Er hatte nur diese eine Chance, und er hat sie überzeugend genutzt. Schattenmann Robert Stieglitz ist in der Nacht zum Sonntag in Dresden ins Rampenlicht getreten.
Der Magdeburger Profiboxer, der bislang nur Insidern bekannt war, verteidigte in einer dramatischen und harten Ringschlacht seinen Weltmeistertitel des Verbandes WBO im Supermittelgewicht durch einen einstimmigen Punktsieg gegen den Mexikaner Enrique Ornelas. "Es war nicht leicht", sagte Stieglitz, "aber das Publikum hat mich fantastisch unterstützt."
Stieglitz erlangt Bekanntheitsgrad
Der 29 Jahre alte Magdeburger ist seit Juni 2009 Weltmeister in der Gewichtsklasse, die zurzeit vor allem durch das Super-Six-Turnier mit dem Berliner Arthur Abraham Schlagzeilen macht.
Stieglitz dagegen kennt außerhalb von Magdeburg fast niemand, er hatte eben nicht die geballte PR-Macht eines großen TV-Senders hinter sich. Das hat sich jetzt etwas überraschend geändert, weil "SAT1" ihn als zweiten Headliner neben Mittelgewichts-Champ Felix Sturmn ausgewählt hat.
Also setzte der Münchner Sender seine Maschinerie in Gang, um den gebürtigen Russen Sergej Schtiklits mit dem deutschen Pass und dem deutschen Namen zu promoten. Das Ergebnis fiel allerdings am Samstag noch enttäuschend aus: Nur durchschnittlich 1,76 Millionen Zuschauer schalteten die Übertragung ein, in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen waren es nur miserable 5,4 Prozent. Stieglitz' Kampf in der Stunde vor Mitternacht erzielte immerhin eine ordentliche Einschaltquote von 13 Prozent.
"Ich habe Sterne gesehen"
Diese 2,67 Millionen sahen eine blutige Ringschlacht. Stieglitz wurde in der siebten Runde voll unter dem linken Auge getroffen, der böse Cut war bis zum Schluss nicht zu schließen. "Da war ich angeschlagen, habe Sterne gesehen", gab der Titelverteidiger anschließend zu, "ich habe mich irgendwie über die Zeit gerettet."
Auch in der zwölften Runde war der Herausforderer aus Mexiko noch gefährlich, Stieglitz überzeugte die Punktrichter allerdings mit enormer Physis und Kampfkraft. Dreimal 117:111 lautete ihr Urteil, nicht unverdient, aber vielleicht etwas zu hoch.
Auch Ornelas boxte phasenweise hochklassig, ihm fehlte aber die Konstanz. "Robert hat ein großes Herz", würdigte Michael Booton, der Coach des unterlegenen Mexikaners, die Kämpferqualitäten von Stieglitz: "Ich dachte in der siebten Runde, dass wir ihn haben."
Auch Kühne verteidigt Titel
Neben Stieglitz verteidigte auch die Berlinerin Ramona Kühne ihre drei WM-Titel (WIBF, WBO, WBF) im Superfedergewicht durch einen einstimmigen Punktsieg gegen die Ukrainerin Irma Balijagic.
In der Stunde des Triumphes war im Lager von Stieglitz-Promoter Ulf Steinforth der Ärger mit dem Berliner Sauerland-Stall allerdings noch lange nicht vergessen. Die Berliner Promoter von Arthur Abraham hatten kurz vor dem Kampf Trainer Torsten Schmitz abgeworben und damit die Vorbereitungen des WM-Fights eines möglichen Kontrahenten natürlich empfindlich gestört.
Supervisor Jean-Marcel Nartz, der jahrelang für Sauerland gearbeitet hat, war immer noch so sauer, dass er sich zu drastischen Worten hinreißen ließ: "Ich scheiße auf den Sauerland-Boxstall."
Culcay gewinnt nach Punkten
In Hamburg stand Deutschlands Nachwuchshoffnung Jack Culcay im Ring. Und zwar mit Erfolg. Der 25-Jährige besiegte im Halbmittelgewicht den Bulgaren Alexey Ribtschew nach Punkten.
Es war das erste Mal, dass ein Boxkampf live bei "Bild.de" gestreamt wurde. Insgesamt klickten mehr als 300.000 User den Kampf an - Rekord. Culcays nächster Fight könnte schon um die vakante Deutsche Meisterschaft sein. Möglicher Gegner: Michel Trabant.