SPOX: Tyson war nur einer von vielen Boxern, die Sie nach der Zusammenarbeit in Misskredit brachten. Nicht selten ging es sogar vor Gericht, der Streitpunkt war meistens finanzieller Natur.
King: Ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Aber ich werde kein schlechtes Wort über Tyson oder sonst irgendjemanden verlieren. Es wird viel geschrieben und geredet, doch die meisten Leute verstehen es nicht. Es ist doch so: Wenn Mike Tyson etwas Positives über Don King sagen würde, interessiert das niemanden. Niemand schert sich darum, wenn ein Farbiger einen anderen Farbigen lobt. Das sind immer noch die Spätfolgen der Sklaverei und beweist, dass wir auch im 21. Jahrhundert ein Problem mit Rassismus haben.
SPOX: Und wenn Tyson etwas Negatives über Sie sagt?
King: Dann kassiert er Geld dafür, weil es eine Schlagzeile ist. Das ist vergleichbar mit einem Hund, dem ich ein Kunststück beibringe und das Tier dafür einen Keks bekommt. Glauben Sie mir nur Eines: Ich liebe Tyson und habe viel Kohle mit ihm gemacht. Aber er hat auch von mir profitiert. Er musste jedoch wie viele andere auch lernen, dass man sich Intelligenz nicht kaufen kann. Kein Reichtum auf dieser Welt kann dir eine gute Bildung ersetzen. Das haben einige meiner Boxer nicht verstanden.
SPOX: Trotzdem werden Sie häufig als Mensch dargestellt, der über Leichen geht.
King: Aber warum? Weil ich mich nicht von meinem Weg abbringen lasse? Das ist mein gutes Recht. Wenn ich einen Vertrag mit einem Boxer habe, will ich meinen Anteil bekommen. Das hat nichts damit zu tun, dass ich gierig bin. Leider wird das aber so dargestellt, weil sie es nicht gewohnt sind, dass ein Farbiger aus dem Ghetto erfolgreich ist. Jeder wollte mich zerstören, selbst das FBI oder die CIA haben es versucht. Aber wenn ich wirklich so viel falsch gemacht hätte, wäre ich nicht auf freiem Fuß. Das ganze ist einfach Bullshit.
SPOX: Sie haben Ihre Kindheit in einem Ghetto von Cleveland angesprochen. Schon damals waren Sie als kleiner Geschäftsmann mit ihrem Bruder unterwegs. Worum ging es damals?
King: Das war das sogenannte Numbers Game. Ich war in den Straßen unterwegs und habe die Leute zu Wetten überredet. Sie mussten drei Zahlen für einen Dollar sagen, mit denen sie gewinnen konnten. Am nächsten Tag erschien dann in einer Zeitung eine gewisse Kombination, der über den Sieger entschied. Zum Glück hatte ich ein sehr gutes Gedächtnis und konnte mir die Zahlen und Gesichter merken.
SPOX: Die Chancen auf den Jackpot klingen relativ gering.
King: Es war eine Lotterie. Aber eine Lotterie, die nur auf den ersten Blick um Geld ging. Eigentlich stand die Hoffnung auf ein besseres Leben im Vordergrund. Um der Armut zu entkommen, versucht man eben alles.
SPOX: Auch Sie standen vor einer hoffnungslosen Situation, als Sie 1966 wegen Totschlags eine Haftstrafe absitzen mussten. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?
King: Ich wurde im Gefängnis quasi neugeboren. Ein Bibel-Vers hat mir dabei geholfen. Johannes 9,25: "Ich war blind, und nun bin ich sehend". Um die Zeit erträglich zu gestalten, habe ich zudem viel gelesen. Shakespeare, Goethe, Churchill - ich habe sie mir alle vorgenommen und gelernt, dass man die Zeit nutzen muss, die einem gegeben wird.
SPOX: Und daraus entwickelte sich die Figur, die Sie heute spielen?
King: Nein, um Gottes Willen. Ich spiele keine Figur, der Don King, den die Öffentlichkeit kennt, ist real - und einzigartig.
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