"Ich wurde in Indien versteigert"

Moritz Fürste will mit der deutschen Nationalmannschaft weitere Titel
© Frank Uijlenbroek

Olympiasieger, Weltmeister, Europameister, Welthockey-Spieler, Euro-Hockey-League-Sieger: Moritz Fürste ist das Gesicht seiner Sportart in Deutschland. Im Interview mit SPOX sprach der 30-Jährige über seine Abenteuer in Asien, eine coole Geschichte mit Philipp Lahm, seinen Einsatz für Olympia in Hamburg, die Spiele in Rio und die anstehende Europameisterschaft in London.

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SPOX: Egal ob bei Olympischen Spielen, Welt- oder Europameisterschaften. Deutschland räumt im Hockey traditionell ab. Woran liegt das eigentlich, Herr Fürste?

Moritz Fürste: Wir haben einfach ein gutes System, insbesondere in der Jugendförderung. Die Talentschmiede funktioniert, weil in unseren Reihen viele Leute mit sehr viel Ahnung arbeiten. In der Spitze, also sozusagen bei den A-Teams, sind die zahlreichen Termine, bei denen die Nationalmannschaft zusammenkommt und deshalb auch wirklich gemeinsam agieren kann, ein wesentlicher Vorteil. Das ist anderen Sportarten in der Form nicht vergönnt.

SPOX: Dabei sind Sie persönlich zunächst durch das gelobte System gefallen. In manchen U-Mannschaften waren Sie gar nicht dabei, zündeten den Turbo erst spät. Wie kam es dazu?

Fürste: Dafür gab es mehrere Gründe. Relativ lange war es so, dass ich mich mit der Möglichkeit, einmal in der Nationalmannschaft spielen zu können, gar nicht beschäftigt habe. Außerdem spielte ich mit meiner damaligen Jugend-Mannschaft nicht in der Spitze mit. Und wenn ich dann doch mal eine Chance bekam, performte ich viel zu schlecht. Aber unverhofft kommt oft. Eines Tages verletzte sich ein Spieler in der U21. Zunächst sollte ein Teamkollege von mir nachnominiert werden, doch mein Trainer bot mich an. Fortan war ich mit von der Partie.

SPOX: Mit Erfolg. Olympiasieger, Weltmeister, Europameister, Welthockey-Spieler, Euro-Hockey-League-Sieger - mehr kann man nicht gewinnen. Dabei sagen Sie, dass es Ihnen gar nicht in erster Linie um Titel geht. Worum dann?

Fürste: Zugegebenermaßen lässt sich das leichter sagen, wenn man schon all das, was Sie eben aufgezählt haben, gewonnen hat. Nichtsdestotrotz ist es die totale Leidenschaft für den Sport, eine Passion, die mich antreibt. Ich genieße es, mit der Mannschaft bei einem Großereignis dabei zu sein, den Zusammenhalt und das Teamgefühl zu erleben.

SPOX: Mittlerweile sind Sie - noch vor Bundestrainer Markus Weise - das Gesicht im deutschen Hockey. Schmeichelt Ihnen das oder nervt es eher?

Fürste: Ehrlich gesagt beschäftige ich mich mit diesem Gedanken nicht. So wie Sie das jetzt sagen, ist es für mich nicht greifbar. Ich mache die Dinge einfach so, wie ich sie für richtig halte. Ich kann also weder sagen, dass mich irgendetwas in dieser Richtung stört, noch ziehe ich irgendwelche Vorteile oder Motivation daraus.

SPOX: Nicht greifbar ist es für Sie sicherlich auch deshalb, weil Hockey wie so viele andere Sportarten in Deutschland extrem im Schatten des Fußballs steht. Kann man dagegen etwas tun?

Fürste: Ich denke schon, dass man für andere Sportarten - individuell gesprochen - einiges tun kann. Man hat es in den letzten zehn Jahren jedoch teilweise versäumt, das auch umzusetzen. Das steht jetzt an und ich glaube, dass schon ein paar Schritte gemacht wurden. Es muss nachhaltig daran gearbeitet werden. Es geht nicht darum, dahin zu kommen, wo der Fußball ist. Aber es gibt noch jede Menge Kapazitäten, die ausgeschöpft werden können.

SPOX: Wichtig dafür sind dann doch Personen und Gesichter, die man mit dem jeweiligen Sport in Verbindung bringt. Sie tun einiges in dieser Richtung, in dem Sie in sozialen Netzwerken aktiv sind. Kürzlich reagierten Sie beispielsweise auf ein Facebook-Video von Philipp Lahm im Rahmen seiner Aktion "Your Skills for Rio", in dem er im Hinblick auf Olympia fragte: "Seid Ihr schon fit am Hockeyschläger, Mo Fürste?"

Fürste: Richtig. Ich antwortete mit einem Video, in dem ich versuchte, Getränke-Dosen von der Torlatte zu schießen. Das klappte nicht immer (lacht).

SPOX: Wie hat Ihnen Lahms Aktion gefallen?

Fürste: Das war eine coole Geschichte. Es ging dabei nicht nur um mich, sondern auch um andere Sportler, die etwas von sich erzählen konnten. Das bringt Aufmerksamkeit für die olympischen Sportarten, was gut ist und was auch sein Ziel war.

SPOX: Aufmerksamkeit dürfte auch die anstehende EM in London bringen. Was ist für Deutschland drin?

Fürste: Wir gehen mit einer starken Truppe an den Start. Der Mix aus erfahrenen Akteuren und jungen, wirklich starken Athleten, die ihren Weg gehen werden, stimmt. Da dürfte für uns also einiges drin sein.

SPOX: Ist der Titel das klare Ziel?

Fürste: Wir fahren sicherlich nicht mit dem Ziel zur EM, Zweiter zu werden. Aber den EM-Sieg holt man nicht einfach so. In Halbfinale und Finale stehen definitiv Partien gegen absolute Spitzenteams an, die superschwer zu gewinnen sind. Man kann in solchen Spielen sehr gut sein, wenn der Gegner aber einen Jahrhunderttag erwischt, verliert man sie trotzdem. Dann kann man sich fragen: Haben wir unser Ziel nicht erreicht, oder war es okay, weil die anderen diesmal einfach besser waren? Da muss man einfach abwarten.

Seite 1: Fürste über die DHB-Stärke, seinen Aufstieg und Hockey im Fußball-Schatten

Seite 2: Fürste über Olympia, Hamburgs Bewerbung und seine Abenteuer in Asien

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