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"Das weckt schreckliche Erinnerungen"

Von Ole Frerks
Gregg Popovich (M.) verbindet nicht die schönsten Erinnerungen mit Wade (l.) und James (r.)
© getty

Die Miami Heat treffen erstmals seit den Finals wieder auf die San Antonio Spurs (19 Uhr im LIVE-STREAM). Spurs-Coach Gregg Popovich verbindet keine schönen Erinnerungen mit der American Airlines Arena und würde die offene Rechnung gerne begleichen, allerdings fehlen ihm die besten Wing Defender. Auch Erik Spoelstra ist nicht frei von Sorgen.

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Ausgangslage:

Auch wenn sowohl Miami als auch die Spurs auf Rang zwei ihrer jeweiligen Conference stehen (und Miami diesen Platz schon einigermaßen sicher hat): Weder Erik Spoelstra noch Gregg Popovich gehen völlig sorglos in das lang ersehnte Rematch der Finals 2013.

Die Heat geben in den letzten Wochen nicht unbedingt das Bild eines zweifachen Champions ab. Die Defense entspricht momentan bei weitem nicht dem Goldstandard der Liga; bei Dreiern aus den Ecken zum Beispiel erlaubt kein Team dem Gegner eine bessere Quote (rund 45 Prozent). Zum Vergleich: In den letzten Playoffs waren es etwa 30 Prozent gewesen. Insgesamt liegt das Defensiv-Rating der Heat derzeit bei 102,2 (Platz 9) - bei den Indiana Pacers beträgt es 93,9.

Offensiv bereiten die ständigen Verletzungsprobleme von Dwyane Wade Sorgen - "Flash" hat in dieser Saison schon 13 Spiele verpasst, darunter die letzten vier am Stück. Auch gegen die Spurs ist er fraglich. Das Resultat: Den Heat fehlt vorne bisweilen der Rhythmus, LeBron James muss noch mehr Verantwortung schultern.

Dazu muss allerdings auch gesagt werden: Kleinere Schwächephasen während der Saison kennt man in Miami. In den letzten Jahren gelang es ihnen irgendwann immer, den Schalter wieder umzulegen. Trotzdem lässt vor allem Wade Zweifel daran aufkommen, ob das auch in dieser Saison möglich ist.

Die Spurs dagegen funktionieren abermals wie ein Uhrwerk. Ohne dass auch nur einer der Leistungsträger eine "Career Season" abliefert, pflügen Popovichs Mannen mit ihrem nahezu perfektem Systembasketball durch die Liga. Platz vier beim Defensiv-Rating (99,1), Platz drei offensiv (108,2) - die Spurs wissen auch in diesem Jahr, wie man Spiele gewinnt. Sie sind wieder mal das täglich grüßende Murmeltier der NBA.

Allerdings haben auch die Texaner Verletzungsprobleme. Gegen Miami fehlen voraussichtlich drei Spieler: Der letztjährige Finals-Held Danny Green (gebrochener Finger), Center Tiago Splitter (verrenkte Schulter) und seit kurzem auch der multitalentierte Kawhi Leonard (gebrochener Finger). Green und Leonard sind nicht zuletzt auch die besten Flügelverteidiger der Spurs - nicht ganz unerheblich gegen Miami...

Star des Teams:

Vermutlich würde die derzeitige Berichterstattung über die Nummer 6 der Miami Heat ganz anders aussehen, wenn diese nicht LeBron James heißen würde und die Messlatte in den letzten Jahren dermaßen hoch gelegt hätte. Trotz seiner für einen Flügelspieler eigentlich unverschämten Quote (58 Prozent aus dem Feld) wird lieber darauf verwiesen, dass viele Statistiken zurückgegangen sind. Einige Kritiker warfen ihm sogar Coasting vor. Zum ersten Mal seit Jahren führt nicht James die Liga beim Player Efficiency Rating an.

Im Januar allerdings hat James sein Scoring schon wieder hochgeschraubt, ohne dabei groß an Effizienz zu verlieren. Der MVP ist drittbester Scorer der Liga (26,2) und führt sein Team auch bei den Rebounds und Assists an. Ihm fehlen nur noch 13 Punkte auf Clyde Drexler, um in der All-Time Scoring-Liste der NBA Platz 28 zu erreichen - mit 29 Jahren.

LBJ trägt im System Miami eine Verantwortung, unter der man eigentlich zwangsläufig irgendwann zerbrechen muss. Vor allem angesichts der ständigen Probleme seines Co-Stars mit der Nummer drei. Die Frage, ob James darauf auch in den kommenden Jahren noch Lust haben wird, schwebt wie ein Damoklesschwert über South Beach.

LeBron James im Fokus: Geschichte schreiben reicht nicht mehr

Solche Sorgen kennt man in San Antonio nicht - seit 1997 hört der beste Spieler des Teams auf den selben Namen, verändert sich optisch überhaupt nicht und liefert Jahr für Jahr nahezu dieselben (überragenden) Zahlen ab. Ist Tim Duncan ein Mensch oder ein Alien?

Mit 37 Jahren liefert er pro 36 Minuten 18 Punkte, 12,2 Rebounds sowie 2,5 Blocks ab. 2003, als er zum zweiten Mal hintereinander MVP wurde, waren es 21,3 Punkte, 11,8 Rebounds und 2,7 Blocks in derselben Zeitspanne. Unfassbar. Natürlich spielt Duncan heute deutlich weniger Minuten und hat viel offensive Verantwortung an Tony Parker abgegeben, trotzdem bildet er weiterhin das Rückgrat einer der besten Verteidigungen der Liga.

Und dass der alte Mann auch heute noch vorne zu dominieren weiß, steht außer Frage. Die Big Men der Heat können spätestens seit seinem großartigen Spiel 6 ein Liedchen davon singen. Duncan hätte vor fünf Jahren aufhören können und würde wohl trotzdem als bester Power Forward aller Zeiten gelten. Dass er seine Leistung immer noch bringt, macht seine Karriere aber noch viel faszinierender.

Schlüsselduell:

Wie eingangs erwähnt, fallen mit Danny Green und vor allem Kawhi Leonard die beiden Spieler aus, die es im Eins-gegen-Eins am ehesten mit LeBron James aufnehmen können. Wer soll sich ihm also jetzt in den Weg stellen? In den Finals machte Boris Diaw einen überraschend guten Job gegen James, vermutlich wird er auch am Sonntag eine Zeit lang damit betraut werden. Aber natürlich kann der Franzose James' Kreise nicht über ein ganzes Spiel einschränken. Dafür fehlt es an Geschwindigkeit, Athletik und Fitness.

Wenn Diaw pausiert, stehen die Spurs vor einem großen Problem. Vor wenigen Tagen übernahm Manu Ginobili mal zeitweise Kevin Durant, den er zwar provozieren, aber keineswegs stoppen konnte. Vor allem im Post dürfte James sich mit viel leichteren Gegenspielern wie Ginobili oder sogar Marco Belinelli prächtig amüsieren können.

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Die Spurs haben in Othyus Jeffers kürzlich noch einen weiteren Small Forward per 10-Tages-Vertrag verpflichtet, der vor allem defensiv helfen soll. Popovich lobt seine Verteidigungs-Qualitäten, ob er gegen James ansatzweise bestehen kann, muss man wohl abwarten. Schließlich haben die Spurs in dieser Hinsicht seit Jahrzehnten ein vorzügliches Händchen.

Geschichte:

Es ist knapp sieben Monate her, trotzdem dürfte jeder Basketball-Fan die Finals noch gut im Gedächtnis haben. Parkers Gamewinner, die Dreiershow von Green und Gary Neal, das No-Headband-Game, LeBrons Block gegen Splitter, Mike Millers Schuhverlust, Duncan, der frustriert auf den Boden haut und natürlich Ray Allen mit dem "Clutch shot of his life" - das war alles EINE Serie!

Selten waren zwei Teams in den Finals so nah beieinander und überhäuften sich danach und währenddessen dermaßen mit Respekt und Anerkennung. In Spiel sechs waren die Spurs näher dran an der Larry O'Brien Trophy als jeder andere "Verlierer" der NBA-Geschichte. Hier sind noch offene Rechnungen zu begleichen.

Auch die Regular Season lieferte mit "Restgate" Denkwürdiges: Beim Spiel der beiden späteren Finalisten entschied sich Popovich, einen Großteil seiner Rotation gar nicht erst zu nominieren. David Stern war "not amused" und belegte den alten Trainerfuchs mit 250.000 Dollar Strafe.

Eine Finalserie für die Ewigkeit

Rookies:

Fehlanzeige. Die Spurs haben ihren Erstrundenpick Livio-Jean Charles in der französischen Liga "geparkt", halten aber weiterhin die Rechte am Power Forward. In der zweiten Runde holten sie Deshaun Thomas, der allerdings keinen Platz im Roster bekam und heute ebenfalls in Frankreich spielt. Die Heat hatten keinen einzigen Pick im Draft.

Die Stimmen:

LeBron James (Miami Heat): "Es bringt einige Erinnerungen zurück. Das war eine der besten Finalserien, die die NBA je gesehen hat."

Erik Spoelstra (Trainer Miami Heat) über Dwyane Wades Gesundheit: "Heat Nation muss sich keine Sorgen machen. Das ist ein Prozess, der eben seine Zeit braucht. Ich weiß, dass es ihm schon besser geht, hoffentlich geht das so weiter in den nächsten Tagen."

Patty Mills (San Antonio Spurs): "Wir müssen einige Fußstapfen füllen, bis alle wieder fit sind. Wir müssen uns trotz der Verletzten an den Plan halten."

Gregg Popovich (Trainer San Antonio Spurs): "Diese Halle zu betreten, wird ein paar schreckliche Erinnerungen wecken. Wenn ich etwas anderes sagen würde, wäre ich der größte Lügner, der jemals gelebt hat."

Prognose:

Statistisch schwer zu sagen: Die Spurs haben ALLE sechs Auswärtsspiele gegen Teams der Eastern Conference gewonnen, die Heat stehen zuhause bei 7 zu 1 gegen den Westen. Trotzdem sollte Miami vermutlich das Rennen machen. Zu schwer wiegen die Ausfälle auf dem Flügel: James hat zwar nahezu in jedem Spiel ein Mismatch, gegen Leonard und Green hätte er aber wesentlich härter für seine Punkte arbeiten müssen als gegen limitierte Defender wie Diaw, Ginobili und Co.

Kehrt Dwyane "Game-time decision" Wade zurück ins Lineup, könnten diese Probleme sogar noch eklatanter werden. Auf der anderen Seite sollten Parker und Duncan ihre Vorteile auf ihren jeweiligen Positionen ausspielen können. Tipp: Ein enges Spiel steht bevor. Mit einem ähnlichen Resultat wie vor sieben Monaten.

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