Der Djoker zieht mit Becker gleich!

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© getty

Der alte und neue Champion von Wimbledon heißt Novak Djokovic! Der Weltranglistenerste aus Serbien besiegte den siebenfachen Triumphator Roger Federer in vier Sätzen mit 7:6, 6:7, 6:4, 6:3 und konnte die Neuauflage des Endspiels von 2014 erneut für sich entscheiden. Nach zwei dramatischen und hochklassigen Durchgängen setzte sich in der Folge die Konstanz und Stabilität des Djokers durch - es ist sein neunter Grand-Slam-Erfolg.

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Der Schweizer, der zuletzt 2012 auf dem Heiligen Rasen gewinnen konnte, begann aggressiver, beendete die Punkte schnell und holte sich auch das erste Break der Partie. Djokovic holte sich das Spiel jedoch prompt zurück, die Entscheidung fiel im Tiebreak. Dort zog der Serbe mit sensationellem Tennis die Daumenschrauben an und gönnte Federer nur einen Punkt.

Satz zwei war ähnlich umkämpft, die beiden Kontrahenten absolut gleichwertig. Diesmal verließ Djokovic jedoch die Fähigkeit, in den entscheidenden Punkten voll da zu sein: FedEx wehrte insgesamt sieben Satzbälle ab und schnappte sich den dramatischen und hochklassigen zweiten Tiebreak mit 12:10.

Dieses Momentum konnte er allerdings nicht halten. Der Djoker war in den Sätzen drei und vier der konstantere Mann, spielte seine Stärken voll aus und konnte jeweils ein frühes Break durchbringen.

Während der fast 34 Jahre alte Federer damit weiter auf seinen achten Erfolg warten muss, gewinnt Djokovic seinen dritten Wimbledon-Titel und zieht damit mit seinem Coach Boris Becker gleich. Außerdem stellte er im 40. Duell mit seinem Rivalen die Bilanz auf 20:20.

Die Reaktionen

Roger Federer: "Novak hat heute großartig gespielt, wie schon über die gesamten zwei Wochen, das ganze Jahr, und auch schon das letzte Jahr. Ich bin immer noch sehr hungrig und motiviert, da ist ein Match wie dieses sehr hilfreich. Hier ein Finale zu spielen ist eine Ehre und ein Privileg. Natürlich hätte ich gern gewonnen, aber ich habe es dennoch genossen. Novak war bei den Big Points einfach tougher und am Ende ohne Schwachpunkt."

Novak Djokovic: "Wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen überhaupt, auf diesem Court gegen ihn zu spielen. Viele Spieler meiner Generation sind in seine Fußstapfen getreten. Ich wusste, dass Roger so spielen wird wie immer. Er testet deine Grenzen."

... über seine Marotte, das Gras des Centre Courts zu essen: "Dieses Jahr schmeckt es sehr gut. Naja, es ist eine kleine Tradition. Als kleiner Junge habe ich davon geträumt, Wimbledon zu gewinnen, da malt man sich verrückte Dinge aus, und das war eben eins davon."

Der Spielfilm

Satz 1

Service-Winner. Service-Winner über den zweiten. Ass. Federers erstes Aufschlagspiel ist direkt die Ansage: Der Schweizer will es wissen. Während Djokovic eher zurückhaltend startet, zieht sein Gegner von Beginn an voll durch, geht immer wieder ans Netz und mit der Vorhand sofort auf den Winner. Das produziert Punkte für beide Seiten. Die Zuschauer sind derweil fast komplett auf einer Seite - und zwar der des siebenfachen Siegers.

Beim Stand von 3:2 für Federer dann die erste Schwächephase von Djokovic. Ein paar unnötige Fehler, ein paar gute Bälle des Gegners - und schon ist das Service zu Null weg. Aber er ist nicht umsonst die Nummer Eins: Weil Federer seinerseits plötzlich angreifbar ist, holt er sich das Spiel umgehend zurück und verwandelt den Breakball mit einem unglaublichen Rückhand-longline-Passierball aus der Defensive. Alles wieder offen!

Djokovic - Federer: Das Finale im RE-LIVE

Danach dominieren vor allem die Aufschläger und Roger zeigt Händchen: Als Djokovic von 40:0 auf 40:30 rankommt, streut er den Vorhand-Stopp gegen die Laufrichtung ein - 6:5. Aber der Serbe wehrt mit starken Aufschlägen zwei Satzbälle ab und geht mit in den Tiebreaker. Und spielt dann Tennis vom anderen Stern! Passierbälle, Rallies, Aufschläge - alles gelingt. Federer macht nur einen Punkt, per Doppelfehler ist der erste Satz weg!

Was sagen die Statistiken? Die bestätigen den Eye-Test: Federer mit mehr Winnern (15:9), dafür spielt die Nummer Eins fast fehlerlos (nur drei Errors). Überraschend: Der Djoker schlägt bisher die Asse (6:2), macht aber am Netz fast keinen Stich (nur 1/8). Federer da gewohnt souverän (10/13).

Satz 2

Die ersten vier Spiele des zweiten Durchgangs gehen leicht und locker an die Aufschläge, dann hat Djokovic Schwierigkeiten, sieht sich zwei Satzbällen gegenüber. Er kontert mit Klasse: Eine Vorhand cross auf die Linie, wenig später erneut der Winner mit der Vorhand. Federer ist nah dran, aber der Serbe kann sich auch weit hinter der Grundlinie immer wieder befreien. Nochmal die Vorhand zum Spielgewinn - und dann ganz lang die Faust in Richtung seiner Box. Der war wichtig!

Wieder dominieren die Service Games, dann muss plötzlich Federer schwitzen, weil er über den zweiten Aufschlag nicht punkten kann: Satzball Djokovic bei 5:4. Doch dann ein paar unnötige Fehler des Weltranglistenersten - Federer hält. Und holt sich seinerseits die Breakchance mit einer wunderschönen Inside-out-Vorhand! Der Rekord-Champion vergibt die Chance, das Spiel entwickelt sich zum unglaublichen Thriller - aber alles bleibt in der Reihe.

Erneut muss der Tiebreaker entscheiden: FedEx den Return zum Mini-Break auf die Linie, aber ein schwacher Stopp und die Rückhand ins Netz bringen den Djoker vor. Klasse-Tennis! Federer holt sich mit dem Rückhand-Passierball das 2:3, ist dann aber gegen die Rückhand longline chancenlos. Der Djoker gräbt alles aus und visiert seinerseits dann in der Offensive chirurgisch präzise die Linien an. Unglaubliche Rallye beim Satzball des Djokers, doch die Vorhand-Peitsche gerät dann etwas zu lang. Den zweiten Satzball eröffnet er mit einem Klasse-Aufschlag, aber aus dem Halbfeld in den Schläger des Schweizers. Der passiert - Wahnsinn!

Der Tiebreak ist ein wahrer Krimi. Beide wehren Satzbälle ab. Beide wehren Satzbälle gegen den Aufschlag des Gegners ab. Dann setzt der Djoker eine Vorhand ins Netz, bei eigenem Aufschlag geht Federer nach vorn - und macht den Volley weg. Satzausgleich! Sieben Satzbälle hat er insgesamt abgewehrt, 24 Winner geschlagen. Beide haben in diesem Durchgang genau 51 Punkte gemacht. Episch!

Satz 3

Im dritten Satz haben sich beide auf einem unglaublichen Niveau eingependelt - vor allem im Returnspiel. Zunächst muss Federer Breakbälle abwehren, dann macht der Serbe das Gleiche. Bei 40:15 reißt dann der Faden des Schweizers. Mit einem feinen Stopp holt sich Nole den Breakball - und ein unforced Error seines Kontrahenten ihm das Spiel.

Wenig später setzte ein unangenehmer Nieselregen ein, der die Plane auf den Heiligen Rasen und die Spieler in die Kabine zwang. Das Dach wurde allerdings nicht geschlossen, nach rund 20 Minuten Pause ging der Satz weiter. Drama bot er allerdings nicht mehr. Federer hielt seine Service Games problemlos, konnte gegen das klinische Spiel des Djokers kaum noch punkten. Per Smash sicherte sich der Titelverteidiger Satz Nummer drei.

Satz 4

Auch der vierte Durchgang konnte kein großes Drama bieten. Zwar zeigte der siebenfache Champion immer noch teils begeisterndes Tennis und sicherte sich viele Aufschlagspiele problemlos, doch viele Chancen braucht ein Djokovic eben nicht. Einige unerzwungene Fehler schenkten ihm geradezu das Break zum 3:2, wobei er gleichzeitig auch wieder sein bestes Tennis auspackte, stark servierte und nun auch die Duelle von der Grundlinie dominierte.

Das Publikum versuchte Federer zwar noch einmal zu pushen, aber die letzten paar Prozent fehlten eben doch - was vor allem dem Gegner geschuldet war. Beim Stand von 2:4 wehrte er per Service-Winner zwei Breakbälle ab, aber der Frust war deutlich, die Miene verkniffen. Ein letztes Mal wurde es bei 5:3, 0:30 laut - doch Djokovic ließ sich nicht beirren, servierte wiederum fantastisch - und konnte das Match schließlich mit einem Vorhand-Winner gegen den Lauf des Gegners für sich entscheiden.

Schlag des Spiels: Djokovics Aufschlag

Der Serbe hat bekanntermaßen keine Schwächen - doch zumindest in Sachen Aufschlag sollte Federer auf seinem Lieblingsbelag doch einen Vorteil haben, oder? Mitnichten. Während der Schweizer das Niveau aus dem Murray-Match (20 Asse) nicht ganz halten konnte, hielt Djokovic mit. Mit 13 Assen war es eines weniger, dafür aber nur ein Doppelfehler. Die Quoten (66 Prozent erster Aufschlag, dabei zu 74 Prozent den Punkt) waren mit Federer nahezu identisch.

Ballwechsel des Spiels

Es ist schwer, sich auf einen Ball festzulegen, so viele hochklassige Rallyes wurden an diesem Tag gespielt. Der erste Punkt des Tiebreaks im ersten Durchgang könnte jedoch Symbolcharakter haben: Federer attackierte per Serve-and-Volley das Netz und legte einen Rückhand-Flugball soft cross ab. Doch Djokovic sprintete über den ganzen Platz, erreichte den Ball und legte ihn, halb über das Netz, halb am Netz vorbei - noch hinten ins Feld. Das Minibreak war der Grundstein für den Gewinn des ersten Satzes - und wenn Djokovic den ersten Satz gewinnt, hat er gegen Federer ein Spiel verloren. Und 19 gewonnen.

Das fiel auf

  • Das Publikum bei den All England Championships kennt sich aus und ist mehr als fair. Trotzdem war von Beginn an klar: Sie gönnen ihrem Liebling Federer noch einen weiteren Slam - man weiß ja nie, ob er noch eine Gelegenheit bekommen wird. Djokovic wurde bewundernd beklatscht. Federer begeistert.
  • "Wenn Federer noch einen Slam gewinnt, dann in Wimbledon." Ob die Experten damit Recht haben, sei dahingestellt - aber die Waffen des Schweizers sind auf dem grünen Untergrund einfach giftig. Mit dem Slice hatte Djokovic immer wieder seine liebe Müh und Not, gerade mit der Rückhand konnte er kaum Tempo gegen sie entwickeln und musste auf Rasenschach umschalten. In den Grundlinienrallyes klappte das zwar zumeist, aber gegen den tiefen Ball einen Passierball mit Speed zu spielen, fiel ihm schwer.
  • Es muss einfach unfassbar frustrierend sein, gegen den Serben zu spielen. Die menschliche Ballwand begann wieder eher zurückhaltend, zog seine Grundschläge nicht mit voller Kraft durch. Aber selbst wenn er in die Defensive gerät und weit hinter die Grundlinie gedrängt wird, besitzt er die Fähigkeit, den Ball aus jeder Position an die gegnerische Grundlinie zu setzen. Das macht es enorm schwer, den Ballwechsel von Anfang bis Ende zu kontrollieren und dann auch zu gewinnen. Immer wieder spielte er Federer die Filzkugel vor die Füße und machte ihm so das Leben schwer. Keiner trifft die Linien so gut wie der Djoker.
  • Im Vergleich zu seinen bisherigen Matches verließ den Serben erstaunlich oft sein Touch. Schwierige kurze Bälle an der T-Linie landeten immer wieder im Netz, sein Volleyspiel war gerade mal Durchschnitt. Außerdem richtig schwach: die Lobs. Die kamen regelmäßig an der T-Linie runter und waren kein Problem für Smash-Spezialist Federer. Es gelang ihm kein einziges Mal, den Schweizer am Netz zu überspielen.
  • Djokovic hat der versammelten Weltelite derzeit einfach eine Sache voraus: Immer wenn es eng wird, kann er sich noch einmal steigern. Noch härter, noch genauer spielen. Noch besser servieren. Gegen Break- und Satzbälle, aber auch bei gefährlichen Situationen wie 0:30 schien er ein ums andere Mal den ersten Aufschlag auszupacken. Wie schon erwähnt: Sein Service war dem des Schweizers in diesem Finale ebenbürtig. Und wenn dann noch ein "Clutch-Gen" dazukommt...
  • Ein letzter Blick auf die Statistiken: Federer marschierte unerschrocken nach vorn und machte dort zu 72 Prozent den Punkte (42/58), hatte über den zweiten Aufschlag jedoch Probleme (nur 49 Prozent gemachte Punkte). Kein Wunder, ist in dieser Saison doch kein Spieler auf der Tour so erfolgreich gegen den zweiten Aufschlag wie der Djoker. Und: Nur 16 Fehler (Federer: 35) in vier Sätzen sind einfach sensationell.

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