Einen Tag nach der wegen einer Terrorwarnung erfolgten Absage des Traditionsrennens standen sie da im schicken Opernturm in Frankfurt/Main, und irgendwie drängte sich der Eindruck auf, als seien ihnen die negativen Ereignisse des Vortags gerade recht gekommen. "Ich glaube sogar", sagte Sportdirektor Hartmut Bölts, "dass das Rennen größer rauskommt, als es derzeit ist."
Am Donnerstag war in Oberursel nahe der Mainmetropole ein Paar festgenommen worden, in der Wohnung der Verdächtigen wurde anschließend unter anderem eine funktionsfähige Rohrbombe gefunden.
Ein geplantes mögliches Anschlagsziel sei zwar nicht bekannt gewesen, teilte das Hessische Landeskriminalamt mit, allerdings habe es "deutliche Überschneidungen" vom Streckenverlauf des Radrennens und dem Bewegungsprofil der festgenommenen Personen gegeben.
Degenkolb zuversichtlich
"Für die Sicherheit aller Menschen", sagte Veranstalter Bernd Moos-Achenbach, "war es die richtige Entscheidung, das Rennen abzusagen." Natürlich nur das der Profis, denn zwischen 500 und 1000 Freizeitsportler radelten am Freitag "aus Solidarität", wie es der Frankfurter Sportdezernent Markus Frank nannte, ungeachtet der Geschehnisse und möglichen Gefahren quer durch den Taunus. "Die Botschaft von heute ist, dass wir uns von kranken Menschen nicht einschränken lassen. Es wird weitergehen", sagte er.
Ähnlich zuversichtlich zeigte sich Lokalmatador John Degenkolb, der nach seinen Siegen in diesem Jahr bei den Monumenten Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix zu den Top-Favoriten in Frankfurt gezählt hatte.
"Ich hoffe, das Rennen wird trotzdem eine Zukunft haben. Die Arbeit der Organisatoren ist zwar für dieses Jahr zunichte gemacht worden. Aber es wird weitergehen. Da bin ich mir sicher", schrieb der 26 Jahre alte Kapitän des deutschen Teams Giant-Alpecin auf seiner Homepage.
"Stehen alle hinter mir und der Entscheidung"
Moos-Achenbach gab sich diesbezüglich allerdings ein bisschen bedeckt. Er wisse zum Beispiel gar nicht, gestand er, "ob es für solch einen Fall eine Versicherung gibt". Von den Sponsoren, unter anderem Frank als Vertreter der Stadt Frankfurt, habe er aber "positive Signale" erhalten: "Sie stehen alle hinter mir und der Entscheidung."
Einigkeit herrschte auch in der Bewertung der Vorkommnisse, die zur Rennabsage geführt hatten. Frank etwa sprach von einem "feigen Anschlag gegen den Sport und die Gesellschaft", DOSB-Präsident Alfons Hörmann kritisierte: "Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung lehnen wir grundsätzlich ab, denn Sport will Menschen zusammenbringen, nicht trennen."
Und Rudolf Scharping, der Chef des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), fand es einfach nur "schade, dass einzelne Leute etwas kaputt machen, worauf sich eine Million gefreut hatte".
Im kommenden Jahr aber, da sind sich alle sicher, wird das Rennen wieder stattfinden. "Wir wollen die Tradition fortsetzen", sagte Frank. Und Bölts war ja ohnehin äußerst euphorisch: "Ich sehe im Schlechten immer das Gute. Und vielleicht hat es ja langfristig einen positiven Effekt."