Nachdem er bereits 1984 mit den College-Boys bei Olympia den Titel geholt hatte, reiste Ewing 1992 als wichtiger Teil des Dream Teams nach Barcelona. Dieses Mal an der Seite von MJ. Auf dem Weg zu Goldmedaille Nr. 2 wurde dem Rest der Welt eindrucksvoll demonstriert, wie der Sport mit dem orangefarbenen Ball richtig gespielt wird.
Durch die Erfahrung im Team USA reifte Ewing - und mit ihm sein Spiel. "Ich war genauso wichtig und genau so clever wie jeder Guard, mit dem ich zusammengespielt habe", so Big Pat über seine Rolle bei den Knicks: "Ich war es, der die Spielzüge ansagen, die Systeme kennen und die gegnerischen Konzepte beobachten musste. Ich tat alles, was sie auch tun mussten."
Eine einmalige Gelegenheit
Dann kam sie, die große Chance. Nach dem Rücktritt von MJ waren die Bulls schlagbar - und wie viele andere Teams träumte New York vom Titel. Spoiler-Alarm: Er sollte nicht in den Big Apple gehen. Hakeem Olajuwon hatte etwas dagegen.
In den Finals 1994 lieferten sich die Knicks und die Houston Rockets, die The Dream 1984 an Position 1 gezogen hatten, eine epische Defensiv-Schlacht über sieben Spiele. Ewing legte 18,9 Punkte, 12,4 Rebounds und 4,3 Blocks pro Partie auf - doch gegen Olajuwon, der deutlich effizienter agierte, war das nicht genug.
Selbst eine 3:2-Führung reichte nicht, um die Meisterschaft 21 Jahre nach der letzten Ring-Zeremonie wieder nach New York zu holen. Es war Hakeems Revanche für das verlorene NCAA-Finale. Nur auf einer etwas größerer Bühne.
Patrick Ewing: Finger-Roll des Grauens
Von den Conference Semifinals im folgenden Jahr gegen Reggie Millers Pacers wird Ewing vermutlich noch heute Albträume haben. Sein Finger-Roll zum Ausgleich von Spiel 7 landete auf dem hinteren Teil des Rings und zerstörte so auch die zweite Titel-Chance in Jordans Abwesenheit.
Die folgenden drei Jahre gehörten nach dessen Comeback wieder den Bulls, auch wenn Ewing trotz Handicaps durch einen langwierigen Handgelenksbruch seine achte, neunte und zehnte All-Star-Saison in Serie ablieferte. Doch es gab auch ein Problem. Während das Spiel der Knicks grundsätzlich immer athletischer wurde, setzte man trotzdem weiter auf Low-Post-Dominator Ewing.
Kritik wurde laut - es fielen die Worte eigensinnig und selbstsüchtig. Ewing selbst sah in der Offense vermutlich keine andere Option als sich selbst, schließlich hatte er nicht einmal mit einem anderen Spieler von Hall-of-Fame-Format im gleichen Jersey auf dem Court gestanden.
Die Karrierestatistiken von Patrick Ewing
Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Blocks | FG% |
1183 | 34,3 | 21 | 9,8 | 1,9 | 2,4 | 50,4 |
Cinderella auf Krücken
Unter dem jungen Coach Jeff van Gundy schnupperten Ewings Knicks 1999 an der Riesen-Sensation. Als achtplatziertes Team der Regular Season schaltete New York Top-Seed Miami sowie die Atlanta Hawks aus und stand überraschend in den Conference Finals gegen die Pacers.
Ewing hatte seit Monaten mit einer Reizung der Achillessehne gespielt - dachte er zumindest. Nach Spiel zwei wollte die Schwellung nicht abnehmen und eine MRT-Untersuchung ergab die bittere Diagnose: Anriss der Sehne. Saisonaus.
"Er wollte mir nicht glauben", so Team-Arzt Dr. Norman Scott: "Er war richtig depressiv, am Boden zerstört. Endlich war der Titel greifbar und jetzt das. Er fragte immer nur: 'Warum ich? Warum jetzt?'" Ohne Ewing reichte es für die Knicks noch zum Sieg über Indiana, doch in den Finals endete die Cinderella-Story.
Die San Antonio Spurs dominierten dank David Robinson und Tim Duncan die Zone, New York hatte ohne ihren Franchise-Player kein Gegenmittel und ging sang- und klaglos unter. Wieder eine Saison ohne Titel. Näher sollte Ewing der Larry O'Brien Trophy nicht mehr kommen.
Gewöhnungssache
Durch die Ankunft des jungen und talentierten Marcus Camby war Big Pat entbehrlich geworden. 2000 verschifften ihn die Knicks per Trade nach 15 Jahren und 1039 Spielen zu den Seattle SuperSonics. "Jedes Mal, wenn sie meinen Namen ansagten, hörte ich immer 'New York Knicks' statt Seattle 'SuperSonics'", erzählte Ewing später.
In Seattle konnte ebenso wenig an seine besten Zeiten anknüpfen wie als Bankspieler bei den Orlando Magic. An der Seite von Tracy McGrady, Grant Hill und Mike Miller wagte er einen letzten Angriff auf den Titel. Doch in der ersten Playoff-Runde war Schluss. Viel zu früh. Wie so oft in Ewings Karriere. Ein Schlusskapitel, das er im Nachhinein bereute, als er im Alter von 40 Jahren seine Karriere beendete.
Patrick Ewings: Ehrungen als Trostpflaster
Ewing kam als Siegertyp nach New York und wurde zum dominanten Center, den sich die Fans gewünscht hatten. Mehrfach war er ganz nah dran am Titel - doch was ebenfalls in Erinnerung bleibt haben, ist der Makel, in den entscheidenden Situationen versagt zu haben. Der Makel, keinen Ring am Finger zu tragen.
Nichts auf dieser Welt konnte ihn davon befreien. Weder die Knicks, die sein Trikot 2003 unter die Hallendecke zogen, noch die Auswahl für das Team der 50 besten Spieler aller Zeiten oder Aufnahme in die Hall of Fame. Die Ära Ewing im Big Apple mag unvollendet geblieben sein, doch seine Bedeutung für die Nachwelt ist größer als sein Makel - und größer als seine Rolle in "Space Jam".
Es gibt viele Zitate über die Karriere von Patrick Aloysius Ewing. Am besten treffen es wohl die Worte vom ewigen Kontrahenten Michael Jordan: "Er hat das Herz eines Champions. Wenn man an New York denkt hat, dann denkt man an Patrick Ewing. Er hat der Stadt ein neues Leben geschenkt."