Der Präsident des deutschen Handball-Meisters HSV Hamburg ist zwar in Österreich im Urlaub, hatte am Tag nach der Entlassung von Trainer Per Carlen dennoch viele Telefonate zu führen.
Konkret sagen wollte er jedoch nichts. Nichts zu einem möglichen Nachfolger, nichts zu den Gründen des Rauswurfes, nichts zu dem Entscheidungsprozess: "Wir haben beschlossen, uns im Sinne des HSV vom Trainer zu trennen."
Titelverteidigung in weiter Ferne
Einige Fakten liegen jedoch auf dem Tisch: Eine erfolgreiche Titelverteidigung ist bei acht Punkten Rückstand auf den THW Kiel in ganz weite Ferne gerückt. Platz drei und damit die direkte Qualifikation zur Champions League ist gefährdet, der Tabellenvierte Flensburg ist mit 28:8 Zählern punktgleich, Berlin ist auf Platz zwei drei Punkte besser.
Die Leistungen der Mannschaft waren durchgängig enttäuschend, die Chemie zwischen Coach und Spielern stimmte schon lange nicht mehr. "Selbstverständlich wurden die Spieler gehört", sagte Schwalb der Nachrichtenagentur dapd: "Sie sind wichtige Arbeitnehmer."
Interimscoach nicht unwahrscheinlich
Erst am 8. Februar startet mit dem richtungweisenden Spiel gegen Berlin die Bundesliga-Rückrunde. Eine Interimslösung mit Schwalb oder Co-Trainer Jens Häusler ist keinesfalls ausgeschlossen. "Der neue Coach muss nicht am 8. Februar auf der Bank sitzen", erklärte Schwalb: "Eher im Gegenteil. Häusler ist ein Mann, der das kann."
Auf Dauer aber soll es wohl ein etablierter Trainer richten. "Noka" Serdarusic, Markus Baur oder Mister X. Ende Januar wird in Kiel das Urteil im Bestechungsprozess gegen den ehemaligen THW-Manager Uwe Schwenker und Meistertrainer Zvonimir Serdarusic gefällt, wahrscheinlich ein Freispruch.
Kontakte zwischen Serdarusic und dem HSV hat es bereits gegeben. Der 61-Jährige lebt in Norddeutschland, er will unbedingt wieder arbeiten, ist aber nach Knieoperationen gesundheitlich angeschlagen.
Abfindungsverhandlungen mit Carlen
Auch Markus Baur ist im Sommer "auf dem Markt". Der Ex-Nationalspieler wird seinen auslaufenden Vertrag beim TuS N-Lübbecke nicht verlängern. Er gilt als enger Freund von Schwalb. Seinen Entschluss begründete der 40-Jährige allerdings mit privaten Gründen: "Ich bin auch meiner Familie verpflichtet, die seit langer Zeit aufgrund der räumlichen Trennung viel zu kurz kommt." Die Familie lebt in Süddeutschland, ein Job in Hamburg ist vor diesem Hintergrund schwer vorstellbar.
Mäzen Andreas Rudolph hatte sich nach dem Titelgewinn 2011 offiziell vom obersten Vereinsamt zurückgezogen und für Meistertrainer Schwalb den Präsidentensessel geräumt. Carlen sollte einen Umbruch und Neuaufbau bei maximalem Erfolg einleiten.
Dieser Plan ist gescheitert. Jetzt laufen stattdessen die Abfindungsverhandlungen mit dem Schweden, dessen Vertrag noch bis Mitte 2013 datiert ist. "Vielleicht kommen wir ja noch zu einer einvernehmlichen Lösung", sagte Schwalb.
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