SPOX: Aufgrund der verpatzten WM 2011 hat es auch nicht mehr mit einem Abschluss Ihrer DHB-Karriere bei Olympia 2012 geklappt, wie enttäuschend war für Sie die letzte DHB-Zeit?
Hens: Schon sehr enttäuschend. Ich bin als Kapitän der Truppe zur WM angereist und hatte eine gute Vorbereitung absolviert. Dann habe ich im ersten Spiel drei Bälle verballert und war quasi raus. Da habe ich leider auch keine Rückendeckung mehr gespürt, das war schade. Dass danach Schluss sein würde in der Nationalmannschaft, war für mich klar. Nach vielen Verletzungen hatte mir mein Körper das Zeichen gegeben, dass es an der Zeit ist, ein bisschen kürzer zu treten und dafür noch ein, zwei Jahre länger im Verein spielen zu können. Die freien Wochen im Januar, wenn man den Körper komplett runterfahren kann, tun extrem gut.
SPOX: Wenn man bösartig ist, könnte man sagen: Die deutschen Nationalspieler haben ja eh mittlerweile oft frei, wenn große Turniere anstehen. Außer sie bekommen eine Wildcard geschenkt. Wie sehen Sie die Negativ-Entwicklung des DHB-Teams?
Hens: Wir dürfen nicht alles so schwarz sehen, bei der WM in Spanien hat das Team zum Beispiel ja durchaus angedeutet, was es zu leisten imstande ist. Natürlich waren die verpassten Qualifikationen bitter, aber wir müssen einfach sehen, dass wir viele junge Spieler haben, die noch nach ihrer Konstanz suchen. Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden. Es kommen gute Jungs nach, das zeigt auch wieder der Erfolg der Junioren bei der EM. Ich habe ein gutes Gefühl, dass in den nächsten Jahren wieder mehr Erfolge kommen werden, ein Umbruch dauert einfach seine Zeit. Nehmen wir die Schweden: Die waren jahrelang unantastbar und sind dann völlig verschwunden, warum soll in Deutschland ein Umbruch schneller gehen? Jetzt gibt es mit Dagur Sigurdsson einen neuen Bundestrainer, der neue Impulse setzen wird und der in Berlin bewiesen hat, mit jungen Spielern sehr gut arbeiten zu können. Wir sollten ihm jetzt alle Vertrauen schenken und ihm die nötige Zeit geben, die er braucht.
SPOX: Vermissen Sie nicht auch ein bisschen die Typen, wie es Sie oder ein Stefan Kretzschmar waren?
Hens: Der Punkt ist: Entweder bist du ein Typ oder nicht. Man kann nicht sagen, wir brauchen jetzt Typen und versuchen aus Jungs, bei denen es nicht dem Naturell entspricht, irgendwas zu machen, was sie nicht sind. Wir haben durchaus ganz eigene Typen, wenn ich an Silvio Heinevetter denke. Klar, es gibt keinen Paradiesvogel wie Kretzsche mit 700 Tattoos, aber wie gesagt, das kann man nicht erzwingen. Wichtig ist, dass die Jungs gut Handball spielen. Wenn sie das machen, werden sie auch plötzlich als Typen wahrgenommen, das hat man jetzt auch beim WM-Titel der Fußballer gesehen.
SPOX: Kommen wir zum HSV, elf Jahre sind Sie jetzt schon in Hamburg. Elf Jahre, in denen Sie eine Menge erlebt haben, positiv und negativ.
Hens: Das stimmt, es ist viel passiert. Als ich damals nach Hamburg kam, waren die Gille-Brüder schon da, Toto Jansen auch, wir wollten zusammen etwas aufbauen und hatten alle Bock auf dieses geile Projekt. Es lief aber auch immer wieder holprig, 2005 wäre es ja fast schon einmal vorbei gewesen. Zum Glück haben wir es geschafft, das Projekt am Leben zu halten und konnten so große Erfolge feiern, nachdem wir lange darauf hingearbeitet hatten. Der Europapokal-Triumph 2007, die DHB-Pokal-Siege 2006 und 2010, dann endlich die erste ersehnte Meisterschaft 2011 und dann auch noch der Champions-League-Titel 2013, mit dem kaum jemand gerechnet hatte. Wir hatten ordentlich Grund zu feiern und haben das auch genossen. Ich habe die Entscheidung, nach Hamburg zu gehen, nie bereut.
SPOX: Allerdings hat der HSV bekanntermaßen jetzt wieder eine extrem turbulente Phase durchgemacht bzw. steckt noch in ihr drin - wie sehr hat Sie das alles mitgenommen?
Hens: Es ist mir alles sehr an die Nieren gegangen. Es war ein sehr schwieriger Sommer, die Ungewissheit, wie und ob es weitergeht, hat mich sehr belastet. Ich habe im Urlaub auch ununterbrochen telefoniert, weil ich schauen wollte, was ich vielleicht machen kann, um zu helfen. Am Ende haben wir es irgendwie geschafft, dass es weitergeht. Der Verein wurde erstmal gerettet, aber vom Tisch ist die ganze Sache deshalb noch nicht. Es kann nur ein erster Schritt gewesen sein. Ich weiß auch, dass viele die Situation kritisch und skeptisch sehen, die Handball-Welt vielleicht sogar ein bisschen böse auf den HSV ist, aber wir als Mannschaft können ja nichts dazu. Wir können jetzt nur versuchen, uns wieder ein Standing zu erarbeiten und die überragenden Handball-Fans, die es in Hamburg gibt, an Bord zu holen. Die ganze Stadt muss hinter dem Verein stehen, sonst werden wir es nicht schaffen. Zumal wir jetzt in der Saison sehen, was vorher schon klar war. Wir haben aktuell kein Team mehr für ganz oben, wir müssen erstmal kleinere Brötchen backen.
SPOX: Wie lange steht Pascal Hens denn überhaupt noch auf der Platte?
Hens: Schauen wir mal, ich bin jetzt 34 Jahre alt und habe noch ein Jahr Vertrag. Momentan läuft es gesundheitlich gut, abgesehen von den Wehwehchen, die eben im Alter so kommen. (lacht) Ich weiß es aktuell wirklich noch nicht, wie lange ich noch mache, solange ich der Mannschaft aber noch helfen kann, würde ich gerne weitermachen. Ich habe auch noch keinen Plan, was danach kommt. Trainer ist nicht so meine Sache, aber dass ich dem Handball und insbesondere dem HSV gerne irgendwie verbunden bleiben würde, ist klar.
SPOX: Letzte Frage: Sie haben es vorhin schon erwähnt, dass Sie ein Mega-NBA-Fan sind. Ist Michael Jordan für Sie immer noch Ihr großes Sport-Idol?
Hens: Michael Jordan wird für mich immer die Nummer eins bleiben. Auch wenn ich sagen muss, dass es schon überragend ist, was LeBron James in den letzten Jahren geleistet hat und Dirk Nowitzki ist für mich auch nach wie vor einer der ganz Großen. Ich finde es stark, dass er jetzt auf ein wenig Geld verzichtet hat, damit die Mavs sich wieder ein besseres Team zusammenstellen konnten. Wie gut Dallas dann wirklich sein wird, muss man sehen, der Titel geht ja jetzt eh nur noch über Cleveland. (lacht) Es ist schon faszinierend, wie sich LeBron da jetzt wieder sein Team zusammengestellt hat. Irgendwann möchte ich mir nochmal NBA-Playoffs, am besten die Finals, live anschauen. Bis jetzt war das vom Zeitpunkt her immer schwierig, zumal der Familienurlaub jetzt auch nicht immer nach Amerika geht. Aber das wäre auf jeden Fall noch ein Traum von mir.
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