Ganz neu waren die Bilder nicht. Bereits sechs Jahre zuvor hatte sich Brandon Roy schon einmal freudestrahlend als Neuzugang der Minnesota Timberwolves der Öffentlichkeit präsentiert. Der Rahmen war diesmal kleiner als am Draftabend 2006, die Nachricht dafür umso größer: Nach einem Jahr erklärte Brandon Roy den Ruhestand für beendet und verkündete seine Rückkehr in die NBA.
Jener Brandon Roy, dessen Knorpel im Knie derart geschädigt waren, dass beinahe Knochen auf Knochen rieb. Jener Brandon Roy, der im vorläufig letzten Jahr seiner Karriere bei den Portland Trail Blazers nur noch sporadisch eingesetzt werden konnte, der im Dezember 2011 letztlich kapitulieren musste. Karriereende!
Und nun das Comeback. Roy selbst betrachtete seine Entscheidung freilich nie als so endgültig, wie sie formuliert zu sein schien. "Nach einigen Monaten habe ich entschieden 'Hey, ich will wieder Basketball spielen'", sagt er. "Es gab ohnehin nie eine Situation, in der ich gesagt hätte, dass ich für immer aufhöre. Es war eher eine Pause."
Die Methode Bryant
Eine Pause, die der 28-Jährige offenbar genutzt hat, um seinen geschundenen Knien die nötige Ruhe zu geben. Vor allem aber, um sich einer alternativen Behandlung zu unterziehen, bei der legal behandeltes Eigenblut ins verletzte Knie gespritzt wird und die bereits Kobe Bryants Gelenken zu neuer Kraft verholfen haben soll.
Dank dieser Behandlung fand Roy den Weg zurück, nicht nur in die NBA, auch zu den Timberwolves, die ihn einst drafteten, aber noch am selben Abend für Randy Foye nach Portland schickten. Für den Rookie damals sicher kein leichter Schritt. Schließlich waren die Blazers angesichts vieler Skandale rund um die Mannschaft nicht gerade ein Traumziel, insbesondere für einen Neuling.
Schwere Anfangsjahre
Doch klagen ist Roys Sache nicht. War es nie. Schließlich ist die Karriere des Jungen aus Seattle nicht die eines LeBron James oder Kevin Durant. Brandon Roy galt nie als zukünftiger NBA-Star, nicht in frühen Jahren und auch nicht am College in Washington, wo er sich zu Beginn hinter Nate Robinson und Tre Simmons, der später in Europa anheuerte, anstellen musste.
Dabei wäre Roy beinahe gar nicht erst bei den Huskies gelandet. Eine Lernschwäche machte den Aufnahmetest zur höchstmöglichen Hürde. So hoch, dass Roy tatsächlich mit dem Gedanken spielte, den Traum von der Profi-Karriere zu begraben, noch ehe er überhaupt begonnen hatte. "Ist es das wirklich wert?", erinnert sich Lorenzo Lomar, Head Coach der University of Washington, an die Worte seines künftigen Freshman. "Bin ich überhaupt dazu bestimmt, am College zu spielen?"
Er war es. Im allerletzten Versuch bestand Roy den Aufnahmetest und verbrachte danach die vollen vier Jahre bei den Huskies. Vier Jahre, während derer er es zum Pac-10-Player-of-the-Year und zum First-Team-All-American brachte und an deren Ende der Gang in die NBA stand.
Zweifel schnell ausgeräumt
Auch dort, bei den Blazers, galt er nicht sofort als Heilsbringer. Mit Beginn der Saison waren etwaige Zweifel rund um den 1,98 Meter großen Shooting Guard jedoch wie weggewischt. Roy eroberte Portland, eroberte die gesamte Liga. 16,8 Punkte, 4,4 Rebounds sowie 4 Assists legte er in seiner Premieren-Saison auf. Der Lohn: Aus Roy wurde R.O.Y. - der Rookie of the Year. Mit 127 von 128 Stimmen. Mit Ralph Sampson und David Robinson wurden in der Geschichte bislang überhaupt erst zwei Spieler einstimmig zum besten Neuling der Liga gewählt.
Vielleicht noch ein wenig höher einzuschätzen ist aber, dass er der zuvor als Jail Blazers verschrieenen Franchise aus Portland ein neues Gesicht, eine neue Identität verschaffte. "Jeder spricht darüber, wie gut Brandon spielt, dabei ist er in der Kabine mindestens genauso wichtig für uns", sagte sein damaliger Coach Nate McMillan. "Obwohl er auf dem Feld überragt, ist er bescheiden geblieben und kümmert sich mehr um seine Mitspieler, seine Familie und den Klub als um sich selbst. Das ist das wirklich Beeindruckende an Brandon."
Doch auch das Spiel des Swingman wusste weiter zu begeistern. Sein Mix aus Übersicht und Explosivität, aus formvollendetem Jumpshot und Killerinstinkt ließ ihn schnell in die Riege der besten Zweier der Liga aufsteigen.
Besonderes Lob von Kobe Bryant
Bryant ließ Roy sogar das ultimative Lob zuteilwerden. Der fünffache NBA-Champion hob ihn auf eine Stufe mit sich selbst: "Er hat einen hohen Basketball-IQ, versteht seine Größe und Geschwindigkeit einzusetzen. Er ist seiner Zeit voraus. Ich kenne neben ihm und mir selbst keinen anderen Spieler, der keine Schwächen hat", sagte die Black Mamba 2009.
Doch so sehr sein Spiel auch frei von Schwächen war, Roys Körper war es nicht. Zwar verzückte er die Massen weiter durch sein Spiel, entschied weiter Partien in der Schlussphase. Die Knie, die dem Shooting Guard bereits während seiner College-Zeit zugesetzt hatten, bereiteten ihm nun allerdings immer häufiger Probleme.
Insgesamt sechs Mal muss sich Roy in den kommenden Jahren an beiden Gelenken operieren lassen, er erhält immer weniger Spielzeit, beklagt sich darüber sogar öffentlich. "Ich dachte, dass ich mehr Chancen bekomme", sagt er damals.