"Hilfe? Brand ist herzlich eingeladen"

Andreas Michelmann wurde am 26. September zum DHB-Präsidenten gewählt
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SPOX: Können Sie nachvollziehen, dass manche Menschen zweifeln, ob Sie diesen Spagat zwischen Ihren beiden Ämtern schaffen können?

Michelmann: Ich kann verstehen, dass es Zweifler gibt. Aber wenn der Direktor der Bundesanstalt für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, gleichzeitig noch das Amt für Migration und Flüchtlinge übernehmen kann, bin ich auch in der Lage, diese zwei Aufgaben zu erfüllen. Wir haben 2013 beim DHB die Weichen so gestellt, dass das Hauptamt, also das Generalsekretariat, die komplette operative Arbeit zu übernehmen hat. Und das Präsidium sich auf die repräsentative und die strategische Arbeit konzentriert. Das kommt mir entgegen. Von der Arbeitsbelastung ist es schon enorm, von den Aufgaben her ergänzt sich aber glücklicherweise vieles.

SPOX: Werden Sie es beispielsweise schaffen, Anfang 2016 komplett bei der EM in Polen dabei zu sein?

Michelmann: Solche Termine sind der einzige Punkt, bei denen es jedes Mal eine Abwägung gibt. Am 6. November muss ich mich beispielsweise entscheiden, ob ich in Aschersleben ein Kabarett-Festival eröffne oder zum IHF-Kongress nach Sotschi fahre. In Polen werde ich zum Teil da sein, aber nicht die ganze Zeit über. Das ist auch nicht erforderlich.

SPOX: Da es ein Ehrenamt ist, kann man das auch nicht erwarten.

Michelmann: Ganz genau. Sonst müssen wir uns deutschlandweit mal fragen, was wir als Ehrenamt deklarieren. Wir haben im DHB bewusst entschieden, dass das Präsidium ehrenamtlich arbeiten soll. Wenn das dann nicht nur Rentner oder Millionäre sein sollen, muss es so geregelt werden, dass normal arbeitende Menschen diese Aufgabe noch erfüllen können. Oder wir müssen zu dem Schluss kommen, einen hauptamtlichen Präsidenten zu installieren. Ich habe diesen Vorschlag vor drei Jahren selbst gemacht und war bereit, meinem Leben dadurch noch einmal eine völlig neue Wendung zu geben. Die Mehrheit entschied sich aber für das Modell des ehrenamtlichen Präsidiums. Diesen Weg gehen wir jetzt.

SPOX: Ein wichtiger Punkt in Ihrer zukünftigen Arbeit sind die sinkenden Mitgliederzahlen im DHB - vor allem im Bereich der Jugend. Was wollen Sie dagegen tun?

Michelmann: Meiner Meinung nach gibt es drei wesentliche Punkte, auf die wir uns in den kommenden Jahren konzentrieren müssen. Das sind die Nationalmannschaften, die Ligen und die Mitgliederentwicklung. Die Nationalteams sind das Kerngeschäft des DHB, das ist klar. Für die Ligen sind in erster Linie die Ligen selbst verantwortlich. Und was die Mitgliederentwicklung angeht - das ist wirklich eine Berserker-Aufgabe für alle zusammen. Und das Eine beeinflusst teils das Andere. Mit erfolgreichen Nationalmannschaften haben wir logischerweise bessere Chancen, den Nachwuchs für Handball zu begeistern.

SPOX: Was wird konkret gemacht?

Michelmann: Wir bereiten uns beispielsweise bereits jetzt auf die Weltmeisterschaften 2017 und 2019 vor. Und zwar in dem Sinne, dass wir nach erfolgreichen Turnieren - wovon wir ausgehen - den Schwung besser nutzen können, als das 2007 der Fall war. Wir arbeiten an Kampagnen für die Zeit unmittelbar nach Erfolgen. Das schließt natürlich Olympische Spiele und Europameisterschaften mit ein. Das ist quasi die Lehre aus 2007.

SPOX: Und wie kommt man abseits von Erfolgen an die Jugendlichen ran?

Michelmann: Die Entwicklung im Nachwuchsbereich geht meiner Meinung nach nur über die Schulen. Wir müssen es schaffen, in die Schulen reinzukommen. Da unser Schulsystem, ob es will oder nicht, sich von Halbtagsschulen zu Ganztagsschulen entwickelt. Deshalb zeigen Jugendliche zunehmend ein anderes Freizeitverhalten. Wir müssen also unseren Sport im Tagesablauf unterbringen. Das ist eine Knobel-Aufgabe für die Vereine vor Ort. Und dabei werden sie auch eine gewisse Hilfestellung von Seiten des DHB bekommen. Eine weitere Chance für den Handball sehe ich trotz aller Schwierigkeiten in der Flüchtlingsproblematik.

SPOX: Was meinen Sie genau?

Michelmann: Aschersleben hat pro Jahr 300 Menschen verloren, von 33.000 Einwohnern sind es jetzt noch 24.000. Was ich sagen will: Ein Teil unseres Mitgliederschwundes hängt mit der demografischen Entwicklung in Deutschland zusammen. Wir haben jetzt die Chance, Familien mit Kindern zu integrieren und diese Kinder dann für unsere Sportart zu gewinnen. Da stehen wir natürlich im Wettbewerb mit anderen Sportarten. Deshalb brauchen wir ein wirkungsvolles und nachhaltiges Konzept. Das läuft derzeit an. Es kommt darauf an, schneller und cleverer als andere Sportarten zu sein.

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SPOX: Der wichtigste Bereich im DHB bleibt die Männer-Nationalmannschaft, die möglichst erfolgreich sein muss. Haben Sie konkrete Erwartungen an Dagur Sigurdsson, was das Abschneiden bei der EM in Polen betrifft, und wie bewerten Sie Sigurdssons bisherige Arbeit?

Michelmann: Es gab Menschen, die beklagt haben, dass das DHB-Team nicht von einem Deutschen trainiert wird. Diese Diskussion ist durch Sigurdssons Arbeit erloschen. Das spricht schon mal für den Bundestrainer und den DHB, der in diesem Punkt alles richtig machte. Aber ein ganz genaues Ziel für die nächste EM gebe ich jetzt natürlich nicht aus. Wie heißt es so schön: Die Eule der Minerva beginnt erst bei Dämmerung ihren Flug. Unser Ziel ist der Olympiasieg 2020. Dagur will trotz des langfristigen Plans schon jetzt jedes Spiel gewinnen und jede Zwischenetappe mit voller Power angehen. Er ist ein hoch professioneller Trainer mit einer super Einstellung.

SPOX: Lassen Sie uns zum Abschluss über Ihre aktive Handball-Laufbahn sprechen. Hätte Bundestrainer Sigurdsson Andreas Michelmann in den DHB-Kader berufen?

Michelmann: Wohl kaum. (lacht) Meine Handball-Karriere spielte sich stets im Amateurbereich ab. Schon in der Schule bekam ich Kontakt zum Handball und wurde entsprechend gefördert. Wir hatten eine wirklich gute, talentierte Schulmannschaft. In der achten Klasse schlugen wir die Zehntklässler vernichtend. (lacht) Das Maximum war letztlich die Oberliga im Männerbereich, damals war ich bereits Bürgermeister. Ganz besonders war übrigens mein Karriereende. Zur Einweihung einer Sporthalle in Aschersleben kamen die Olympiasieger von 1980 zu einem Spiel vorbei. Mit dieser Partie habe ich meine Laufbahn beendet. Das war schon toll für mich.

SPOX: Auf welcher Position waren Sie zu Hause?

Michelmann: Ich war ungefähr die Hälfte meiner Laufbahn Torwart und die andere Hälfte Kreis Mitte und Abwehr Mitte. Ich habe also gelernt einzustecken und auszuteilen. Auch das hilft mir jetzt. (lacht)

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