SPOX: Ihr Vorname sorgt während der EM für Verwirrung: Sie hießen in Ihre Karriere immer "Pooh" , in Slowenien allerdings werden Sie überall mit "Eugene" angesprochen. Was steckt dahinter?
Pooh Jeter: Das ist echt ungewohnt für mich! In den letzten Wochen habe ich häufig nicht einmal reagiert, wenn ich den Namen "Eugene" hörte, so seltsam ist es für mich. Ich heiße eigentlich seit der Geburt "Pooh". So hat mich meine Oma mütterlicherseits umgetauft, als sie mich als Säugling in den Arm nahm und sagte, dass ich aussehen würde wie Winnie-the-Pooh, der Bär. Ich wurde in der Jugend nur "Eugene" genannt, wenn ich Ärger hatte. Oder wenn eine Highschool-Freundin sich besonders wichtig nahm von wegen: "Jeder spricht dich mit 'Pooh' an, aber ich bin dein Schatz, daher sage ich immer 'Eugene', damit du weißt, wie wichtig du mir bist." Das war nervig. (lacht) Doch bevor es falsch verstanden wird: Ich trage den Vornamen "Eugene" mit Stolz: Ich bin nicht umsonst Eugene Jeter, der Dritte. Mein Großvater und mein Vater tragen den selben Vornamen.
SPOX: Vom Namen abgesehen: Als wie seltsam empfinden Sie Ihr derzeitiges Leben? Sie sind ein amerikanischer Basketballer, der über Israel, die NBA und Spanien nach China kam, dort zum großen Star wurde und jetzt mit Ukraine an einer EM in Slowenien teilnimmt, um dort mit einem deutschen Journalisten ein Interview zu führen.
Jeter: (lacht laut) Wenn man es so formuliert, ist mein Leben echt verrückt. Das ist eben Basketball. Ich fühle mich wie ein Musiker auf Welt-Tournee. Ich verdiene Geld mit dem, was ich über alles liebe, und lerne dabei großartige Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen kennen. Manchmal bin ich sprachlos, wenn ich darüber nachdenke, wo ich schon auf der Welt war: Ich habe alle Ecken der USA, in Europa und in China kennengerlernt. Das ist ein Geschenk!
SPOX: Bei der diesjährigen EM setzt sich der Trend fort, wonach viele europäische Länder auf amerikanische Point Guards setzen, die eingebürgert wurden: Bosnien mit dem zukünftigen Bamberger Zack Wright, Georgien mit Ricky Hickman, Italien mit Travis Diener, Kroatien mit Dontaye Draper, Mazedonien mit Bo McCalebb, Montenegro mit Ex-Bayern-Profi Tyrese Rice und die Ukraine mit Ihnen. Wie ist der Kontakt untereinander?
Jeter: Im Grunde kenne ich alle persönlich. Nur mit Ricky hatte ich noch nie etwas zu tun, wobei ich weiß, dass er ein großartiger Spielmacher ist. Ich bin sehr gut befreundet mit Dontaye Draper, mit Zack Wright verstehe ich mich ebenfalls sehr gut. Bei Travis ist es etwas anderes, weil er über seine italienische Ehefrau die Staatsbürgerschaft bekam. Trotzdem sind wir uns alle einig, dass es eine große Ehre ist, von den Ländern gefragt zu werden.
SPOX: Wie lief die Einbürgerung bei Ihnen genau ab?
Jeter: Mein Agent Andrew Buck bekam im Sommer einen Anruf vom ukrainischen Verband. Ich war sofort aufgeregt, als ich davon hörte, weil ich zur Ukraine seit meiner Zeit bei BC Kiew eine besondere Beziehung habe. Ich wusste, dass ich in der Nationalmannschaft ehemalige Mitspieler wie Viacheslav Kravtsov wiedersehen werde. Deswegen fühlte sich mein Einstand so an, als ob ich nie weggewesen wäre. Ich bereue die Entscheidung keine Sekunde.
SPOX: Wie wichtig war es zu wissen, dass mit Mike Fratello eine NBA-Legende als Nationaltrainer weiterverpflichtet wurde?
Jeter: Coach Fratello heißt nicht umsonst "Zar". Ich sehe mich noch immer als Lehrling des Basketballs an und ich war mir sicher, dass ich von ihm extrem viel lernen kann. Er hat nicht zufällig die Karrieren von großartigen Point Guards wie Mark Price, Doc Rivers und Terrell Brandon entscheidend geprägt.
SPOX: Worauf legt Fratello seinen Fokus?
Jeter: Ganz klar auf die Defense. Wir kamen nur so weit, weil wir uns über die Verteidigung ins Turnier brachten. Im Nachhinein wichtig war auch die Niederlage gegen Lettland zum Auftakt der Zwischenrunde. Wir als Mannschaft müssen zugeben, den Gegner unterschätzt zu haben, obwohl Coach Fratello uns vorher eindringlich gewarnt hatte: "Nehmt die Letten ernst! Sie kommen aus der Kabine und verprügeln euch!" Und das taten sie.
SPOX: Und dann? Was hat Fratello nach Spielende gesagt?
Jeter: Die Frage ist eher: Was hat er nicht gesagt? Er hat es uns verbal richtig gegeben - und das völlig zu Recht. Wir wurden gedemütigt und wir schämten uns. Es war der Weckruf zur rechten Zeit.
SPOX: Dennoch: Wie erstaunt sind Sie über das Abschneiden?
Jeter: Vor dem Turnier wurden wir in allen Power Rankings von 24 Teams an die 24. Stelle gesetzt. Das hat uns gekränkt und daraus schöpften wir Kraft. Jetzt gehören wir zu den Top-6-Teams n Europa und erreichten die WM-Qualifikation. Es waren magische drei Wochen.
Hier geht's zu Teil II: "Ich biete mich der NBA nicht mehr an"