Außerdem schätzt The Gentle den deutschen Darts-Markt ein und erklärt, warum es seiner Meinung nach die richtige Entscheidung war, einen Premier-League-Spieltag nach Berlin (alle Sessions der Premier League live auf DAZN) zu verlegen.
SPOX/DAZN: Herr Suljovic, lange Zeit war Darts für Sie überhaupt kein Thema. Nachdem Sie in Tutin im heutigen Serbien geboren wurden, sind Sie als junger Mann wegen des Krieges nach Österreich geflohen.
Suljovic: Genau. Ich bin Ende 1992 beziehungsweise 1993 mit 19 Jahren nach Österreich geflüchtet. Das wünsche ich niemandem. Mein Schwager war zwar dabei, aber sonst niemand aus meiner Familie. Vor dem Krieg hatte ich mich freiwillig gemeldet. Als ich dann einberufen wurde, war mein Bruder schon im Krieg. Wir hatten vier Monate keinen Kontakt zu ihm und wussten nicht, ob er noch lebte oder nicht. Da sagte meine Mutter: 'Vielleicht haben wir ihn verloren. Es ist besser, wenn wir ein Kind verlieren als zwei.' Deshalb bin ich über Mazedonien in die Türkei und dann nach Österreich. Wir hofften, dass sich die Lage wieder beruhigt und ich vielleicht zurückkommen könnte, aber leider hat sie sich nicht beruhigt.
SPOX/DAZN: Wie gefährlich war die Flucht?
Suljovic: Der Weg von Serbien nach Mazedonien war gefährlich, weil das Militär überall war. Die Soldaten sind in die Busse rein und haben sich genau angeschaut, wer darin sitzt und wen sie vielleicht herausziehen.
SPOX/DAZN: Wie haben Sie es geschafft?
Suljovic: Als ich den Einberufungsbescheid erhielt, meldete ich mich und sagte, dass ich nur meine Familie besuchen und danach zurückkehren würde. Das war damals für die Behörde in Ordnung. Am Anfang wollte ich unbedingt zurück, aber der Krieg dauerte so lange, dass ich mich fragte: 'Wo willst du da denn eigentlich hin?' Wir haben uns für Österreich entschieden, meine Mutter und mein Vater sind später nachgekommen und jetzt lebt der engste Familienkreis in Wien.
SPOX/DAZN: Wie haben sie sich in Österreich eine Existenz aufgebaut?
Suljovic: Das war gar nicht so schwierig, auch wenn das Heimweh schon groß war. Meine Brüder hatten ein Cafe, in dem ich gleich mitarbeiten und kleinere Aufgaben übernehmen konnte. Dadurch musste ich nicht immer an Zuhause denken. Aber natürlich kommt immer wieder das Heimweh hoch. Heute ist das kein Thema mehr.
SPOX/DAZN: Sie haben relativ schnell in Österreich Fuß gefasst. Wann kam dann Darts in Ihr Leben?
Suljovic: Ich habe schon Ende 1993 begonnen, Darts zu spielen. Früher war E-Darts in den Cafes sehr populär, das hat riesengroßen Spaß gemacht. Die anderen haben zu viert oder fünft gespielt, aber ich spielte allein. Dann hieß es: 'Der ist verrückt, warum spielt er allein?' Aber ich wollte eben die Zahlen treffen und wenn ich ein Turnier verlor, schloss ich mich danach ein und trainierte. Ich habe nie aufgegeben.
SPOX/DAZN: Diese Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt, mittlerweile haben Sie sich unter den besten Darts-Spielern der Welt etabliert. Wo soll die Reise als Nächstes hinführen?
Suljovic: Mein Ziel ist es, dass ich in die Top 8 der Premier League komme und 2018 in den Top 16 bleibe. Top 10 wäre ideal, aber das wird sehr hart.
SPOX/DAZN: Unser Kommentator Elmar Paulke meint, Sie haben mittlerweile auch die Ausstrahlung eines Top-Spielers. Hat sich auch Ihr eigenes Selbstverständnis auch geändert?
Suljovic: Auf jeden Fall. Wir spielen jede Woche und früher war ich auf der Bühne immer nervös. Ich habe lange gebraucht, aber jetzt ist das vorbei. Ich fokussiere mich nur noch auf das Spiel.
SPOX/DAZN: Wann kam dieser Punkt?
Suljovic: Als ich gegen alle gewonnen hatte. Wenn man nicht gegen die Besten gewinnt, hat man kein Selbstvertrauen. Man gewinnt zwar kleine Turniere, aber das ist nicht das Wahre. Man muss gegen den Weltmeister gewinnen.
SPOX/DAZN: Das ist Ihnen bei den PDC Masters im Januar gelungen.
Suljovic: Ich habe eine sehr schlechte WM gespielt und wusste nicht, woran es gelegen hat. Ich habe viel trainiert und trotzdem war mein Average schlecht. Ich war froh, dass ich überhaupt zwei Runden gewann. Dann reduzierte ich das Training und das war sensationell. Ich war im Kopf frei und konnte mit Rob Cross mithalten. Als er eine Schwächephase hatte, war ich zur Stelle. Früher passte ich mich in solchen Situationen noch an und spielte selbst schlecht.