte einen guten Coach, war von Beginn an Starter und Leistungsträger meiner Mannschaft. Da habe ich schon früh gemerkt, dass ich es zu etwas bringen kann, wenn ich weiter hart an mir arbeite.
SPOX: Nach Ihrer College-Zeit bei Tulsa und Missouri haben Sie sich dann für den NBA-Draft 2014 angemeldet - und wurden erwartungsgemäß auch gezogen! Welcher Moment war für Sie der emotionalere: Der Draft-Pick in der 2. Runde an 46. Stelle von den Washington Wizards oder der sofortige Trade zur ruhmreichen Franchise der Los Angeles Lakers?
Clarkson: (überlegt) Grundsätzlich hatte ich an diesem Tag eigentlich eher gemischte Gefühle. Zunächst einmal war ich schon etwas enttäuscht und verwundert, dass ich erst so spät ausgewählt wurde. Als die Wizards dann jedoch meinen Namen genannt haben und mir kurze Zeit später mitgeteilt wurde, dass ich zu den Los Angeles Lakers getradet worden sei, habe ich mich natürlich schon gefreut und war zugleich auch extrem gespannt, was bei dieser - wie Sie schon gesagt haben- ruhmreichen Franchise auf mich zukommen würde.
SPOX: Welche Erinnerungen haben Sie bis dahin in Ihrer Kindheit und Jugendzeit mit den Los Angeles Lakers verbunden?
Clarkson: Klar, in erster Linie war da Kobe Bryant. Welche Dinge er auf dem Court gemacht, wie er Spiele entschieden und Meisterschaften gewonnen hat, das war schon heftig. Gerade als Kind ist man davon brutal beeindruckt. Ansonsten natürlich noch Shaq oder auch Magic Johnson. Ich habe ihn aufgrund meines Alters nicht mehr spielen sehen. Aber er ist bei den Lakers einfach eine Legende, die in den USA jeder kleine Knirps kennt.
SPOX: Nach Ihrem Trade von den Wizards zu den Lakers kam dann der Tag, an dem Sie erstmals gemeinsam mit dem "großen" Kobe Bryant gemeinsam auf dem Trainingscourt standen. Wie waren Ihre ersten Eindrücke?
Clarkson: Ich war natürlich schon extrem aufgeregt. Als wir dann ein Trainingsspiel gemacht haben, musste ich ihn gleich verteidigen! Das werde ich nicht vergessen - Kobe hat mich regelrecht gekillt. (lacht) Ich war einfach absolut chancenlos gegen ihn und seine Moves. Das war schon eine sehr "interessante", harte und lehrreiche Erfahrung. (lacht)
SPOX: Sie hatten insgesamt zwei Spielzeiten die Gelegenheit, gemeinsam mit Kobe Bryant zu trainieren und spielen. Was haben Sie von ihm gelernt?
Clarkson: Nun, es war einfach faszinierend zu sehen, mit welcher Einstellung er in jedes Training und in jedes Spiel gegangen ist. Kobe hat bis zum Schluss weder sich selbst noch seine Mit- oder Gegenspieler geschont. Für mich ist er das beste Beispiel dafür, was man mit harter Arbeit erreichen kann. Dass er so viele Jahre auf allerhöchstem Niveau gespielt und die Liga dominiert hat, war kein Zufall. Das hat mich schon sehr inspiriert.
SPOX: Die erste Hälfte Ihrer Rookie-Season 2014/15 haben Sie vor allem beim D-League-Team der Lakers, den L.A. Defenders, verbracht. Im Nachhinein betrachtet: Wie wichtig war dieser vermeintliche "Schritt zurück" für Ihre weitere Karriere?
Clarkson: Ich würde ihn definitiv als sehr wichtig bezeichnen. Klar bist du am Anfang etwas enttäuscht, weil man ja so schnell wie möglich in der NBA spielen möchte. Aber für meine Entwicklung war es genau die richtige Entscheidung. Ich habe dort mit den Coaches jeden Tag sehr hart gearbeitet, habe viel Spielpraxis bekommen und viel Verantwortung übernommen. Dementsprechend ist auch mein Selbstvertrauen immer größer geworden. Als ich dann zu den Lakers zurückgekommen bin, habe ich davon extrem profitiert.
SPOX: Viele Beobachter waren der Meinung, dass die vergangene NBA-Saison mit der Abschiedstour von Kobe Bryant eher kontraproduktiv für die Entwicklung sowohl der einzelnen Spieler als auch der gesamten Lakers-Mannschaft gewesen sei. Würden Sie das bestätigen?
Clarkson: (überlegt) Ich denke eher nicht, dass uns das als Team jetzt in irgendeiner Form negativ beeinflusst hat. Klar: Alles stand im Schatten von Kobe. Aber wenn man sich seine Karriere betrachtet und was er alles geleistet hat, dann ist das auch völlig normal. Für uns war es letztlich auch eine schöne Sache, mit ihm seine letzte NBA-Saison gemeinsam zu verbringen und in diesem Zeitraum nochmals zu reflektieren, wie gut und erfolgreich er war. Auch die Wertschätzung, die ihm in fremden Hallen entgegengebracht wurde, hat das ja deutlich unterstrichen.
SPOX: Aktuell befinden sich die Lakers ja im "Jahr eins nach Kobe". Wie hat sich Ihrer Meinung nach die Spielweise des Teams ohne den ehemaligen Superstar verändert?
Clarkson: Nun, aufgrund der Tatsache, dass wir eben viele junge und schnelle Spieler im Kader haben, setzt unser neuer Headcoach Luke Walton speziell auf den Faktor Geschwindigkeit. Wir versuchen, diese zu nutzen und zudem mit viel Ball-Movement Situationen und Würfe zu kreieren. Dass ist im Übrigen überhaupt nicht despektierlich gegenüber Kobe Bryant gemeint. Kobe war quasi in der Lage, alles zu tun. Er war im Eins-gegen-Eins nicht zu stoppen, hat sich selbst in gute Wurf-Positionen gebracht oder hat selbst die schwierigsten Würfe getroffen. Nachdem er jedoch nicht mehr da ist, wollen wir die Verantwortung auf viele Schultern verteilen, wodurch wir sicherlich auch schwerer auszurechnen sind.
SPOX: Was denken Sie, wie lange es dauern wird, bis die Los Angeles Lakers wieder ein echtes und dauerhaftes Playoff-Team sind?
Clarkson: Unser Ziel für diese Saison war und ist es auf alle Fälle, beim Kampf um die Playoffs nicht nur mitzukämpfen, sondern am Ende auch einen Platz zu ergattern. Dafür tun wir momentan alles. Wir verfügen über eine sehr junge und talentierte Truppe, haben aber auch richtig gute erfahrene Jungs dabei. Natürlich dauert es, bis das alles zusammenwächst und wir unser wahres Potenzial ausschöpfen können. Aber wenn man uns in dieser Konstellation noch ein bisschen Zeit gibt, dann bin ich überzeugt: In ein, zwei Jahren sind wir ein echter Contender im Westen.