1. Die Schlacht von Hartford
Boris Becker - John McEnroe 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2
Ort: Hartford, USA
Runde: Relegation um Verbleib in der Weltgruppe 1987
Es ist das Jahr 1987, das DTB-Team trifft im Davis Cup auf die Amerikaner. Dabei geht es aber nicht um die Tenniskrone, sondern um das nackte Überleben. In den Relegationsspielen wollen beide Nationen den Abstieg aus der Weltgruppe vermeiden.
Extra für dieses Aufeinandertreffen reaktivieren die USA John McEnroe. Der Altmeister soll den jungen Deutschen in die Schranken weisen. Am 24. Juli 1987 um 16.38 Uhr Ortszeit beginnt das Spektakel. McEnroe holt sich souverän den ersten Satz.
Der Psychokrieg beginnt
Dabei sollte der erste Satz nur die Ouvertüre für den folgenden Wahnsinn sein. Bereits zu Beginn des zweiten Durchgangs nimmt die Intensität spürbar zu. Beide wissen, dass der Satz vorentscheidend sein kann. Dementsprechend wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gekämpft.
Die "Schlacht von Hartford" beginnt, McEnroe zieht seine legendären Psychospielchen durch. Big Mac wütet sich in Rage, diskutiert mit dem Schiedsrichter, pöbelt übers Netz. In der Hoffnung, dass Becker darauf einspringt.
Episch, episch, episch!!!
Doch Beckers Antwort ist so gar nicht nach McEnroes Geschmack. Der Deutsche spielt unaufgeregt weiter. Anstatt sein typisches Netzspiel aufzuziehen, agiert Becker von der Grundlinie, verwickelt sein Gegenüber in lange Ballwechsel.
Beide spielen Tennis vom anderen Stern. Spielt der eine einen unglaublichen Ball, legt der andere nach. Becker schlägt bei 8:7 zum Satzgewinn auf. McEnroe kontert und breakt ihn. Das Momentum wogt hin und her. Bei 11:10 hat der Ami seinerseits fünf Satzbälle. Becker trumpft auf und wehrt den drohenden Satzverlust ab.
Griff in die Trickkiste
Es ist der Moment, in dem auch Becker in die Psycho-Trickkiste greift. Bei 13:13 serviert McEnroe. Doch was dieser auf der anderen Seite sieht, irritiert den Bad Boy. Becker beginnt vor den Aufschlägen hin und her zu laufen, bringt seinen Gegner so aus dem Rhythmus.
Mit Erfolg. McEnroe unterläuft ein Doppelfehler, Becker schnappt sich das Break. Der Altmeister kocht vor Wut. Schnaubend verzichtet er auf die Pause und geht direkt auf die andere Seite, um sich dort in den Schneidersitz zu setzen. Doch der Leimener bleibt cool und holt sich den wohl legendärsten Satz in der Tennisgeschichte.
Wahnsinn geht weiter
Doch der Wahnsinn geht weiter. Auch im dritten Satz schenken sich die Kontrahenten nichts und hauen sich die gelbe Kugel um die Ohren. Immer wieder rastet McEnroe aus. Er beleidigt Niki Pilic, Kapitän des DTB-Teams, beim Seitenwechsel mit den Worten "Shut up, Niki!".
Zudem bekommt der Schiedsrichter McEnroes obligatorisches "You can not be serious" öfters zu hören. Aber McEnroe pusht sich damit. Der dritte Satz geht mit 10:8 an ihn, gespielt sind mittlerweile über fünf Stunden.
Becker explodiert
Der Kräfteverschleiß beim Amerikaner wird sichtbar. Der Deutsche wirkt fitter, diktiert nun das Spielgeschehen. McEnroe schimpft stattdessen weiter mit Gott und der Welt. Jede knappe Entscheidung kommentiert der gebürtige New Yorker und zweifelt sie an. Becker bringt irgendwann nur noch ein müdes "Was ist denn jetzt schon wieder los?" über die Lippen.
Das Momentum dreht sich vollkommen zu Gunsten des Deutschen. Den vierten Satz schnappt er sich mit 6:2. Im finalen Durchgang versucht Big Mac nochmal dagegen zu halten. Doch seinem Kontrahenten gelingen fünf Spielgewinne in Folge. Nach 6:21 Stunden beendet der Deutsche um 23.17 Uhr mit einem Volley ins Halbfeld die "Schlacht von Hartford".
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