"Das kann natürlich Hass sein"

Ljubomir Vranjes führte Flensburg 2014 zum Champions-League-Titel
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SPOX: Kein Team wurde in der bisherigen Saison so sehr vom Verletzungspech verfolgt wie Flensburg. Haben Sie so etwas in der Form schon mal erlebt?

Vranjes: Nein, das habe ich definitiv noch nicht erlebt. Ich habe mich in der letzten Zeit oft selber gekniffen und gefragt, ob das wirklich wahr sein kann. Das ist beziehungsweise war eine unglaubliche Situation, die in meinen Augen nicht normal ist.

SPOX: Bei der Niederlage bei den Löwen standen Sie in der zweiten Hälfte in kurzer Hose und mit dem Trikot unter dem Hemd an der Seitenlinie. Ganz ehrlich: Wie kurz waren Sie wirklich davor, nochmal selbst mitzumischen?

Vranjes: Das war ein ganz großes Risiko, ja. Und ich war tatsächlich ganz kurz davor, selber noch mal aktiv in das Spiel eingreifen zu wollen beziehungsweise zu müssen. Glauben Sie mir: Es war wirklich sehr knapp.

SPOX: Die SG hat es in Sachen Verletzungen außergewöhnlich hart getroffen. Dennoch: Sind viele der Verletzungen bei den HBL-Teams insgesamt auf das zu straffe Programm im Handball-Kalender zurückzuführen?

Vranjes: Bei Vereinen, die mit einem dünneren Kader auf Top-Niveau ausgestattet sind, verteilt sich die sehr hohe Belastung häufig auf zu wenige Schultern. Somit ist die Belastung für einen einzelnen Spieler oft zu hoch. Zu den Spielen in der Bundesliga kommen dann ja auch noch die europäischen Wettbewerbe und die Auftritte mit der Nationalmannschaft. Und auch in diesen Mannschaften spielen diese Schlüsselspieler ja meistens eine tragende Rolle. Wenn man dann am Ende der Saison bei den Topteams zwischen 80 und 90 Spiele im Körper hat, dann ist das sicherlich nicht förderlich für die Gesundheit.

SPOX: Haben Sie eine konkrete Idee, wie man den Terminkalender entzerren könnte?

Vranjes: Die nationalen Ligen oder Vereine können das in meinen Augen auf nationaler Ebene nicht allein schaffen. Ich denke, es müsste eine Lösung gemeinsam mit der EHF und der IHF gefunden werden. Beispielsweise kann man sich fragen, ob denn wirklich jedes Jahr eine WM oder eine EM ausgetragen werden muss?

SPOX: Inwiefern macht eine Veranstaltung wie der Super Globe in diesem Zusammenhang zu Saisonbeginn in Katar überhaupt Sinn? Klar: Es gibt dort viel Geld zu verdienen. Aber es war für Flensburg ein klarer Nachteil gegenüber den anderen deutschen Topteams, dort hin zu "müssen".

Vranjes: Sportlich gesehen ist eine Teilnahme am Super Globe sicherlich ein Nachteil im reinen Wettbewerb, ja. Man hat einfach fünf Spiele in der Hinrunde mehr als alle anderen. Wir hatten Ende Dezember 2014 35 Pflichtspiele nur in der Hinrunde absolviert. Es gibt wohl kaum eine Mannschaft, die uns in diesem Punkt übertrifft.

SPOX: So langsam lichtet sich das Lazarett. Mogensen, Svan und Kaufmann sind zurück. Wie groß ist die Erleichterung darüber? Und: Wiegt der Ausfall von Glandorf trotzdem so schwer, dass die ganz großen Ziele in dieser Saison einfach nicht zu erreichen sind?

Vranjes: Natürlich bin ich sehr froh, dass die Jungs wieder zurück sind. Auch Jim Gottfridsson trainiert nun seit seiner Verletzung im September endlich wieder mit. Das stimmt mich alles schon wieder etwas positiver. Der Ausfall von Holger Glandorf hat mich und unsere Mannschaft aber tief getroffen. Er ist nicht nur als Spieler, sondern auch als Anführer auf dem Feld nicht zu ersetzen! Unsere Saisonziele haben sich durch seinen und auch den Ausfall der anderen sicherlich verändert, jedoch werden wir immer an unserer Spielphilosophie festhalten. Wir spielen immer auf Sieg.

SPOX: Geht es in der HBL für Flensburg jetzt einfach darum, irgendwie vor Magdeburg ins Ziel einzulaufen?

Vranjes: Ja, genauso ist es. Wir möchten den dritten Platz holen, um auch in der kommenden Saison die Möglichkeit zu haben, eventuell Champions League zu spielen. Das ist wichtig für die Entwicklung unserer jungen Spieler. Kiel und die Löwen sind uns punktemäßig ein wenig davon gerannt. Ich rechne uns aber gute Chancen aus, die Saison auf Rang drei zu beenden. Es ist immerhin "nur" ein Zweikampf zwischen Magdeburg und uns.

SPOX: Mit der nötigen Mentalität könnte es klappen. Von Ihnen stammt der Satz: "Mein Temperament ist serbisch, aber ich denke ganz viel schwedisch." Wie äußert sich das und welche deutsche Elemente sind über die Jahre dazugekommen?

Vranjes: Ich würde zu allererst sagen, dass diese drei Kulturen und Mentalitäten in meinen Augen grundsätzlich sehr gut zusammenpassen, weil sie sich sehr gut ergänzen. Rein auf meine Arbeit beim Handball bezogen, benötige ich als Schwede beispielsweise Harmonie für meine Arbeit. Und ich habe sicherlich die typisch deutschen Eigenschaften wie Pünktlichkeit, Struktur und Disziplin mit in meine Arbeit als Trainer aufgenommen.

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