Locker, lächelnd, Lena

Von Daniel Börlein
Magdalena Neuner will bei der WM in Ruhpolding Gold holen
© Getty

Vor dem Start in die Biathlon-Saison (Mi., 17.15 Uhr im LIVE-TICKER) blickt wieder alle Welt gespannt auf Magdalena Neuner. In der Vergangenheit hatte die 24-Jährige damit Probleme. Mittlerweile allerdings hat sich das geändert. Auch dank eines Mentaltrainers. Das große Ziel für diese Saison: bei der Heim-WM in Ruhpolding Weltmeister werden. Aber was kommt dann?

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Inzwischen kennt sich auch die "BBC" ein bisschen in Wallgau aus. Vor ein paar Wochen hatte die britische Rundfunkanstalt ein Fernsehteam in die 1400-Seelen-Gemeinde an der deutsch-österreichischen Grenze geschickt.

Anfangs fanden sich die TV-Leute von der Insel allerdings gar nicht zurecht. Zu eng waren die Straßen, zu verwinkelt viele Gassen, dazu noch der ungewohnte Rechtsverkehr. Kein Wunder also, dass man Magdalena Neuner irgendwo verloren hatte.

Wegen der 24-Jährigen waren die Briten nach Wallgau bekommen. Man wollte sie im Trainingsalltag filmen, den Zuschauern ihre Heimat ein bisschen näher bringen und ihr noch ein paar persönliche Fragen stellen. Doch plötzlich war Neuner weg.

Ein Tag mit der "BBC"

Hatte sie sich etwa aus dem Staub gemacht? War der Dreh damit gestorben? Die Journalisten bangten, schließlich war auch bis auf die Insel durchgedrungen, dass Neuner öffentliche Termine alles andere als liebt.

Nach ein paar Minuten der Ungewissheit dann allerdings die Erleichterung: Neuner wartete gut gelaunt am Rathaus, gab bereitwillig Auskunft - und: nahm sich sogar noch den Rest des Tages Zeit, um die Fernsehleute durch Wallgau zu führen.

Vor einiger Zeit noch wäre das undenkbar gewesen. Medien-Termine hatte sie nur ganz vereinzelt wahrgenommen, Auftritte in einer größeren Öffentlichkeit bewusst gemieden. Denn Lena, wie sie von allen gerufen wird, steht nicht gern im Mittelpunkt.

Das gilt auch heute noch. Mittlerweile allerdings "macht mir das nichts mehr aus. Das sind ein paar Stunden vom Tag, das passt schon", sagt sie.

"Das Paket stimmt momentan"

Es passt schon, weil bei ihr selbst derzeit einfach alles passt. "Das ist das Umfeld, die Familie, mein Partner, die Freunde, das Daheim sein - das Paket stimmt momentan einfach", sagt Neuner. "Ich bin ein total glücklicher und zufriedener Mensch, weil alles perfekt ist, so wie ich mir das vorstelle."

Das merkt man ihr auch an. Sie ist fröhlich, gelöst und locker. Sie lacht viel. Und sie verschließt sich auch der Öffentlichkeit nicht mehr. "Es gab Zeiten, da habe ich es anders gesehen", sagt sie. "Jetzt finde ich es schön, dass sich die Leute für mich interessieren."

Und deshalb hat sie auch nichts dagegen, dass "BBC"-Reporter sie zuhause besuchen. Auch Fragen nach ihrem Privatleben weicht sich nicht mehr kategorisch aus. Der "Bild am Sonntag" erzählte sie vom ersten gemeinsamen Urlaub mit ihrem Freund und sprach über Zukunftspläne. "Ich möchte noch nicht heiraten. Wir sind erst seit anderthalb Jahren zusammen. Ich habe lieber eine schöne Beziehung, als eine schlechte Ehe."

Mentaltraining als Hilfe

Neuner fühlt sich wohl. Sie ist reifer und vor allem gelassener geworden und hat aus Vergangenem ihre Schlüsse gezogen. "Nach 2007 war es keine leichte Phase für mich. Ich bin da in etwas hineingeraten, das ich nicht verstanden habe. Ich wusste nicht mehr, was richtig und was falsch ist, und wer es gut oder schlecht mit mir meint", sagt sie. "Ich hatte sicher auch falsche Berater. Mit 19 Jahren ist so etwas eben sehr schwierig."

Zwischenzeitlich wuchs ihr das Ganze so über den Kopf, dass selbst ein sofortiger Rücktritt nicht mehr ausgeschlossen schien. Doch Neuner bekam die Kurve. Sie wechselte das Management und nahm sich einen Mentaltrainer, mit dem sie auch heute noch zusammenarbeitet.

"Ich kann das wirklich nur empfehlen. Der Kopf spielt eine viel größere Rolle als viele denken. Es hat mich enorm weitergebracht. Ich genieße es", sagt sie. "Ich weiß nicht, wie es nach 2007 gelaufen wäre, wenn ich nicht Mentaltraining gemacht hätte."

Heim-WM-Titel - und dann?

Inzwischen zählt Neuner zu den erfolgreichsten Biathleten aller Zeiten. Sie ist Doppel-Olympiasiegerin und zehnfache Weltmeisterin. Sie hat zweimal den Gesamtweltcup und insgesamt 36 Weltcup-Rennen gewonnen. Im Grunde hat sie mit 24 Jahren schon alles erreicht.

Eines will sie aber noch: bei der Heim-WM in Ruhpolding im nächsten Jahr Weltmeister werden. "Wie oft das gelingen kann, muss man dann mal sehen", sagt sie. "Aber vor eigenem Publikum würde ich sehr ungern darauf verzichten, einmal auf dem Podium ganz oben zu stehen."

Und dann? "Erstmal mache ich bis zur Heim-WM", sagt sie und man wird den Eindruck nicht los, dass sie sich sehr gut vorstellen kann, ihre Karriere danach zu beenden. Ganz schnell, ohne große Ankündigung. Sie wäre dann einfach plötzlich weg.

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