SPOX: Sie hatten jedoch früher offenbar ähnliche Anwandlungen wie Kahn und Effenberg. Sie sagten, dass Ihre größte Schwäche Ihre Ungeduld wäre und Sie häufig andere vor den Kopf stießen. Gilt das immer noch? Haben Sie bei der EM die meist jüngeren Spieler zurechtgewiesen?
Schaffartzik: Wenn ich junge Spieler zurechtweise, dann nur wegen der Einstellung. Von einem jungen Spieler erwarte ich nicht, dass er etwas besonders gut macht, dafür fehlt es an Erfahrung. Wenn es aber an der Einstellung mangelt, werde ich auch heute sehr schnell ungeduldig. Andererseits habe ich mich stark verbessert. Ich kann diesen Drang besser unterdrücken. Und zu meiner Entschuldigung: Ich bin zu mir selbst auch nicht netter, wenn ich etwas falsch mache.
SPOX: Bei der EM holten sich Lucca Staiger oder Philipp Schwethelm Tipps von Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner. Sie auch?
Schaffartzik: Nein. Ich habe festgestellt, dass das ständige Fragen nach Tipps einen nur verunsichert. Für einen jungen Spieler kann das hilfreich sein, aber wenn man bei einem 27-Jährigen etwas an den festen Bewegungsabläufen verändert, schadet es nur. Wenn er zu mir gekommen wäre, hätte ich ihm bestimmt zugehört, aber das war nicht der Fall.
SPOX: Haben Sie durchschaut, was für ein Mensch Geschwindner ist?
Schaffartzik: Er saß immer im Bus und war überall dabei. Wir haben uns auch ein bisschen über dies und das unterhalten, durchschaut habe ich ihn jedoch nicht wirklich. Er ist ein sehr eigener Mensch, den vermutlich nur wirklich ganz wenige gut kennen. Finde ich irgendwo sehr sympathisch.
SPOX: Was halten Sie von seinen ungewöhnlichen Trainingsmethoden?
Schaffartzik: Es interessiert mich, wenn jemand in allem, was er tut, einen Sinn sieht. Wenn jemand zu mir sagt: 'Hüpf nur auf der Stelle!', würde ich das machen, solange mir erklärt wird, dass es mich als Basketballer weiterbringt. Das beste Beispiel ist Geschwindners Idee, Dirk Nowitzki Musikinstrumente näherzubringen, damit er sich mit etwas anderem als Sport beschäftigt und richtig heiß auf Basketball ist, wenn er am Tag drauf in die Trainingshalle geht.
SPOX: Sie spielen wie Nowitzki Gitarre. Ihr Freund Misan Nikagbatse erklärte im SPOX-Interview, dass die Gitarre sogar so etwas wie sein Therapeut ist.
Schaffartzik: Ich kann Misans Formulierung nachvollziehen, auch wenn ich nicht so weit gehe zu sagen, dass ich durch die Gitarre meine innere Mitte gefunden hätte. Mir macht es einfach nur Spaß, mich mit Musik auseinanderzusetzen. Noten sind wie eine andere Sprache, eine andere Form von Logik. Mathematik spielt ebenfalls mit rein. Das liegt mir.
SPOX: Menschen teilen sich in der Regel auf in Sprachbegabte und Rechenbegabte. Zu welcher Gruppe zählen Sie?
Schaffartzik: Algebra ging gut, als es jedoch mit den linearen Gleichungen und den Kurvendiskussionen losging, war ich in der Schule verloren. Daher geht es doch eher zu den Sprachen.
SPOX: Stimmt es, dass Sie neben Deutsch und Englisch auch Spanisch, Französisch und Arabisch sprechen?
Schaffartzik: Französisch kann ich ganz gut, und in Spanisch funktioniert es, wenn ich ein paar Biere getrunken habe. (lacht) Arabisch war leider nur eine Phase. Die Sprache ist so weit weg, da reicht es nicht, ein paar Monate zu üben.
Schaffartzik im SPOX-Interview 2009: "Ich kiffe nie wieder"
SPOX: Dabei sagten Sie vor einigen Jahren, dass Sie Ihre Karriere in einem arabischen Land fortsetzen und dort womöglich Trainingscamps aufbauen wollen.
Schaffartzik: Das ist schon lange her, aber damals meinte ich das ernst. Ich war in Jordanien und Marokko, die Andersartigkeit der arabischen Welt fasziniert mich seitdem. Mittlerweile ist ein Umzug dahin alleine schon wegen der instabilen politischen Lage kein Thema mehr. Mal schauen, was ich nach der Karriere mache. Ich weiß derzeit nur, dass ich mich in Berlin total wohl fühle.
SPOX: Ihr Leben wäre wohl gänzlich anders verlaufen, hätten Sie sich als Teenager für eine Karriere als Fußballer entschieden. Sie wurden sogar in die Berliner Auswahl berufen. Welche zukünftigen Profis haben Sie kennengelernt?
Schaffartzik: Ich stand ein paar Jahre bei Hertha Zehlendorf mit Malik Fathi in einer Mannschaft und habe unter anderem gegen Charles Takyi und Tennis Borussia Berlin gespielt.
SPOX: Aber?
Schaffartzik: Bis ich zwölf, 13 Jahre alt war, konnte ich wunderbar beides vereinbaren. Von Montag bis Freitag hatte ich dreimal Fußball- und zweimal Basketballtraining, am Wochenende gab es je ein Spiel. Dann musste ich mich jedoch entscheiden, weil im Fußball plötzlich fünf Einheiten und im Basketball vier Einheiten auf dem Programm standen. Ich habe damals schon zu Basketball tendiert, die endgültige Entscheidung fiel an einem bitterkalten Wintertag. Spitzenspiel gegen den VfB Lichterfelde, Schneetreiben, ich im rechten Mittelfeld. Mir sind die Füße abgefroren und ich frage mich ständig: Was soll das Ganze hier? Warum friere ich mir einen ab, wenn ich auch in der Halle stehen könnte? Dieses Erlebnis hat mich endgültig zum Basketball gebracht.
Die Tabelle, alle Ergebnisse: Die BBL im Überblick