"Das Pensum wäre tödlich gewesen"

Rolf Beyer (r.) stieg in Bamberg überraschend zum Baskets-Boss auf
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SPOX: Bevor der neue Sportdirektor gefunden wurde, arbeiten Sie bereits an einer Umstrukturierung der Nachwuchsabteilung. Stimmt es, dass Sie erwägen, mit Nowitzki-Entdecker und -Mentor Holger Geschwindner zu kooperieren?

Beyer: Aus welchem Grund auch immer hat es zwischen Herrn Geschwindner und dem alten Trainerstab nicht gepasst. Seine Methoden und Ansätze waren im Vergleich zur damaligen Philosophie des Klubs zu ungewöhnlich. Ich traf ihn in den letzten Wochen ein paar Mal und er wird mit seinem Querdenken nie in eine Organisation und Struktur reinzupressen sein. Er blickt aus einem interessanten digitalen Standpunkt heraus auf unsere Prozesse, nur ich werde nie mit der Axt reingehen und alles niederhacken. In einigen Dingen sind wir unterschiedlicher Meinung. Trotzdem kann man mit ihm diskutieren und sich extrem gut reiben. Ich kann auch viel von ihm lernen und sauge dieses Wissen gierig auf. Daher ist für uns eine Zusammenarbeit im Bereich der Spielerentwicklung, im Jugendbereich wie im Profiteam, sehr spannend. Er kann uns extrem helfen und Türen öffnen. Was klar ist: Er wird vom Wunsch getrieben, den Basketball in Deutschland und speziell in Franken zu fördern. Das passt.

SPOX: Was sagt Coach Trinchieri? Kennen sich beide?

Beyer: Andrea kennt ihn zumindest aus den Medien. Wir haben vereinbart, dass wir uns im neuen Jahr zu dritt zusammensetzen, um zu besprechen, was man im Individualbereich machen kann.

SPOX: Nicht nur Geschwindner ist ein Original, Trinchieri macht ebenfalls seinem Ruf alle Ehre und ist mit seiner extrovertierten Art ein Farbtupfer der BBL. Aber wie kommt ein solch meinungsstarker Coach mit dem gleichfalls meinungsstarken Milliardär und Aufsichtsratsboss Stoschek zu Recht?

Beyer: Bisher stellte sich die Frage nicht. Wie angekündigt, hält sich der Aufsichtsrat seit fünf Monaten komplett zurück, damit Andrea und ich die Zeit bekommen, um etwas zu entwickeln. Wir haben als Verein mit der Unterstützung des Aufsichtsrats gesagt, dass keine Wunderdinge zu erwarten sind und es eine Saison des Übergangs ist. Daran halten sich alle. Aber die beiden kommen bisher sehr gut miteinander zurecht.

SPOX: Bambergs Saisonstart verdient nach einigem Auf und Ab die Note "gut" bis "sehr gut". Doch Alba Berlin dominiert trotz der deutlichen Niederlage bei Ihnen die BBL und steht in den Top 16 der Euroleague, obwohl das Budget deutlich kleiner ist. Könnte Bamberg nicht gleich erfolgreich sein?

Beyer: Wenn sie Herrn Stoschek fragen, lautet die Antwort bestimmt: ja, ein Muss. (lacht) Was uns Alba voraushat: Der Kader ist im Kern seit zwei, drei Jahren gleichgeblieben. Das Problem für Berlin: Nach dieser Saison laufen viele Verträge aus und die Frage wird sein, ob McLean, Redding, Hammonds oder Radosevic mit den gleichen Bordmitteln zu halten sein werden. Wenn das nicht möglich ist und sie gehen, stehen Sie nächsten Sommer vor der gleichen Situation wie wir in diesem. Das soll allerdings nicht die Leistung von Sasa Obradovic, Marco Baldi und Mithat Demirel schmälern. Sie erledigen einen super Job und verpflichteten Spieler, die blind harmonieren und als Gemeinschaft eine stabile Basis teilen. Dahin wollen wir auch kommen.

SPOX: Lob für Berlin - gibt es zumindest Richtung FC Bayern eine Kampfansage?

Beyer: Nein, wir verzichten bewusst auf Spitzen, weil wir erst einmal genug mit uns zu tun haben.

SPOX: Was im Vergleich zu den Bayern erstaunt: Während in München der Zuschauerschnitt leicht rückläufig ist, beträgt die Hallenauslastung in Bamberg weiter 100 Prozent. Und das nach der schwachen Vorsaison. Ermutigt die Fan-Resonanz, womöglich ein größeres Arena-Projekt anzugehen, um auf Dauer konkurrenzfähig zu bleiben?

Beyer: Dass nach den Irrungen des Sommers immer noch 6800 zahlende Fans zu uns kommen, ist ein absolutes Positivsignal. Dennoch lautet die Antwort ganz kategorisch: Nein, wir denken nicht über eine neue Arena nach. Es ist eine mathematische Frage. In der Bamberger Region leben 150.000 Menschen, die sich theoretisch mit Basketball beschäftigen können. Nicht mehr, denn dann stößt man schnell auf Erlangen, wo gerade ein tolles Handball-Projekt entsteht. In Würzburg gibt es wiederum Basketball und jetzt Fußball, in Nürnberg Fußball und Eishockey.

SPOX: Wie sieht die Perspektive für Bamberg konkret aus? Trinchieri unterschrieb sicherlich nicht bis 2017 in Bamberg, um jedes Jahr Eurocup zu spielen. Bemühen Sie sich beispielsweise um eine Euroleague-Wild-Card für 2015/16?

Beyer: Lassen Sie uns abwarten, wie wir im letzten Drittel der Saison dastehen, danach wissen wir selbst mehr, in welche Richtung es geht. Für dieses Jahr ist der Eurocup genau richtig, in der Euroleague hätten wir uns definitiv verhoben. Aber wenn man Alba sieht, ist es ein Ansporn, wieder in die Königsklasse zu kommen. Dennoch wollen wir nicht um jeden Preis in die Euroleague. Unser Ziel lautet: Wir wollen nachhaltig nach oben und uns in den nächsten fünf Jahren in den Top 20 Europas etablieren.

SPOX: Sie sprechen die Nachhaltigkeit an. Doch wie nachhaltig kann ein Klub wirtschaften, der von einem Milliardär und Mäzen unterstützt wird? Provokant gefragt: Entspricht Bamberg mit der Abhängigkeit von Michael Stoschek den Regularien des Financial Fair Play, welches die Euroleague einzuführen gedenkt?

Beyer: Eine provokante und zugegebenermaßen schwierige Frage. In der BBL gibt es eine Spreizung der Etats von 1,8 Millionen Euro bis 14-15 Millionen Euro. Letzteres ist übrigens nicht unser Etat. Daher kann man sich immer streiten, wo die Grenzen von Mäzentum und Sponsoring sein sollen. Was wir definitiv umsetzen: Wir legen alle Unterlagen komplett transparent vor und wir erfüllen die Lizensierungsbedingungen der BBL zu 100 Prozent. Und da die BBL-Statuten die Basis für das Financial Fair Play sein sollen, bin ich mir sicher, dass wir die Regelungen erfüllen. Zumal der Anteil von Brose als Hauptsponsor in der Zukunft absolut stabil bleiben soll. Wenn wir also wachsen, dann nur durch andere potente Sponsoren. Bei uns gibt es anders als in Russland keine Geldkoffer mit einer Million Dollar in bar, die der Trainer bekommt, um Spieler seiner Wahl zu verpflichten.

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