SPOX: Sie gingen mit 18 Jahren aus der nigerianischen Heimat in die USA und wechselten zum College-Team von Houston. Hatten Sie damals gedacht, was Sie alles erreichen werden? Sehen Sie sich als Pionier?
Olajuwon: Pionier ist mir ein zu großes Wort. Aber es ist definitiv eine Ehre. Damals wusste niemand, dass es möglich ist, dass ein Afrikaner mit Basketball Geld verdienen und es in die NBA schaffen kann. Damals konnte man es mit viel Glück in die französische Liga schaffen, das war es. Doch dann kamen ich, Dikembe Mutombo und einige andere - und das hat die Jugendlichen zumTräumen gebracht. Sie wissen, dass es zumindest theoretisch möglich ist und geben sich Mühe. Das ist sehr viel wert! Und ich glaube, dass dank der Bemühungen der NBA - das Eröffnen eines eigenen Afrika-Büros in Johannesburg, die Grassroots-Programme, das Scouting - die Chancen immer besser werden, dass der Sprung aus Afrika in die USA gelingt.
SPOX: Sie sind Privatcoach für viele NBA-Stars. Ist es denkbar, dass Sie eine Art Mentor werden für ein afrikanisches Talent, um ihn an das NBA-Niveau heranzuführen?
Olajuwon: Amadou Fall, der das NBA-Afrika-Büro leitet, möchte ein Camp etablieren, an das die besten Talente Afrikas teilnehmen. Das wäre ein wichtiger Schritt und ich würde es lieben, ein Teil davon zu sein. Ich liebe es, nicht erkannte Skills zu entdecken und erkannte Skills zu entwickeln. Das kann ich am besten. Daher könnte ich es mir sehr gut vorstellen, ein afrikanisches Talent unter die Fittiche zu nehmen.
SPOX: Während des NBA-Spiels in London zwischen Milwaukee und New York lernten Sie erstmals Bucks-Supertalent Giannis Antetokounmpo kennen. 20 Jahre jung, Grieche mit nigerianischen Wurzeln und der Größe eines Centers und den Fähigkeiten eines Guards. Worüber sprachen Sie?
Olajuwon: Zunächst interessierte mich am meisten, ob seine Eltern wirklich aus Nigeria kommen und wie sein Name eigentlich ausgesprochen wird. Als ich seinen Namen beim Draft erstmals gelesen hatte, dachte ich schon, dass er mir aus Nigeria bekannt vorkommt. Als wir das geklärt haben, lobte ich ihn für eine Szene, die ich beim Draft in einem Highlight-Clip von ihm sah. Er schnappt sich den Rebound, geht Coast-to-Coast, setzt sich gegen mehrere Gegenspieler durch und zieht zum Korb, obwohl der Weg eigentlich zugestellt war. Dieser Bewegungsablauf ist motorisch und koordinativ extrem herausfordernd und zeigt, zu was für einen besonderen Spieler Giannis werden kann. Was mich am meisten fasziniert: Bei ihm sehen die schwierigsten Bewegungsabläufe so elegant aus. Er vereint Anmut und Grazie mit Kraft - und das ist das höchste Level, das man erreichen kann. Es ist wie damals mit Dirk Nowitzki, der auch etwas neues geschaffen hat. Daher sagte ich Giannis, dass er das gleiche Potenzial wie Dirk besitzt. Die Frage ist jetzt, ob er weiter diszipliniert trainiert. Es klingt einfacher, als es ist.
SPOX: Nowitzki hat Sie diese Saison in der Alltime-Scoring-Liste überholt und als besten internationalen Spieler abgelöst. Ist das schade?
Olajuwon: Nein, gar nicht. Dirk hat mehr erreicht, als alle Experten anfangs geglaubt haben. Und ich weiß, wie schwierig es ist, sich über 15 Jahre in der NBA zu halten und eine prägende Rolle einzunehmen. Aber eines möchte ich noch anmerken und kann es mir nicht verkneifen: Dass es nur die Alltime-Scoring-Liste gibt, finde ich schade. Basketball ist viel mehr als nur Punkten - und wenn es eine Alltime-Liste geben würde, in die zusätzlich Rebounds, Blocks, Steals und Assists reinspielen würde, wäre ich weiterhin vor Dirk. (lacht)
SPOX: Nowitzkiks Mentor Holger Geschwindner arbeitet weiter daran, dass sein Schützling trotz seiner 35 Jahre dazulernt. Unter anderem will er, dass Nowitzki häufiger den Hook Shot, ein klassischer Center-Wurf, nutzt. Können Sie sich das vorstellen?
Olajuwon: Ich höre davon zum ersten Mal. Für mich ist und bleibt Dirk der beste werfende Big Man der NBA-Geschichte. Er ist ein Shooter und er muss nur aufposten, wenn ein kleiner Gegenspieler an ihm dran ist. Doch dafür ist kein Hakenwurf nötig. Und wenn ihn ein größerer Spieler verteidigt, zieht er zum Korb. Dirk und der Hook Shot... Was für eine verrückte Idee! (lacht)
SPOX: Nowitzki hat Geschwindner - und LeBron James hat Sie, um sich im Post zu verbessern. Wie kann man sich Ihre Beziehung vorstellen?
Olajuwon: Es ist keine Mentor-Lehrling-Beziehung. Für mich ist es eine Ehre, wenn jemand wie LeBron anruft und um Rat fragt, weil er die Kunst des Postplays erlernen möchte. Mein Ziel ist es dann nicht, dass ein Spieler meinen Stil kopiert. Vielmehr möchte ich die Stärken des Spielers verstehen und herausfinden, was noch fehlt, um ihn zu komplettieren. Es geht immer um den Spieler und nicht um mich. Bei LeBron ist es so, dass alle Grundlagen vorhanden sind: die Basketball-Intelligenz, die Technik - und vor allem der Körper. Er ist physisch so stark, dass es Verschwendung wäre, wenn er nur von außen wirft. Er kann sich direkt am Korb durchsetzen, egal ob an ihm zwei, drei Gegenspieler dranhängen. Wenn er sich noch häufiger in solche Post-Situationen bringen würde, könnte er noch leichter zu seinen Punkten kommen. An diesen Kleinigkeiten arbeiten wir.
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